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Wer liebt mich und wenn nicht warum

Wer liebt mich und wenn nicht warum

Titel: Wer liebt mich und wenn nicht warum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Andeck
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Bienen nicht mit Rauch betäuben? Vielleicht ging das ja auch bei Hornissen. Aber wie sollte ich denn jetzt so schnell am Fenster ein Feuer anzünden? Und würde ich damit nicht das ganze Haus in Flammen setzen?
    Und dann stolperte mein Herz und setzte ein paar Schläge lang komplett aus. Ich sah zwei tastende Fühler – auf dem weißen Fensterrahmen im Innern der Küche. Ein schwarzer Kopf mit riesigen Augen folgte. Sie starrten mich an. Ein schwarz-gelber Insektenleib zwängte sich durch einen Spalt zwischen Fenster und Wand. Eine Hornisse! Bei mir in der Küche. Und bei einer blieb es nicht. Wie gelähmt beobachtete ich, wie eine zweite der ersten folgte. Und noch eine.

    NOCH GANZ VIELE.
    Sie krabbelten innen an der Scheibe und sie waren riesengroß. Gigantisch. Mindestens viermal so groß wie eine Wespe. In ihrem Hinterleib steckte also ein viermal so großer Stachel. Mir wurde schlecht vor Angst.
    Trotzdem versuchte ich, mich nicht zu bewegen. Ich griff nach dem Koru, das um meinen Hals hing, und hoffte, dass der kühle Jadestein mich beruhigen würde. Wenn ich es schaffen konnte, keinen Mucks von mir zu geben, vielleicht merkten die Tiere dann nicht, dass ich da war. Ich wusste: Das war meine einzige Chance. Inzwischen wuselte es innen auf der Scheibe fast so wie außen.
    Es war nicht einfach, kein Geräusch zu machen, denn einegrauenhafte Panik ergriff Besitz von meinem Gehirn, ließ meine Zähne klappern und meine Stimme wimmern. Ich presste beide Hände auf meinen Mund, aber ich bekam das Gefühl nicht in den Griff.
    Und dann hörte ich einen schrillen Schrei und merkte erst ein paar Zehntelsekunden später, dass ich es war, die kreischte.
    Ich stopfte mir eine Faust in den Mund, aber zu spät! Eine der Hornissen breitete die Flügel aus, erhob sich in die Luft und flog brummend auf mich zu. Ich spürte einen Lufthauch an meiner Schulter, fühlte Krabbelbeine auf meiner Haut und dann – nichts mehr.
    Zum ersten und einzigen Mal in meinem Leben bin ich einfach umgekippt. Licht aus. Dunkel. Wegen einer Hornisse. Aber wahrscheinlich auch, weil ich den ganzen Tag fast nichts gegessen hatte.
    In Filmen fallen Frauen immer dekorativ in Ohnmacht. Sie greifen sich an die Stirn und sinken auf ein Seidenkissen. Immer ist da ein ebenso dekorativer Mann, der sie auffängt, ihnen Luft zufächelt und ihren Namen ruft. Und wenn die Damen irgendwann wieder zu sich kommen, sehen sie entzückend und hilflos aus.
    In der Praxis ist das anders. Ausnahmslos. Ich kenne wirklich niemanden, bei dem eine Ohnmacht auch nur annähernd anmutig ablief. Man fällt immer irgendwo rein, wo man nicht hingehört, und es ist immer peinlich, wenn man erwacht.
    Das Käsebrot, in dem ich mit der Nase lag, als ich erwachte, will ich deswegen auch gar nicht dramatisieren. Shit happens. Auch über Toms wenig filmreife Reaktion auf meinen Sturz in dieses Käsebrot kann ich hinwegsehen. »Was um Himmelswillen machst du denn hier?«, fragte er und das war nun wirklich nicht sehr intelligent.
    Aber was dann geschah, darüber komme ich nur schwer hinweg.
    Ich meine: Ich hatte eine Hornisse auf mich zufliegen sehen, hatte ihre Beine gespürt und war zusammengeklappt.
    Und Tom? Unglaublich! Der stand in der Küche, trug nur eine Boxershorts, sein Oberkörper war nackt. Eine Hornisse flog auf ihn zu und setzte sich auf seinen Arm. Ich schnappte nach Luft und wollte schon wieder kreischen. Aber Tom blieb cool.
    »Mund zu!«, kommandierte er, nahm seinen Zeigefinger und schnippte die Hornisse einfach von sich weg.
    Er drehte sich zu mir und lächelte lieb. »Du, Lil, da klebt was Grünes auf deiner Backe. Sieht aus wie eine Gurke.«
    DAS WAR ALLES!!! MEHR SAGTE ER NICHT!!!
    Fast wäre ich noch mal in Ohnmacht gefallen.
    »Tom, da, da, da …«, stammelte ich und zeigte aufs Fenster.
    »Hornissen, ich weiß. Die kommen jeden Abend, wenn die Lampen brennen. Du musst einfach das Licht ausmachen.« Dann drehte er die Petroleumlampen aus und wir saßen im Dunkeln.
    Uuaaah! Ich saß in einer stockdunklen Küche voller brummender Hornissen. Wie konnte er das tun?
    Das war zu viel für mich. Ich bin ja meistens knallhart, aber in diesem Moment waren meine Nerven dünn wie gesponnenes Glas. Und als eine Hornisse ganz nah an meinem Ohr vorbeisummte und meine Haare streifte, da zersprangen meine Nerven in tausend winzige Scherben und ich fing an zu schluchzen.
    Gern würde ich jetzt schreiben, dass Tom mich in seinen Arm nahm und mir eine Kristallträne von der

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