Wer lügt, gewinnt
nach Hause, die Sache wurde langsam immer schlimmer. Ich verspürte eine namenlose Traurigkeit. Jemanden zum Krüppel zu machen, verfluchte Scheiße, das war eine Gemeinheit.
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Ich erklärte dem Typ, daß eine Schlange wie diese keinen Preis habe, erstens, weil niemand so dumm sei, herumzulaufen und eine Sucuri feilzubieten, es sei vorzuziehen, mit zehn Kilo Kokain gefaßt zu werden, sagte ich, als dabei geschnappt zu werden, ein Tier unserer Fauna zu verkaufen, sie wüßten ganz genau, daß dergleichen ein Verbrechen sei, für das man ins Gefängnis kommt. Ich erklärte, was ich bereits für Jungtiere, Mäuse, den Tierarzt, Zubehör ausgegeben hatte; strenggenommen, sagte ich, strenggenommen hat diese Schlange keinen Preis, aber ich verkaufe sie für dreihundert Dollar.
Wir befanden uns in den Hinterräumen einer Tierhandlung, ich versuchte, den Besitzer zu überreden, meine Sucuri zu kaufen. Er bot mir zweihundert Dollar. Ich packte die Sucuri in die Schachtel. Zweihundertfünfzig ist mein letztes Angebot, sagte er. Ich willigte ein.
Auf alles konnte ich verzichten, Essen, Bett, Schlangen, Arbeit, Wasser, alles mögliche, aber mein Telefon mußte funktionieren. Fúlvia würde jeden Moment anrufen, sie hatte gesagt, daß sie anrufen würde. Ich ging bei der Telefongesellschaft vorbei und bezahlte meine ausstehende Rechnung. Anschließend rief ich beim Verlag an und fragte Ingrid, ob ihr Angebot, mir einen Job zu besorgen, noch stehen würde.
Es war nicht das erste Mal, daß ich von Universalis hörte, einem Verlag für Selbsthilfeliteratur, bei dem Mirna, eine Freundin von Ingrid, als Sekretärin arbeitete.
Mirna, in einem engen hellrosa Kostüm, das ihre Pölsterchen betonte, und mit süßlichem Parfüm, zeigte mir den ganzen Verlag, und was den Stil der Amis und seine Imitation anbetrifft, habe ich noch nie Vergleichbares gesehen. Abgesehen von Mirnas ganz in Mahagoni und Leder gehaltenem kleinen Büro bestand der Rest aus zwei mal zwei Meter großen Zellen, in denen die Verkäufer arbeiteten. An den Wänden Dutzende von Plakaten mit Sprüchen, in denen es um Erfolg im Beruf ging. Acht von zehn Worten aus Mirnas Mund hießen Jequitibá, der wichtigste Autor des Verlags.
Es lagen mehrere Bücher von Pedro Jequitibá in den Regalen im Vorzimmer aus. Wie man Erfolg und Einfluß gewinnt (ein Buch voller Anregungen, das Ihnen zu beruflichem Erfolg verhilft). In Interaktion mit meinem Selbst (Schuber mit Video und zwei Büchern über Ihr spirituelles Wesen und die Kraft Ihres Selbst, Mentalhygiene, Geld, Erfolg, Einfluß und Arbeit). Was tun, um ganz nach oben zu kommen? Auf allen Buchumschlägen befand sich ein Foto von Pedro Jequitibá, ein lächelnder Indianermischling, dieser Typ Mensch, bei dem man nicht weiß, ob er in Korea oder in Roraima auf die Welt gekommen ist. Der Klappentext war immer der gleiche, Tips zu persönlichem und beruflichem Erfolg. Der Gedanke des Vorwärtskommens und Zurechtkommens im Leben war die Seele des Geschäfts von Pedro Jequitibá, daraus machte er keinen Hehl. Im übrigen war dies auch die Philosophie des Verlags. Bücher waren für diese Leute ungefähr das gleiche wie Saftpressen, wie irgendein Haushaltsgerät, etwas Nützliches, das sofortigen Gewinn abwerfen mußte.
Dieses Land ist ein Stall voller Idioten, sagte Ingrid, die mit mir zusammen am Empfang wartete. Das Pack liest nur Schund, Gedichte will keiner lesen, Wie man Erfolg und Einfluß gewinnt wollen sie lesen. Siebenhunderttausend Exemplare, sechsundvierzig Auflagen, zweifellos, sagte sie, man muß sich nur umschauen, jeder, der einem begegnet, auf der Straße, hier, überall, die Sekretärinnen, die Manager, die Studenten, Politiker, Lehrerinnen, Hausfrauen, Väter, Mütter, alle Leute um uns herum, die ganze Stadt, allesamt sind sie Idioten, eine große Ansammlung von Idioten, und wenn diese Idioten eine Buchhandlung betreten, dann, um diese Art von Schund zu kaufen, den ich in der Hand halte. Siebenhunderttausend Exemplare. Fast eine Million. Macht Sie das nicht wütend?
Mir war alles recht, solange ich mein Geld bekam.
Das erste, was man sehen konnte, wenn man das Büro von Laércio Arruda, dem Besitzer von Universalis, betrat, war ein riesiges Poster von Pedro Jequitibá. Der Mann redete wie ein Wasserfall. Er war hochgradig aufgeregt wegen eines Artikels, den er gerade in der Zeitung gelesen hatte und der sich mit der Veröffentlichung von Ratgebern beschäftigte, die eine Anleitung zum Stehlen, zum
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