Wer Mit Schuld Beladen Ist
worden.«
Dr. Stillman, der beide Van Alstynes kennengelernt hatte, als er vor weniger als einem Jahr den Schienbeinbruch des Chiefs behandelte, nutzte die durch die abgebrochene Besprechung gewonnene freie Zeit, um nach einem seiner orthopädischen Fälle in der Chirurgie zu sehen. Auf dem Weg nach draußen traf er die Oberschwester der Notaufnahme. »Du kennst doch den Polizeichef, oder, Alta?«
»Das sollte ich wohl, wenn man bedenkt, wie oft er herkommt, um betrunkene Fahrer aus der Notaufnahme zu holen oder mit Kindern zu sprechen, die in Schwierigkeiten geraten sind.«
»Ich habe gerade gehört, dass seine Frau ermordet worden ist.«
»Jesus, Maria und Josef!«
Bis zum Schichtwechsel hatte das gesamte diensttuende Personal die Neuigkeit vernommen.
Am Dienstagmorgen fuhr ein Internist namens Dr. Palil Ghupta zur örtlichen Klinik von Millers Kill, um sich mit Laura Rayfield zu ihrer Kontrollbesprechung zu treffen. Er ergötzte sie mit dieser Geschichte, und da er gern Krimis sah, polierte er sie mit der Bemerkung »Man hat sie weggepustet« ein wenig auf.
Laura zeigte sich angemessen schockiert und beeindruckt, und als sie gegen Mittag Roxanne Lunt traf, die Leiterin der historischen Gesellschaft von nebenan, reichte sie die Neuigkeiten weiter.
»Sie wurde mit einer Schrotflinte erschossen«, berichtete Laura, während sie einer glatten Fläche aus Eis und gefrorenem Schnee auswich. Die Bürgersteige befanden sich in schlechtem Zustand, doch war es immer noch leichter, zu Fuß zu Silvios italienischer Bäckerei zu laufen, als in den schneegesäumten Straßen einen Parkplatz zu finden.
»Gütiger Himmel.« Roxanne zog den Pelzkragen enger zusammen, als hätte der eisige Wind der Sterblichkeit ihren Hals gestreift. »Ich frage mich, ob Clare Fergusson schon davon weiß.«
»Reverend Fergusson? Die Pastorin?«
»Hm. Sie ist doch offensichtlich eine besondere Freundin von Chief Van Alstyne.« Sie zog die Tür zu Silvios Laden auf, und ein Schwall von Hefeduft hüllte sie ein. »Aber wirklich beängstigend ist die Vorstellung, dass der Täter noch frei herumläuft. Ich meine, wenn die Frau des Polizeichefs in ihrem eigenen Haus ermordet werden kann, welche Chance bleibt dann uns?«
»Die meisten Morde im Norden des Landes sind die Folge häuslicher Gewalt«, dozierte Laura, während sie ihr Halstuch löste. »So man nicht mit dem Mann, der einen umbringt, verheiratet oder liiert ist, stehen die Chancen gut, in Sicherheit zu sein. Wie gut ist Reverend Fergusson denn eigentlich mit ihm befreundet?«
»O mein Gott! Du nimmst doch nicht etwa an, dass der Chief …«
»Es war ja nur eine Frage.«
Roxanne stocherte abgelenkt in ihrer perfekten Föhnfrisur. »Ich rufe sie lieber an, sobald ich wieder in der Historischen Gesellschaft bin.«
Während er auf sein heißes Hackbratensandwich wartete, hörte Dan Hunter, Vizepräsident Finanzen der Allbanc, ihr Gespräch mit. Zurück in der Bank, steckte er den Kopf in Terence McKellans Büro. »He, Terry«, rief er. »Clare Fergusson, ist das nicht die Geistliche in deiner Kirche?«
»Pastorin«, murmelte Terry um sein Thunfischbrot herum. Seine Frau hatte ihn neuerdings auf Diät gesetzt, und er war absolut nicht glücklich darüber.
»Auch egal. Hat sie irgendeine Beziehung zum Polizeichef?«
Terry McKellan wischte einen Krümel Vollkornbrot von seinem üppigen Schnurrbart und betrachtete argwöhnisch seinen Kollegen. »Warum?«
»Offensichtlich hat jemand seine Frau in ihrem Haus erschossen, und er wird verdächtigt.«
Terry fiel das Brot auf den Tisch. »Du willst mich auf den Arm nehmen.«
»Ich schwöre. Sie haben bei Silvio darüber gesprochen.«
»Allmächtiger.« Er starrte auf seinen Tischkalender. »Danke, dass du mir Bescheid gesagt hast. Ich sollte wohl lieber einige Leute anrufen.« Er wählte die Nummer von Robert Fowler, einem der Kirchenältesten von St. Alban’s, ehe Dan den Türrahmen geräumt hatte. Fowler, Besitzer eines kleinen Bauunternehmens, war laut Auskunft seiner Sekretärin zu Tisch. Terry hinterließ eine kurze Nachricht auf seiner Voicemail. Geoff Burns, eines der jüngeren Mitglieder des Vorstands, weilte in seiner Kanzlei, befand sich aber in einer Besprechung mit einem Mandanten. Voicemail.
McKellan blätterte durch seinen Rolodex und versuchte es bei anderen Vorstandsmitgliedern der Gemeinde. Sterling Sumner, angeblich im Ruhestand, gab einen Architekturkurs an der Skidmore. Außerdem war er der letzte Mensch in Amerika,
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