Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer lügt, gewinnt

Wer lügt, gewinnt

Titel: Wer lügt, gewinnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrícia Melo
Vom Netzwerk:
Zimmer, den ganzen Tag im Bett. Sex ist gut für die Gesundheit, sagte Ingrid, deshalb kommst du langsam wieder auf die Beine. Manchmal verbrachten wir einen Nachmittag in Santa Monica, Los Angeles oder Venice Beach. Ingrid liebte es, in Beverly Hills auf dem Rodeo Drive Einkaufsbummel zu machen, und sie brachte mich dazu, in den Läden dort einen Haufen Dollars auszugeben. In den zehn Tagen verschwanden meine Schmerzen, ich nahm zu und fühlte mich wie neu. Meine Verhandlungen mit Laércio waren schon einigermaßen weit gediehen, und ich schrieb bereits an meinem mystischen Buch, in dem ich Candomblé, Katholizismus, Hinduismus und Spiritismus zusammenwürfelte. Laércio hatte eine Hundertachtzig-Grad-Wendung vollzogen. Er sprach von einer millionenschweren Kampagne, um das Buch zu lancieren, mit Wandreklamen und Plakaten mit meinem Bild, Displays, Präsenten, wir werden schwere Geschütze auffahren, sagte er. Er fertigte Studien an, arbeitete Pläne für die Zukunft aus und rief mich fast den ganzen Tag über ständig an. Es ist mir verteufelt schwergefallen, diesen Verlag zu gründen, hatte er mir vor meiner Abreise gesagt. In diesem Land funktionieren die Dinge eben so. Ein ernsthaftes Unternehmen zu gründen ist die Hölle, aber eine Kirche aufzumachen ist die einfachste Sache der Welt. Du gehst zum Notar und sagst, ich bin Bischof und will eine Kirche eröffnen. Die fragen dich nicht mal nach deinem Personalausweis. Du sagst einfach, du bist Bischof, und fertig, du bist Bischof, selbst wenn du kompletter Analphabet bist. In weniger als fünf Minuten bist du wieder draußen, und alles ist geritzt. Und du zahlst keine Steuern, denn obwohl diese Bischöfe sich das Geld nur so in den Arsch schieben, verfolgt eine Kirche keine Gewinnabsichten. Mein Vorschlag ist folgender. Wir bringen das Buch raus, du wirst Bischof, und wir eröffnen eine Kirche. Sieh dir nur diese Artikel hier an. Nimm sie mit auf die Reise und lies sie. Büßer vom Violetten Stern. Blätter des Himmels. Blaue Engel. Das ist die Zukunft, verstehst du? Das ist Jesus. Der Zehnte. Durch dich ist mir ein Licht aufgegangen. Ein Wahnsinnsgeschäft. Jesus ist der Weg. Jesus ist kein eingetragenes Markenzeichen, er gehört zum Allgemeinvermögen, er hat keinen Besitzer, jeder kann sich sein Scheibchen abschneiden. Und wir behalten den Verlag, du schreibst weiterhin deine Bücher. Nur statt unter dem Namen José Guber schreibst du sie als Bischof José Guber. Wie findest du das?
    Darf ein Bischof vögeln? fragte Ingrid, als ich ihr von Laércios Plänen erzählte. Wenn er vögeln darf, wo ist dann das Problem? redete sie weiter. Aber mit der Kirche bin ich nicht einverstanden, mit dem Wort Kirche. Die Kirche ist was für fromme Habenichtse und resignierte Greise. Wir müssen was Neues kreieren, irgend etwas, das schon dagewesen ist und neu erscheint. Das ist es, worauf die Leute fliegen. Etwas Neues, das keiner kennt, obwohl es seit viertausend Jahren existiert. Kristalle, Blüten, Tarot, chinesisches Horoskop, Azteken, Ägypter, Scientology, Runen, Numerologie, Wahrsagungen im allgemeinen, I-Ging, das altindische Bhagavadgita, diese Dinge, von denen man glaubt, daß sie schon verschwunden sind, die aber in neuem Gewand weiterhin konsumiert werden, diese Idioten haben einen Wahnsinnsappetit darauf, sie sind unglaublich gefräßig, dieses Pack werden wir füttern, auf Kosten des Aberglaubens dieser Spießer werden wir Geld verdienen. Hast du gesehen, als wir gestern auf dem Rodeo Drive spazierengegangen sind? Hast du dieses Kabbalistische Zentrum mit lauter Limousinen vor der Tür gesehen? Die Reichen und Berühmten aus Hollywood interessieren sich nur noch für die Kabbala und früher für Maharesh, Mararish Rach, wie war noch gleich der Name? Dieser fette Guru, der die Reinheit predigte und heimlich die Mädchen vernaschte?
    An dem Abend, als ich aus Malibu zurückkehrte, rief mich mein Anwalt an und überbrachte mir die Nachricht, auf die ich seit so langer Zeit gewartet hatte. Die Sache Ronald war eingestellt worden. Fall erledigt. Jetzt, sagte Ingrid, hast du keine Entschuldigung mehr.
    Vorbei mit Lucrezia Borgia. Was ist los? Was guckst du wie ein herrenloser Hund? Tut Lucrezia dir etwa leid? Sie war schon an der Reihe, jetzt bin ich dran, sagte Ingrid. Jetzt bin ich die Königin vom weißen Kokoskonfekt, sagte sie. Vom schwarzen, Ingrid, die Königin vom schwarzen Kokoskonfekt, sagte ich.

34
    Recanto da Paz. Mittwoch.
    Du undankbarer Sohn, ich

Weitere Kostenlose Bücher