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Wer nach den Sternen greift

Wer nach den Sternen greift

Titel: Wer nach den Sternen greift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Bickmore
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geben.«
    Alex schoss der Samstagabend in London durch den Kopf. »Was ist mit Frauen aus unserer Schicht? Werden sie denn nie ungewollt schwanger?«
    »Oh, meine Liebe, überall auf der Welt werden Frauen ungewollt schwanger. Aber Frauen aus Ihrer Schicht können zu Verwandten ins Ausland geschickt werden und das Kind dort zur Adoption freigeben oder, in der Schweiz zum Beispiel, auch abtreiben lassen. Möglicherweise gehen sie auch zu Abtreibungsärzten hier in England. Manche Frauen versuchen allerdings auch, die unerwünschte Schwangerschaft mit Stricknadeln oder Kleiderbügeln zu …«
    Alex stöhnte gequält auf, und Clarissa war blass geworden.
    »… beenden, oder sie nehmen irgendwelche ätzenden Flüssigkeiten, die ihnen empfohlen werden. Die Zahl der Frauen, die dabei zu Tode kommen, ist sehr hoch. Ungewollte Schwangerschaft ist die Geißel der Frauen. Niemand sollte ein unerwünschtes Kind bekommen, wirklich niemand.«
    Ben hatte die Stimme erhoben, und seine Augen bekamen einen harten Ausdruck.
    »In Indien sterben die Frauen zu Tausenden, weil sie viel zu oft schwanger werden, jedes Jahr ein Kind bekommen und ihr Körper dem nicht gewachsen ist.«
    Unbehagliches Schweigen senkte sich über den Raum.
    Nach ein paar Minuten erhob sich Ben und sagte: »Meine Damen, ich muss mich entschuldigen. Ich bin an diesem Thema sehr interessiert und vertrete es viel zu leidenschaftlich. Verzeihen Sie. Und es ist völlig in Ordnung, wenn Sie das Baby so lange hier behalten, wie Sie möchten.«
    Er ging, und die Frauen schwiegen, bis Clarissa schließlich sagte: »Du liebe Güte, er geht wirklich mit Leidenschaft an dieses Thema heran. Ich habe es lange nicht mehr erlebt, dass jemand so für eine Idee eintritt.«
    In der Eingangshalle ertönten Schritte, und auf einmal stand Oliver im Esszimmer.
    »Ah, ich komme rechtzeitig zum Frühstück.« Er warf sein Cape und seine Lederhandschuhe auf einen Stuhl und trat an die Anrichte.
    »Du kommst früh aus London.«
    »Nein, eigentlich spät. Ich habe die ganze Nacht lang Karten gespielt und bin bei Sonnenaufgang aufgebrochen. War das nicht der Bruder des Doktors, der mir gerade entgegengekommen ist? Ist jemand krank?«
    »Er hat nur rasch vorbeigeschaut.«
    Oliver belud sich seinen Teller mit Toast und Marmelade, Eiern und Würstchen und setzte sich ans Tischende. Er aß, ohne seine Frau oder seine Mutter eines Blickes zu würdigen. Schließlich blickte er auf.
    »Was zum Teufel ist das denn?«, fragte er und wies auf das Körbchen, in dem das Baby lag. »Ist das etwa ein Baby?«
    Alex nickte.
    »Und wessen Kind ist es?«
    »Das weiß niemand«, antwortete Clarissa. »Es lag vor unserer Tür.«
    »Nun, und was macht ihr hier damit? Lasst es auf der Stelle ins Waisenhaus bringen.«
    Alex fragte sich unwillkürlich, ob er für ungewollte Schwangerschaften verantwortlich war, ob auch er das Leben mancher Frauen ruiniert hatte.
    Als keine der beiden Frauen antwortete, läutete Oliver. Ein Lakai kam ins Zimmer.
    »Ich hätte gerne frischen Tee«, sagte Oliver, »und Reginald soll herkommen.«
    Alex rührte sich nicht und sagte auch nichts. Sie ballte die Fäuste.
    Als Reginald eintrat, befahl Oliver: »Reginald, nehmen Sie den Korb und bringen Sie ihn ins Waisenhaus. Scully fährt Sie dorthin. Geben Sie das Kind persönlich ab.«
    Alex griff nach dem Körbchen. »Das geht dich nichts an, Oliver. Dieses Kind gehört nicht dir. Reginald wird es nicht zum Waisenhaus bringen.«
    Der Butler sah unsicher von einem zum anderen.
    »Dies ist mein Haus, und hier wird getan, was ich sage. Was sollen wir hier mit einem fremden Baby?«
    Clarissa erhob sich. »Dies wird eines Tages dein Haus sein, aber der Tag ist noch nicht gekommen. Und bis dahin ist es mein Haus.«
    »Und wessen Baby ist es?«, wollte Oliver wissen.
    »Meines«, erwiderte Alex und hielt das Körbchen fest an sich gedrückt.
    »Deines?« Oliver lachte. »Das bezweifle ich. Der Vater bin ich jedenfalls ganz gewiss nicht.«
    »Nein, hoffentlich nicht.«
    »Dann kann es nicht deines sein.« Er maß sich mit ihr.
    »Du weißt doch gar nicht, was ich tue, wenn du weg bist.«
    Clarissa riss die Augen auf, und Reginald schürzte unmerklich die Lippen.
    Oliver lachte dröhnend. »Meine Liebe, ich habe Samstagnacht mit dir verbracht. Du warst nicht schwanger.«
    »Und doch ist dieses Kind meines.« Alex’ Stimme war kalt.
    Oliver entspannte sich sichtlich. »Ach, jetzt hör auf, Alex. Und du auch, Mutter. Na schön, man hat euch

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