Wer Liebe verspricht
und gestärkten Hemden, die steif beisammenstanden und schrecklich unbeholfen und befangen wirkten.
»Du sprichst doch nicht aus persönlicher Erfahrung, oder …?«
Mrs.Pennyworthy kicherte und stieß ihre Nachbarin mit dem Ellbogen an. »Wenn doch, dann mußt du es mir erzählen – ich habe gehört, ein kleines Abenteuer auf die hiesige Art kann sehr, nun ja, pikant sein!«
Mollie Bassett lachte schrill: »Ooh, Betty! Doch nicht vor Arabelle und unserer unschuldigen Olivia – ganz zu schweigen von«, sie wurde ganz leise, »Bridget!« Sie lachte anzüglich.
»Meinetwegen müßt ihr euch keine Sorgen machen«, sagte Arabella trocken und rümpfte die Nase. Sie war unverheiratet, und hinter ihrem knochigen, kantigen Rücken nannte man sie allgemein ›die alte Jungfer‹. »Ich habe in Middlesborough Biologie unterrichtet – es gibt wenig über Körperfunktionen, was ich nicht weiß. Aber ihr macht der kleinen Olivia Angst.«
»Oh, keineswegs, Miss Winter«, versicherte ihr Olivia schnell und ebenso trocken. »Ob Sie es glauben oder nicht, wir Amerikaner haben ebenfalls unsere Körperfunktionen.«
Der Kreis brach in schallendes Gelächter aus. Man hörte nur ein einziges, schockiertes: »Aber, aber!«, obwohl die Damen ganz unter sich waren. Plötzlich kam Estelle eilig herbeigelaufen und zog Olivia mit sich hinter einen Baum. »Da ist etwas, das ich sofort wissen muß«, erklärte sie sehr aufgeregt. »Es ist wegen John. Er hat mich hinter den Ställen geküßt … Und dabei hat er mir seine Zunge in den Mund geschoben. Ist das … normal?«
»Nein. Wenn es normal wäre, hätte er dich auf den Mund, geküßt, nicht hinter den Ställen«, erwiderte Olivia grinsend.
In diesem Augenblick erschien Sir Joshua und faßte Olivia am Arm.
»Hast du einen Augenblick Zeit, Liebes? Ich möchte dich unbedingt jemandem vorstellen, und du mußt besonders reizend zu ihm sein.«
Auf seiner Stirn standen winzige Schweißperlen, und auch er wirkte aufgeregt. Aber Olivia freute sich, von der langweiligen Pflicht, belanglos zu plaudern, befreit zu sein. Die Aussicht auf ein interessantes Gespräch machte sie neugierig. Sir Joshua führte sie mit großen federnden Schritten über den Rasen. Sie gingen zu einer abgelegenen Ecke des Gartens, wo, vor den Blicken der anderen Gäste geschützt, eine Sitzmöglichkeit mit Blick über den Fluß improvisiert worden war. Beim Näherkommen wich die Gruppe von Männern beiseite und gab den Blick auf eine sitzende Gestalt frei. Der Mann erhob sich, machte einen Schritt auf sie zu, und Sir Joshua sagte:
»Hoheit, darf ich Euch meine Nichte vorstellen, Miss Olivia O’Rourke. Sie ist erst vor kurzem aus einem Land zu uns gekommen, das Eure Hoheit, wie ich weiß, sehr bewundern: die Vereinigten Staaten von Amerika. Olivia, das ist Seine Hoheit der Maharadscha von Kirtinagar. Er gehört zu den fürstlichen Persönlichkeiten, die bei meinen Landsleuten in hohem Ansehen stehen.«
Im ersten Augenblick war Olivia sprachlos. Der Name des Maharadschas stand nicht auf ihrer Gästeliste, und ihre Tante hatte ihn auch nicht erwähnt. Sie hatte noch nie einen Fürsten gesehen, erst recht keinen indischen, und sie fand keine Worte. In ihrer Verwirrung machte sie hastig einen tiefen Knicks und hoffte, das Richtige getan zu haben. Der Maharadscha faltete seine Hände zur traditionellen indischen Begrüßung, verneigte sich verbindlich und lächelte. »Ich bin entzückt, Ihre Bekanntschaft zu machen, Miss O’Rourke. Ja, es stimmt, ich bewundere Ihr Land. Es scheint mir eine Nation zu sein, in der die erste Forderung an die Menschen Mut ist und die zweite die Bereitschaft zu harter Arbeit. Habe ich recht?« Er sprach mit einem eigenartigen Akzent, aber flüssig.
Olivia holte tief Luft. »Hoheit, wenn wir Mut zu haben scheinen, dann dank Gottes Gnade. Ja, wir müssen alle hart arbeiten. Das Leben in meinem Land ist immer noch sehr anstrengend und oft gefährlich.«
Er nickte zustimmend. »Trotzdem, Gottes Gnade ist oft auch nur eine Umschreibung für schwere körperliche Arbeit, nicht wahr?«
»Ja, so könnte man vermutlich sagen!« Sie lächelten beide, und Olivias Scheu schwand. Trotz der ehrfurchteinflößenden Zeichen seiner Würde und seiner förmlichen Haltung schien er sehr freundlich zu sein. »Auf unsere bescheidene Weise müssen wir alle an dem Vorgang mitwirken, eine Nation zu werden.«
»Ah, Nationen …« Mit einer schnellen Handbewegung wischte er ein zweifellos imaginäres
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