Wer mordet schon in Franken? - 11 Krimis und 125 Freizeittipps
nur aus zwei Personen bestand, was hieà das schon? Inzwischen verhielt es sich bei der Mehrzahl der Schüler nicht mehr anders. Wir blieben vor einer Buchhandlung stehen. Ich starrte in das Schaufenster. Wagner, Wagner und Wagner.
»Wenn nun diese Leute Evas Tweets gelesen haben, dann wussten sie immer, wo die Clique sich aufhielt.«
»Sie kannten ihre Pläne. Mussten sich also keine groÃe Mühe geben, dem Grüppchen an den Fersen zu bleiben.«
*
Dirk war höllisch verkatert. Er wollte ans Steuer, aber Eva lieà nicht mit sich reden. Sie fuhr selbst nach Selb.
»Porzellanmuseum?«, brummte Charly. »Machen wir heute verschärft auf Kultur?«
»Ich habe eine Schwäche dafür.«
»Du? Für Porzellan?«
»Was dagegen?«
»Nein, ich bin nur überrascht.«
»Sie hat lauter kitschige Porzellannippes zu Hause«, meldete sich Dirk zu Wort.
Charly hatte schon vergessen, dass er überhaupt da war. Sein Schädel brummte wieder. Wenn er sich nur anständig an gestern Abend erinnern könnte. Hatte er sich wirklich mit dem tätowierten Muskelmann angelegt? Das würde er nie tun. Charly verpulverte seine Kräfte nicht unüberlegt. Und gegen den Knaben mit der Glatze hatte er nicht den Hauch einer Chance, das hätte er selbst in volltrunkenem Zustand erkannt.
Die Fahrt nach Selb zog sich in die Länge. Schon wurde es Nachmittag. Es begann leicht zu nieseln. Sie hielten und schlossen das Verdeck. Charly spürte Dirks Blicke in seinem Rücken. Es war ihm unangenehm, ihn hinter sich sitzen zu wissen. Vor dem Fenster flogen dunkelgrüne Wälder vorbei und Höhenzüge, auf denen graue Wolken hockten.
Stammte das Veilchen von Dirk? Hatte Dirk ihn geschlagen? Wenn Charly die Augen schloss, sah er sein blondes Haar über sich, den sonst so akkurat frisierten Schopf aufgelöst, das Gesicht zornrot.
Was war in den Kartons gewesen?
Eva und Dirk plauderten angeregt. Dirk hatte sich abgeschnallt und war auf der Rückbank weit nach vorn gerutscht. Er palaverte, war wieder ganz der Alte, beglückte die Umwelt mit seinem berauschenden Wissen.
»Wegen der Kaolinvorkommen in Nordbayern konnte sich gerade im Fichtelgebirge die Porzellanindustrie entwickeln.«
»Liest du das aus dem Lonely Planet vor?« Charly schwoll der Kamm.
»Blödsinn. Haben wir alles mal gelernt.«
Charly schwieg. Er konnte auf weiteren Zoff gut verzichten.
Schwarze Kacheln. Rote Kacheln. Dirks wütendes Gesicht. Eine Faust auf seiner Wange.
Wenn der Tätowierte zugeschlagen hätte, du lieber Himmel, dann säÃe er jetzt nicht mehr in diesem Auto. Garantiert.
Der hätte seinen Schädel in Klump gehauen.
*
Hauptkommissar Waldschmid hatte Sabina vor seinen PC gesetzt. Es dauerte eine knappe Stunde, dann hatte sie die beiden Männer identifiziert, mit denen Charly an jenem Abend in Kulmbach Schwierigkeiten bekommen hatte.
»Hm«, machte Waldschmid. »Die Burschen sind keine Unbekannten. Beide vorbestraft. Körperverletzung, Raub, Drogengeschichten.« Er fingerte an seiner Lesebrille herum. »Hatten Ihre Schüler mit Drogen zu tun?«
»Nein«, sagte ich mit aller Bestimmtheit. »Dafür lege ich beide Hände ins Feuer.«
»Ziehen Sie sich mal keine Brandblasen zu. Crystal Meth oder Ecstasy, die hat fast jeder Jugendliche schon probiert.«
»Unsinn.«
»Bei Eva bin ich mir sicher: Sie hat keine Drogen genommen. Sie trank nicht mal Alkohol«, meldete sich Sabina zu Wort.
»Von den beiden Jungs wissen wir nichts?« Waldschmid machte sich eine Notiz.
»Mir ist nie, wirklich nie irgendwas aufgefallen«, redete ich mich in Rage.
Waldschmid grunzte. Wahrscheinlich unterdrückte er einen Aufschrei angesichts meiner Naivität.
»Welche Drogengeschichten hatten denn die beiden Schläger am Hals?«, wagte ich mich vor.
»Besitz und Handel. Der Glatzkopf hier hat mit Crystal Meth gedealt. In richtig groÃem Stil, er hat Vertriebsleute auf den Schulhöfen in ganz Bayern.«
Auch auf meinem? Hatte ich die Augen verschlossen? War ich einfach zu wenig von dieser Welt?
»Sein Kompagnon hatte mal eine gut gehende Crystal-Küche, aber aus Mangel an Beweisen konnte man ihm nicht am Zeug flicken.«
»Was werden Sie jetzt tun?«, fragte Sabina.
»Nachfragen, was unsere beiden Freunde in der Mordnacht getrieben haben.«
*
Charly schlich hinter Eva her
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