Wer Mit Schuld Beladen Ist
servieren, Missetaten ahnden und das Einmaleins aufsagen, ohne die Stimme zu erheben oder ihre Gelassenheit zu verlieren.
Sie schüttelte ihnen die Hände und murmelte eine Begrüßung und Beileidsbekundungen. Clare trat einen Schritt zur Seite, um den Jungen zu betrachten, der auf dem Sofa kauerte.
Er sah aus wie alle anderen Sechzehn-oder Siebzehnjährigen, die sie bei TechTronic oder in der Aviation Mall gesehen hatte. Jeans, die mindestens zwei Nummern zu groß waren, ein langärmeliges T-Shirt mit dem Bild des Rappers Fifty Cent und eine mittelschwere Akne, die nicht verbergen konnte, dass er ein attraktiver Mann sein würde, sobald er in seine Ohren und die Nase hineingewachsen war. Doch sein Gesichtsausdruck war einzigartig – und irritierend. Er starrte Russ an, und er hatte Angst.
»Quinn, das ist Chief Van Alstyne«, sagte Mrs. Ovitt, während sie ihnen bedeutete, Platz zu nehmen. »Reverend Fergusson kennst du ja.«
Clare verkrampfte sich, doch der Junge schenkte ihr kaum einen Blick, als sie sich setzten.
»Ich kenne Quinn«, sagte Russ. Er klang nicht gerade großartig, doch herzlich und nicht bedrohlich. »Er hat diesen Winter beim Räumen unserer Zufahrt gute Arbeit geleistet.« Russ kauerte auf der Sesselkante, um sich vorbeugen zu können. »Quinn, warum erzählst du mir nicht, was du gesehen hast.«
Quinn senkte den Blick auf seine Hände, die er wand und knetete. »Es war ein Auto«, sagte er.
»In meiner Zufahrt?«
Der Junge nickte, blickte Russ jedoch nicht an.
»Wann war das?«
»Sonntagnachmittag.«
Clare warf Russ einen Blick zu. War das, als …? Er zuckte die Schultern. »Was für ein Auto, Quinn?«
»Ein Honda Civic, Baujahr ›92. New Yorker Kennzeichen. 6779LF.«
»Ich bin beeindruckt. Die meisten Menschen können sich nicht so präzise an Autos erinnern.«
Zum ersten Mal sah der Junge Russ an. »Es ist eine Art Angewohnheit. Als ich mit dem Schneeräumen angefangen habe, hat Dad mir gesagt, ich sollte mir die Autos in den Zufahrten merken, für den Fall, dass jemand später einen Schaden meldet. Er zahlt die Hälfte meiner Versicherung, deshalb denkt er irgendwie ständig über meine Haftpflicht nach.«
Russ nickte. »Warum hast du dir diesen Wagen gemerkt? Hast du dort draußen Schnee geräumt?«
Was seltsam wäre, dachte Clare, da der letzte Schnee vor über einer Woche gefallen war.
»Nein, ich räume immer direkt, nachdem es geschneit hat. Keiner will warten.«
»Was hast du dann draußen auf der Peekskill Road gemacht?«
Quinn schien sehr unglücklich über diese Frage. Er knetete seine Hände und antwortete nicht.
»Quinn?«
Der Junge sah zu Mrs. Ovitt, die schweigend neben ihnen gesessen hatte, greifbar, aber nicht zu nah. Sie nickte aufmunternd. »Ich war mit einem Freund unterwegs.« Russ öffnete den Mund, doch der Junge schnitt ihm das Wort ab. »Ich will ihn nicht mit reinziehen, okay?« Erneut senkte er den Kopf. »Meine Eltern wollen nicht, dass ich mich mit ihm treffe.«
Das Widerstreben des Jungen, seine Furcht, alles passte jetzt zueinander. Clare wusste nicht, ob sie amüsiert oder aufgebracht sein sollte. Eine Frau war tot, und Quinns größte Sorge war, nicht erwischt zu werden.
»Quinn, ich kann dir nicht versprechen, dass deine Eltern nichts davon erfahren werden, doch ich kann dir versprechen, dass ich nur darüber rede, wenn es absolut unumgänglich ist. Ich bin nicht dazu da, die Regeln deiner Eltern durchzusetzen – obwohl ich dich darauf hinweisen möchte, dass sie normalerweise gute Gründe haben, wenn sie dich bitten, dich von jemandem fernzuhalten.«
Quinn brachte es irgendwie fertig, die Augen zu verdrehen, ohne sich zu bewegen.
»Wie heißt dein Freund?«
»Werden Sie ihm, Sie wissen schon, Fragen stellen?«
»Nur wenn ich muss.«
Quinn stieß die Luft aus. »Aaron. Aaron MacEntyre.«
»War er bei dir im Truck?«
Der Junge nickte.
»Als du das Auto gesehen hast, hast du da auch gesehen, ob jemand das Haus betreten oder verlassen hat?«
Er schüttelte den Kopf.
»Kannst du dich erinnern, wie spät es war?«
Quinn runzelte die Stirn. Er verzog das Gesicht. »Gegen vier.«
»Es wurde also schon dunkel? Wieso konntest du die Nummernschilder erkennen? War die Außenbeleuchtung eingeschaltet?«
»Nein. Ich meine, ich nehme an, es war, bevor es dunkel wurde. Aber gegen Ende des Nachmittags. Vielleicht doch eher drei.«
Russ schwieg einen Moment. Und noch einen. Er betrachtete Quinn aufmerksam. Er machte keine Anstalten, die
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