Wer Mit Schuld Beladen Ist
Hände in die Hosennähte, um nicht an sein Ziegenbärtchen zu greifen. »Ma’am«, sagte er. Er schob sich an Mark vorbei, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. Schleimer.
Deshalb schlitterte er jetzt in dem Streifenwagen, dessen Reifen vergeblich nach Halt suchten, zur Route 17. Ein Neunachser rollte auf die Kreuzung. Er fuhr direkt auf dessen Hinterreifen zu. »Heiliger Christophorus, bitte für mich«, stieß er hervor, eine Beschwörung, die seine Mutter immer murmelte, wenn sie am Lenkrad in Schwierigkeiten geriet. Wundersamerweise sprang die Ampel auf Grün, der Truck donnerte vorbei, und Kevin glitt unverletzt über die Kreuzung.
»Wow!« Behutsam gab er Gas. Das musste er seiner Mutter erzählen. Aber dann würde sie ihn vermutlich noch heftiger drängen, nach Maß zu wechseln.
Das Haus der Traceys stand weit zurückgesetzt, und er machte erst gar keinen Versuch, mit dem Crown Vic die Zufahrt zu bewältigen. Er parkte am Straßenrand, schaltete das Blinklicht ein und marschierte zur vorderen Veranda.
Ein ungefähr zwölfjähriges Mädchen öffnete ihm die Tür. Sie musterte ihn misstrauisch, als er nach ihrer Mutter fragte. »Warten Sie«, sagte sie und schloss die Tür vor seiner Nase.
Er nahm die Mütze ab und klopfte sich den Schnee von den Schultern.
Eine attraktive Fußballmutti riss die Tür auf. »Gab es einen Unfall?«, rief sie.
»Einen Unfall? Nein, Ma’am.«
»Oh.« Ihre Schultern sanken herab. »Dem Himmel sei Dank.« Sie stand einfach da, die Hand auf die Brust gepresst, bis ihr bewusst zu werden schien, dass er noch immer auf dem Fußabtreter stand. »Entschuldigen Sie!« Sie winkte ihn herein. »›Lass keine Fremden ein‹, ein bisschen zu wörtlich genommen.«
»Sie müssen sich nicht entschuldigen, Ma’am.« Er klemmte sich die Mütze unter den Arm. »Sind Sie die Mutter von Quinn Tracey?«
Wieder sah sie alarmiert aus. »Ja.«
»Mit Ihrer Erlaubnis würde ich ihm gern ein paar Fragen stellen.«
Sie blickte nach hinten ins Haus, dann wieder zu Kevin. »Deshalb habe ich nach einem Unfall gefragt. Er ist vor einer halben Stunde aus dem Haus gerannt und mit seinem Truck weggefahren. Ich weiß nicht, wo er steckt.«
Sergeant Isabell O’Brien von der New York State Police gehörte zu den wenigen in der Truppe, die Stürme wirklich mochten.
Sie gaben ihr Gelegenheit, statt der nervtötend langweiligen Arbeit mit der Radarpistole auf dem Thruway hin-und herzukreuzen und nach in Schwierigkeiten geratenen Fahrzeugen zu suchen. Statt von miesen Witzen über die Ende des Monats fällige Erfüllung der Strafzettelquote begrüßt zu werden, wurde sie von den Fahrern, die von der Fahrbahn abgekommen waren, wie eine Heldin empfangen.
Sie hatte gerade die Abfahrt nach Schenectady passiert, als ihr Funkgerät krächzte. Sie schaltete auf Empfang. »Hier Acht-eins-neun. Sprechen Sie.«
»Acht-eins-neun, wir haben einen Anruf vom Manager des Roy Rogers an der Raststätte Pattersonville erhalten. Er meldet ein verdächtiges Individuum, männlicher Weißer, zwischen dreißig und vierzig, der auf dem Angestelltenparkplatz herumhängt.«
»Zentrale, ich kümmere mich darum.« O’Brien tippte auf den Monitor, um die Uhrzeit festzuhalten und das Logbuch aufzurufen. Dann schaltete sie das Blinklicht ein und fuhr auf den Überholstreifen. Der Verkehr auf der rechten Spur, der wegen der durch den Sturm bedingten Höchstgeschwindigkeit von siebzig Stundenkilometern bereits nur noch dahinkroch, schien noch langsamer zu werden, als sie vorbeibrauste.
Sie war ungefähr zehn Kilometer vor Pattersonville, als sich ihr Funkgerät wieder meldete. »Acht-eins-neun, das Individuum hat die Raststätte Indian Hill verlassen und fährt in einem dunkelgrünen Volvo Kombi, Baujahr 1992, in Richtung Osten.«
»Kennzeichen?«
Ein kurzes Zögern. »Warten Sie einen Moment.«
Hä? Seltsam. »Soll ich ihn verfolgen?«
»Acht-eins-neun, der Manager meldet, dass der Verdächtige möglicherweise die Kennzeichen eines Angestelltenwagens gestohlen hat. Wir versuchen, dies zu bestätigen. Bitte fahren Sie ohne Blaulicht weiter.«
O’Brien schaltete das Blaulicht aus, behielt aber eine Geschwindigkeit von neunzig Stundenkilometern bei, ihr absolutes Limit, es sei denn, der Typ entpuppte sich als Osama Bin Laden.
»Acht-eins-neun, wir haben die Bestätigung, dass das hintere Nummernschild eines Angestelltenfahrzeugs jetzt dem des gestohlenen Wagens entspricht, der zuletzt im Besitz von Dennis Shambaugh gesichtet
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