Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer Liebe verspricht

Wer Liebe verspricht

Titel: Wer Liebe verspricht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Ryman
Vom Netzwerk:
bekommen.« In seiner Stimme lag eine schneidende, stählerne Härte. »Und außer Ihrem Onkel weiß das jeder.«
    Im Geist hörte Olivia die Bemerkung, die ihre Tante vor nicht allzu vielen Stunden gemacht hatte. Seltsam, daß sie diesen Gedanken mit einem Mann teilte, bei dessen bloßer Erwähnung sie bereits in Ohnmacht gefallen war! »Heißt das, Sie wollen Ihre Freundschaft mit dem Maharadscha dazu benutzen, den Handel zu verhindern? Weil Sie die Kohle ausschließlich für Ihr Dampfschiff haben möchten?«
    »Ah, diesmal sind Sie besser über mich informiert!« Diese Tatsache schien ihn offenkundig zu befriedigen. »Sind das Sir Joshuas Worte?«
    »Wohl kaum!« erwiderte Olivia. »Man braucht nicht gerade ein kompliziertes Spionagenetz oder geheime Informationen, um etwas zu erfahren, das die ganze Geschäftswelt in Aufregung versetzt.« Sie hatte keine Lust, diesen Streitpunkt zu vertiefen. Olivia gestand sich ein, daß sie an Raventhorne weder seine geschäftliche noch seine persönliche Moral faszinierte, sondern der grundsätzliche innere Widerspruch, der aus ihm sprach. Sie hatte noch nie jemanden getroffen, der so widersinnig, so boshaft, so gleichgültig gegen die Meinung anderer war. Sie wollte ihm hundert, tausend Fragen stellen. Aber gerade in diesem Augenblick kam ein Diener in den Salon, stellte eine Fingerschale mit warmem Wasser und einer Limonenscheibe vor sie hin und begann, den Tisch abzuräumen. Die Gelegenheit war vorüber, und ihr fiel nur die Feststellung ein: »Sie haben ja gar nicht mit mir gefrühstückt.«
    »Ich habe bereits gegessen. Ich stehe früh auf, damit ich ungestört ausreiten kann. Wie es aussieht, teilen wir diese Gewohnheit«, er machte eine winzige Pause, »unter anderen Dingen.«
    Olivia bekam bei dieser kurzen, aber durch die unausgesprochenen Worte bedeutungsvollen Pause einen merkwürdig trockenen Mund.
    »Unter … welchen Dingen?«
    Er antwortete nicht sofort. Er zog die Brauen zusammen, was auf Verwirrung hinwies, und blickte an ihr vorbei aus dem Fenster. »Sagen wir exzessive gegenseitige Neugier und der … Fluch, sich von der Herde zu unterscheiden.« Er sprang auf und streckte ihr die Hand entgegen. »Kommen Sie, wir müssen gehen, sonst verpaßt mein Schiff die Flut, und ich habe meinen Konkurrenten Gelegenheit gegeben, sich zu freuen. Es ist von einem Jutefabrikanten gechartert, der verlangt, daß das Schiff in einer bestimmten Zeit Dundee erreicht. Sonst macht er den Vertrag rückgängig.«
    Auch Olivia stand auf, löste aber schnell ihre Hand aus seiner. Selbst dieser bedeutungslose körperliche Kontakt ließ ihren Puls auf eine merkwürdige, ihr unbekannte Weise schneller schlagen. Sie bückte sich und machte sich an den Reitstiefeln zu schaffen. »Vielen Dank für das Frühstück. Es hat mir sehr gut geschmeckt.«
    Er zog belustigt eine Augenbraue hoch. »Vielleicht hätte es ihnen noch mehr geschmeckt, wenn Ihre Gedanken nicht woanders gewesen wären!«
    Bereits nach so kurzer Bekanntschaft – wenn man es überhaupt so bezeichnen konnte – hatte er gelernt, ihre flüchtigen Gedanken mit einer Genauigkeit zu erraten, die Olivia als bedrohlich empfand.
    »Meine Gedanken waren ebensosehr hier, wie ich es war«, erwiderte sie scharf. »Ich habe jeden Bissen geschmeckt und genossen. Sie müssen … Sujata in meinem Namen danken.«
    »Sie erwartet keinen Dank. Es ist ihr ein Vergnügen.« Er drehte sich ungeduldig um und verließ mit großen Schritten den Raum.
    Olivia folgte ihm langsam. Durch einen der vielen schönen Mauerbögen, die sich über die ganze Länge der Veranda zogen, sah sie ihm zu, wie er nach den Pferden rief. Wie alt war er? Fünfunddreißig? Fünfundvierzig? Hundertfünf? Es ließ sich unmöglich sagen. Sein geschmeidiger, gesunder, von Energie überfließender Körper wies auf einen Mann in der Blüte der Jugend und im Vollbesitz seiner Kräfte hin. Aber Olivia hatte flüchtig etwas gesehen, das in seinen Augen oder dahinter lag. Dunkle schwere Schatten verbargen eine Weltmüdigkeit, die den seltsamen Eindruck von Zeitlosigkeit machte, als sei er sehr viel älter, als das seinen Jahren entsprach. Auch dies war einer der vielen Widersprüche an Jai Raventhorne, an denen sie sich stieß, und die sie so reizten.
    Im Hof wartete neben Olivias Stute ein sehr großer, pechschwarzer Rappe mit feurigen roten Augen und heftig peitschendem Schweif. Als Olivia vorsichtig näherkam, schnaubte er und blähte die Nüstern. Als gute Pferdekennerin

Weitere Kostenlose Bücher