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Wer Liebe verspricht

Wer Liebe verspricht

Titel: Wer Liebe verspricht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Ryman
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ich, nur ich. «
    Mein Sohn. Sie ließ mit der Betonung keinen Zweifel offen.
    Er zuckte zusammen und hob ergeben die Hände. »Ich kann mich nur schlecht ausdrücken. Das weißt du. Ich kann das, was ich eigentlich meine, nicht mit den richtigen Worten sagen. Ich weiß in meinem Innersten, daß ich mich in einer Lage befinde, die mich überwältigt hat. Ich weiß nicht, wie ich mich verständlich machen soll.«
    Die ungewohnte Verwirrung machte ihn verletzlich wie ein Kind, das sich verirrt hat. Aber Olivia wurde nicht schwach. »Du mußt dir wegen dieser Lage keine Gedanken machen. Wenn du das in deinem Innersten fühlst, dann weißt du auch, daß sie nichts mit dir zu tun hat. Ich komme allein zurecht.«
    Die Erinnerung daran, daß sie von Anfang an allein hatte zurechtkommen müssen, traf ihn wie ein Keulenschlag, obwohl Olivia das nicht beabsichtigt hatte. Er zuckte zusammen. Aufstöhnend schlug er die Hände vors Gesicht. »Ja, ich weiß, du wirst gut allein zurechtkommen. Aber ich? Wie wird es mir ergehen? Ich will nicht dir helfen, Olivia, ich kann es auch nicht, sondern mir. Verstehst du das? Wie immer bin ich egoistisch, gemein und eitel und ohne all die guten Manieren, die ich dir einmal so stolz vorgespielt habe. Du mußt mich ertragen, Olivia. Nur noch einmal, um …« Er brach ab und sah sie an. »Wie heißt der … Junge? Die Aja nannte ihn immer nur ›Baba‹.«
    Ja, Kinjal hatte recht. Es gab Zeiten, in denen war er der Fels und sie die Flut, die ihn unermüdlich umspülte. Jetzt waren die Rollen wie ihre Aufgaben vertauscht. Sie hatte überlebt. Sie hatte verborgene Substanz in Kraft verwandelt. Er war schwach, hilflos und hatte die Orientierung verloren. Sie hatte sich in ihren Schlußfolgerungen geirrt! Auch ihm war nichts erspart geblieben. Vielleicht war auch er ein Opfer wie sie alle. Ja, das war er, denn er kannte nicht einmal den Namen seines Sohnes. Schmerz erfaßte sie. Und irgendwo inmitten des Schmerzes empfand sie Trauer über das, was hätte sein können und nicht war.
    »Er heißt Amos.«
    »Amos.« Er nahm das Wort in den Mund, kostete es mit der Zungenspitze, wie um eine flüchtige Süße zu schmecken. »Amos. Ja, er wird viele Lasten tragen. Der Name ist richtig und angemessen. Aber du hattest schon immer ein unfehlbares Gespür für Richtigkeit, Olivia. Auch auf diesem Gebiet bin ich dir weit unterlegen.«
    »Es gibt keine Schuld mehr zu begleichen, Jai!« Seine Demut alarmierte sie. Die inneren Drachen, die sich dadurch befreien konnten, machten ihr Angst. »Die Vergangenheit ist tot. Siehst du das nicht?«
    »Für mich kann es nur die Vergangenheit geben. Ich lebe jetzt ohne Zukunft.« Seine Verzweiflung brach aus ihm heraus. Er sprang auf. »Nach einem Blick in das Gesicht meines Sohnes habe ich dein Leben wie auf einem großen Bild vor mir gesehen. Ein Geschäft mit dem Körper für das Privileg eines Namens, eine Lüge, die Tag um Tag erneuert werden mußte aus Angst vor der Entlarvung, ein Verrat, den du nie verstehen konntest, der dir nie erklärt wurde …«
    »Hör auf!« Blind vor Panik, aber nicht vor seinen, sondern vor ihren eigenen Dämonen, sprang auch Olivia auf. »Ich verbiete dir …«
    »Und dann opferst du einen zweiten Sohn.« Er hörte nichts und betäubte seine Schuld mit einem Schrei: »Warum? Gehörte das auch zu diesem Geschäft? Sühne für das Verbrechen eines erflehten und geliehenen Namens?« Er verkrallte die zuckenden Finger in seinen Haaren und riß daran in einer Wut, der er nicht mehr Herr werden konnte. »Und ich habe, geblendet von meiner Überheblichkeit, von dir verlangt, durchzuhalten, auf Grund eines jämmerlichen Briefes, der dich nicht einmal erreicht hat. O mein Gott …« Der Ausbruch erreichte seinen Höhepunkt, legte sich langsam und erstarb. »Und ich habe dich eine Hure genannt, eine Hure !« Von Entsetzen geschüttelt, flüsterte er nur noch.
    »Nicht, bitte, nicht!« rief Olivia. Sie konnte seine wilden Selbstvorwürfe nicht mehr ertragen und kämpfte benommen gegen ihre immer heftiger werdenden Gefühle. »Bitte, sag nichts mehr, Jai. Ich bitte dich.«
    Aber er war nicht mehr zurückzuhalten. »Warum bist du nicht davongelaufen, Olivia, geflohen, hast dich versteckt, irgendwo verborgen?« In ohnmächtiger Wut schlug er mit der Faust auf einen Stein, ohne auf den Schmerz zu achten. »Warum hast du mir nicht vertraut? Warum nicht …?«
    Zorn flammte in ihr auf und half ihr gegen die Angst. »Warum?« Sie sah ihn ungläubig

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