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Wer Liebe verspricht

Wer Liebe verspricht

Titel: Wer Liebe verspricht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Ryman
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Stäubchen von seiner prächtigen rotgoldenen Brokatjacke, die ihm bis zu den Knien reichte. »Diese Vorgänge sind vielschichtig, Miss O’Rourke. Aber sie geben auch Kraft. Nach allem, was ich über Ihr Land erfahren habe, bin ich sicher, daß Sie mit der Zeit Ihre hohen Ziele erreichen werden.« Er rückte die goldene Schärpe um seinen Leib zurecht, an der in einer juwelengeschmückten Scheide ein Schwert hing. »Wie wir vielleicht eines Tages auch.«
    Olivia überlegte, ob die letzten Worte einen politischen Doppelsinn besaßen und für seinen kolonialen Gastgeber bestimmt waren, der dem Gespräch aufmerksam zuhörte. Rasch beendete sie die entstehende Pause und fragte: »Kennen Eure Hoheit Amerika?«
    »Bedauerlicherweise nein. Ich hatte noch nicht das Glück, Ihr Land zu besuchen. Aber ich lerne hier viele amerikanische Besucher kennen wie Sie, und ich genieße es, Ihre Zeitungen zu lesen, selbst wenn sie mehrere Monate alt sind.«
    »Und natürlich«, Sir Joshua ergriff zum ersten Mal das Wort, »beschäftigen Eure Hoheit amerikanische Ingenieure im Bergwerk.«
    Es entstand eine auffällig lange Pause. »Ja. Aber sie werden nicht mehr lange hier sein. Unsere eigenen Männer sind inzwischen ausgebildet und kompetent genug, um in Kürze die Führung selbst zu übernehmen.« Er trank genießerisch einen Schluck Whisky. »Ein ausgezeichneter Malt, Sir Joshua, mein Kompliment. Aber ich sehe, daß ich als einziger trinke.«
    Auf ein Fingerschnalzen von Sir Joshua kam eilig ein Diener herbei und reichte ihm einen Whisky und Olivia ein kühles Sorbet. Sir Joshua hob das Glas. »Auf Euer Wohl, Hoheit, und darauf, daß Euer Bergwerk weiterhin erfolgreich ist.« Der Maharadscha nahm den Toast mit einem gnädigen Kopfnicken entgegen. Durch die kleine Bewegung traf das Licht eines Lampions die edelsteinbesetzte Rubinnadel an seinem ockergelben Turban, und das plötzliche Funkeln blendete Olivia, so daß sie die Augen schließen mußte. »Wie ich höre, hält man Kirtinagar bereits jetzt für potentiell ertragreicher als Raniganj.« Sir Joshuas Worte klangen beiläufig, aber auf seiner Stirn standen noch mehr Schweißperlen.
    »Ja. Die Schürfungen und die Vorhersagen sind ermutigend.«
    Wenn Sir Joshua überhaupt merkte, daß sein fürstlicher Gast zögerte, über dieses Thema zu sprechen, dann ignorierte er es. Er stellte ihm weitere Fragen, die der Maharadscha alle bereitwillig, allerdings unverbindlich beantwortete. Olivia hörte interessiert und schweigend zu; dabei hatte sie den Eindruck, als seien die dunklen orientalischen Augen äußerst wachsam, und als verleihe die schlanke, eher zierliche Gestalt ihm eine täuschende Sanftheit. Hinter der perfekten Höflichkeit verbarg sich das Wesen eines Menschen, dem die Macht in die Wiege gelegt worden war – ein Ergebnis generationenlanger strenger Erziehung, die einen strikten Kodex von Moral, Ehre und Ritterlichkeit weitergegeben hatte. Die Zwanglosigkeit, mit der die Finger des Maharadschas auf dem juwelengeschmückten Griff seines Schwertes ruhten, verriet einen Mann, der es als seine natürliche Bestimmung empfand, über andere zu herrschen.
    »Der erste Inder, der ein Kohlebergwerk besitzt und betreibt, ist von größtem Interesse für die Handelswelt, Hoheit«, sagte Sir Joshua.
    »Ich bin sicher, Hoheit wissen das bereits, denn Hoheit stehen im Ruf, einen hervorragenden Geschäftssinn zu haben. Das Unternehmen verrät Eure große Weitsicht, Hoheit, besonders da es zu unserer aller Nutzen sein kann.«
    Olivias Interesse an dem Gespräch erwachte. Das war also der einheimische Fürst, der seine eigene Großmutter verkaufen würde, wenn man ihm genug Gefälligkeiten erwies und der Preis stimmte! Während sie Arvind Singh beobachtete, kamen Olivia leise Zweifel an dieser Aussage ihres Onkels. Der Maharadscha hörte mit schmeichelhafter Konzentration zu; aber obwohl meist Sir Joshua redete, schien er auf eine erstaunlich subtile Weise das Gespräch zu lenken.
    »Wann beabsichtigen Hoheit, die Kohle auf den freien Markt in Kalkutta zu bringen?« fragte Sir Joshua mit einem Anflug von Ungeduld, als der Maharadscha weiterhin nur höflich auf seine Komplimente reagierte.
    »Das ist schwer zu sagen, Sir Joshua. Sehen Sie, ich bin noch nicht sicher, daß sie dem freien Markt überhaupt einmal zur Verfügung stehen wird. Ich bin bemüht, Industrien in Kirtinagar anzusiedeln, und bei den heimischen Bedürfnissen wird es möglicherweise keine Überschüsse geben.« Die

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