Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer mordet schon in Franken? - 11 Krimis und 125 Freizeittipps

Wer mordet schon in Franken? - 11 Krimis und 125 Freizeittipps

Titel: Wer mordet schon in Franken? - 11 Krimis und 125 Freizeittipps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
Vom Netzwerk:
Jahren im Schlepptau drängte sich in den Führerstand.
    Â»Lass uns gehen.« Charly schob sich an den Neuankömmlingen vorbei und kletterte die Stiege hinunter. An der grau angestrichenen Lok blieb er stehen. »Wusstest du, dass zu Zeiten der Schwarz-Weiß-Fotografie die Lok mit einem grauen Anstrich versehen wurde, damit man auf der Aufnahme die Details besser sieht? Nach dem Shooting haben sie dann das Make-up wieder abgewaschen.«
    Â»Lenk jetzt nicht ab. Diese Typen waren ziemlich finster, wenn du mich fragst.«
    Charly dachte an den Tätowierten heute Morgen im Stehcafé. Er hörte seine Stimme, den drohenden, dabei extrem ruhigen Ton: ›Das nächste Mal drehe ich euch auf links! Dich und den Spacko.‹
    Den Spacko?
    Eva packte ihn am Arm. »Ich brauche keinen Freund, der sich meinetwegen mit Dunkelmännern kloppt. Mensch, Charly, die beiden haben nicht mal im Biergarten gesessen. Die haben hinter der Brauerei nur geparkt.«
    Geparkt. Charly sah plötzlich einen offenen Kofferraum vor sich. Mit Kartons. Lauter kleinen, handlichen Kartons. Quadratisch wie Kacheln.
    Â»Aber wer waren die dann?«
    Â»Woher soll ich das denn wissen? Glaubst du, das interessiert mich?«
    Â»Die hatten was im Auto, Eva. Ich glaube, die wollten nicht, dass ich die Kartons sehe.«
    Â»Und du hattest was im Auge.« Ihr Ton war verächtlich.
    Charly presste die Hände an die Schläfen. Sie gingen ins Freigelände hinaus. Ein Pulk von Besuchern eilte lachend und rufend an ihnen vorbei. Ein Mann in einer Nostalgieuniform fragte: »Wollen Sie auch noch mit? Museumsbahn? Besondere Gelegenheit!«
    Â»Danke, nein«, antwortete Charly.
    Das Stampfen und Brausen der Dampflok wurde lauter, der Qualm zog über das gesamte Museumsgelände.
    Die Kartons gingen Charly nicht mehr aus dem Kopf. Er lehnte sich an die Wand. Eva schoss ein Foto von ihm. Sie zeigte es ihm, grinsend. »Weißt du, was hier steht? ›Zur Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege wird dringend ersucht, nicht in den Wagen zu spucken.‹«
    Charly fuhr herum. Das Schild musste von anno Tunichtgut stammen. Er lachte.
    Â»Sauer?«, fragte er.
    Â»Mhm.« Sie beugte sich vor und küsste ihn. Auf den Mund.

    *

    Wir bezahlten und verließen das Café. Sabina hakte sich bei mir ein. Das war etwas Ungewohntes für mich. Bei mir hakte sich nie jemand ein. Ich war im Grunde ein einsamer Mensch. Wobei ich das bis zu dem Mord nicht so empfunden hatte. Denn ich hatte ja meine Schüler. Wer tagtäglich in einer Schule umtost wird von Halbstarken, Kleinen und Großen, von Gebrüll, Geschrei, Geheul und Gelächter, der braucht seine stillen Stunden wie die Luft zum Atmen.
    Doch seit dem Termin in der Gerichtsmedizin war mein Leben in einen anderen Modus geglitten. Was mir früher leicht gefallen war, erschien mir jetzt unüberwindlich. Was mir Freude bereitet hatte, ließ mich gleichgültig. Die Sonne brach durch die Wolken. Touristen in bunten Allwetterjacken schlugen ihre Stadtpläne auf.
    Â»Frau Plein, haben Sie mal daran gedacht, dass nicht nur wir diese Tweets lesen, nicht nur die Polizei, sondern eben auch die Typen, die Charly niedergeschlagen haben?«
    Â»Wie sollten diese Menschen Evas Tweets finden?«
    Â»Es gibt Mittel und Wege. Nehmen wir mal an, sie haben gesehen, wie Eva mit ihrem Handy beschäftigt war. Vielleicht sogar, wie sie tweetete. Mussten sie nicht unbedingt herausfinden, was da los war?«
    Ich dachte an Evas Eintrag: Charly hat Angst vor Kartons in fremden Autos .
    Â»Was hat Eva nur daran gefunden, all diese privaten Bemerkungen öffentlich zu machen?« Es war eigentlich keine Frage an Sabina. Ich stellte sie mir selbst.
    Â»Da ist sie ja nicht die Einzige. Eva war ziemlich viel allein, Frau Plein. Ihre Mutter, meine Tante, ist alleinerziehend. Ihren Vater kannte sie kaum. Hatte keine Geschwister. Eva wirkte nach außen immer fröhlich und offen, aber sie war auch oft deprimiert und traurig. Vielleicht akzeptieren Sie das nicht als Begründung für ihr Verhalten im Netz, doch ich denke schon, dass ihr die virtuellen Kontakte ein gewisser Ersatz für Gemeinschaft im wirklichen Leben waren.«
    Ich kannte Evas Mutter gut. Sie kam manchmal in die Sprechstunde. Einmal, zweimal im Jahr. Nur um zu hören, wie es lief mit ihrer Tochter. Ich hatte einen außerordentlich positiven Eindruck von der Familie. Auch wenn sie

Weitere Kostenlose Bücher