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Wer Mit Schuld Beladen Ist

Wer Mit Schuld Beladen Ist

Titel: Wer Mit Schuld Beladen Ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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keine Geschichte.« Sie erhob sich. »Ich bin kein verträumtes Mädchen in den Wirren der ersten Liebe. Ich wusste, dass ich Russ Van Alstyne nicht haben durfte, und traf eine Entscheidung. Ich wählte meine Gemeinde und meine Stellung als Ihre Pastorin. Wenn Sie das nicht zu würdigen wissen und mir nun, da ich Sie brauche, nicht beistehen, dann zur Hölle mit Ihnen.«

    Die Besprechung war kurz darauf beendet.

    Nachdem Clare durch die offene Tür des Kapitelsaals und die ebenfalls offene Tür ihres Büros gerauscht war, entdeckte sie Elizabeth de Groot, die mit weitaufgerissenen Augen in Hörweite auf sie gewartet hatte.
    »Ich konnte es nicht vermeiden, mit anzuhören …«, begann de Groot.
    »Fahren Sie nach Hause, Elizabeth.« Clare klang barsch, doch das war ihr egal. »Für heute habe ich genug. Fahren Sie nach Hause zu wem auch immer, der Sie liebt, und danken Sie Gott für diesen Segen. Wir sehen uns morgen.«

18
    Mittwoch, 16. Januar
    R uss’ dritter Tag als Witwer begann definitiv nicht gut, und es sollte noch schlimmer kommen. Er ging die Treppe im Haus seiner Mutter hinunter – nachdem er zwanzig Minuten gebraucht hatte, sich anzuziehen, dümmlich Teile seiner Uniform hochgehalten und versucht hatte, sich daran zu erinnern, wie man sie anzog –, nur um seine Mutter und Schwester vorzufinden, die sich über den Küchentisch hinweg verstohlen zuwisperten. Beide sprangen auf und begrüßten ihn mit einer Umarmung, rieben ihm den Rücken und fragten, wie es ihm ging und wie er geschlafen habe, und obgleich er ihre herzliche Fürsorge zu schätzen wusste, war ihm klar, dass sie etwas vor ihm zu verbergen versuchten.
    »Was ist passiert?«, fragte er.
    Seine Mutter und Janet tauschten einen Blick.
    »Mom?«
    Sie drehte sich zur Kaffeemaschine, die auf dem Tresen stand. »Gestern Abend hatte das Flugzeug von Lindas Schwester Verspätung. Mike hat in Albany neun Stunden gewartet.«
    In Anbetracht der Tatsache, wie ungern sein Schwager das Melken seiner Kühe einem anderen überließ, bedeutete das ein beträchtliches Opfer. Dann begriff er. Das Schweigen. Das Fehlen des geschäftigen Wir-haben-einen-Gast. »Sie ist nicht mehr zu uns gekommen, nachdem ich eingepennt war?«
    Seine Mutter rührte löffelweise Zucker in seinen Becher. Sie schüttelte den Kopf.
    »Ist sie bei dir?«, fragte er Janet. »Oh, Himmel, sie ist doch nicht zu unserem Haus gefahren, oder?«
    »Nein, nein, nein.« Janet stieß die Luft aus, halb Seufzer, halb Verbitterung. »Sie ist im Hotel Queensbury in Glens Falls. Sie hat sich geweigert, bei einem von uns zu wohnen. Tatsächlich wollte sie Mike nicht einmal gestatten, sie zum Hotel zu bringen. Sie hat einen Wagen gemietet und ist selbst gefahren.«
    »Selbst gefahren? Das ist bescheuert. Sie hat ihr ganzes Leben in Florida verbracht. Mit dem Schnee hier oben wird sie ums Verrecken nicht fertig.«
    »Russell!«, warnte seine Mutter.
    »Entschuldige meine Ausdrucksweise, Mom. Doch im Januar sollte Debbie hier oben wirklich nicht fahren.« Er wandte sich wieder an Janet. »Wann hat sie beschlossen, nicht bei Mom zu wohnen?
    Janets Mund zuckte. »Sie hatte schon Vorbehalte, als sie aus dem Flugzeug stieg.«
    Seine Mutter schnaubte. »Zu schade, dass sie das nicht erwähnt hat, bevor Mike einen ganzen Tag am Flughafen verplempert hat.«
    Sie reichte Russ seine Kaffeetasse. »Mach dir nichts draus. Sie ist tieftraurig und wütend, und Leute in diesem Zustand tun seltsame Dinge.« Sie legte den Kopf in den Nacken, um ihrem Sohn in die Augen blicken zu können. »Das weißt du doch, Russ.«

    Das war nicht gut. Schlimmer kam es auf dem Revier. Er hatte es noch nicht mal bis zur Kaffeemaschine geschafft, als Harlene ihn aufhielt. »Der Bürgermeister hat eine Nachricht für Sie hinterlassen. Sobald Sie den Fuß durch die Tür gesetzt haben, sollen Sie sich umgehend zu einer Besprechung mit ihm und ein paar Ratsmitgliedern einfinden.«
    Russ warf einen Blick zur Uhr. »In zwanzig Minuten muss ich zur Morgenbesprechung.«
    »Ich glaube, Sie sollten lieber tun, was er sagt, Chief.« Harlene, die stets behauptete, sie könnte jedes Einzelne der sieben Mitglieder des Verwaltungsrats ersetzen und bessere Arbeit leisten, wirkte besorgt. »Es klang ziemlich dringend.«
    Russ drehte sich um und stapfte aus dem Revier. Der Weg war nicht weit; die Büros der Verwaltung von Millers Kill lagen nur einen Block entfernt. Das Originalgebäude, während der prosperierenden Wirtschaft in den 1870ern reich

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