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Wer Mit Schuld Beladen Ist

Wer Mit Schuld Beladen Ist

Titel: Wer Mit Schuld Beladen Ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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und seine Freunde zum Spaß Heuschober angezündet.«
    »Wollen Sie mich auf den Arm nehmen? Dabei können doch Häuser und Ställe abbrennen.«
    »Als Kind auf dem Land hat man nicht gerade viel Ablenkung.« Lois sah sie mitleidig an, dann warf sie den Kopf zurück, als die gedämpfte Foxtrott-Musik im Radio von der hallenden Fanfare des Wetterdienstes unterbrochen wurde. Clare zog sich mit ihrem kalten Kaffee und ihrem geschroteten Enthusiasmus zurück, verfolgt von der grässlichen Vorhersage von Schnee, Schnee und noch mehr Schnee.

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    D emut. Das war die Lektion, die das Universum ihm erteilen wollte, entschied Russ. Und natürlich die Wertschätzung, die er Ehe und Frau in erster Linie erweisen sollte. Er würde in seinem ganzen Leben nie das Gefühl vergessen, das ihn erfasst hatte, als er von Lindas Tod erfuhr, und auch nicht die Erleichterung, als Sergeant Morin sie durch das Prüfen der Fingerabdrücke wieder zum Leben erweckte. Fast reichte es, aber nur fast, um wieder an Gott zu glauben.
    Und an dieser Stelle kam die Demut ins Spiel. Er hatte den Vormittag über Lindas letzte Wirkungsstätten besucht: ein Ferienhaus für den Skiurlaub, ein Apartment für eine Schwiegermutter, ein reizendes Farmhaus, das verzweifelt versuchte, sich als Herrensitz zu geben, mit Vorhängen, die in reichen Falten und Draperien von der zu niedrigen Decke fielen.
    Jedes Mal hatte er erklären müssen, dass ihm seine Frau abhandengekommen war. Dass sie ihn ohne ein Wort verlassen und sich seit fast einer Woche nicht mehr gemeldet hatte. Hatte man sie einen Mann erwähnen hören oder sie mit einer anderen Person als ihren freiberuflichen Näherinnen gesehen?
    Demut. Clare würde vermutlich sagen, die täte ihm gut. Er hätte das Ganze mit mehr Anstand ertragen, wenn er etwas anderes geerntet hätte als mitleidige, peinlich berührte Blicke und »Tut mir leid, ich kann Ihnen leider nicht helfen«.
    Er umklammerte das Lenkrad ein wenig fester und schaltete die Scheibenwischer an, um den Schnee von der Windschutzscheibe zu entfernen. Mittag. Die Wettervorhersage hatte ins Schwarze getroffen. Er sollte Harlene anrufen, sich vergewissern, dass sie Duane und Tim, die Teilzeitkräfte, in Alarmbereitschaft versetzt hatte. Falls die Wettervorhersage weiterhin recht behielt, stand Tiefschnee mit Whiteout bevor. Außerdem sollte er …
    Er rief sich zur Ordnung. Er konnte, verdammt noch mal, nichts tun. Er war Zivilist, bis Jensen beschloss, ihm seine Dienstmarke zurückzugeben. Es war an Lyle, dafür zu sorgen, dass das Department auf den Jahrhundertblizzard oder Monstersturm oder was auch immer sich die Fernsehsender als Bezeichnung dafür ausdachten, vorbereitet war. Sein Job war es, die letzte Adresse zu erreichen. Lindas letzten Arbeitsplatz. Das Algonquin Waters Spa und Resort. Seine Erwartungen waren nicht besonders hochgesteckt. Es schien, als passierte jedes Mal, wenn er sich dem Ort näherte, eine Katastrophe. In dem Sommer, in dem es erbaut worden war, war er von dessen Landeplatz mit einem Helikopter gestartet – sein erster Flug seit mehr als zehn Jahren – und prompt abgestürzt. Im letzten Herbst hatte er dort das schlimmste Dinner seiner Lebens durchlitten, neben ihm seine Frau und gegenüber am Tisch Clare. Er hatte immer noch Verdauungsstörungen deswegen. Als der Ballsaal und der größte Teil des Erdgeschosses in Flammen aufgingen, war es eine Art Antiklimax gewesen.
    Er wusste, was er tat, indem er seine vergangenen schlechten Erfahrungen mit dem Algonquin rekapitulierte. Er vermied es, darüber nachzudenken, was er machen sollte, wenn er keine Spur von Linda entdeckte. Er verfügte über keine anderen Anhaltspunkte. Er hatte nichts. Und der Gedanke, in sein eiskaltes Haus mit dem blutverschmierten Küchenboden und den Geistern verschwundener Identitäten zurückzukehren …
    Er schüttelte den Kopf, konzentrierte sich auf die Straße. Der zum Hotel führende Privatweg war fast trocken, die überhängenden Zweige der Kiefern schützten ihn vor dem Schnee. Nach der Bergstraße mündete der Weg in einen großen Parkplatz, an dessen anderer Seite sich der weitläufige Portikus und die schneebedeckten, ummauerten Gärten befanden. Die Anzahl der an der geschwungenen Auffahrt parkenden Geländewagen und Trucks überraschte ihn. Das Algonquin war zwar prinzipiell das ganze Jahr geöffnet, sollte jedoch eigentlich wegen Renovierungsarbeiten bis zum Frühling geschlossen sein.
    Die Antwort fand Russ, als er neben einem

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