Wer nach den Sternen greift
treffen uns übrigens einmal in der Woche zum Mittagessen, und er würde gerne am Dienstag mit dir essen.«
»Warum fragt er mich denn nicht?«
»Hast du dich nicht gewundert, warum er gestern nicht zu Hause war?«
»Mama sagte irgendetwas von einem Termin in der Bank.«
»Er wohnt nicht mehr dort, Alex. Dein Vater ist schon vor Jahren ausgezogen. Deine Mutter weigert sich nur, es zuzugeben.«
Alex rang nach Luft. »O Grandpa.«
»Am besten sagst du deiner Mutter, dass du am Dienstag mit mir essen gehst, und dann treffen wir uns mit deinem Vater. Du darfst ihm keinen Vorwurf machen, Alex. Jeder braucht Liebe, und dein Vater hat sie gefunden. Er ist äußerst diskret, um deine Mutter nicht in Verlegenheit zu bringen. Wenn sie eine ihrer berühmten Partys gibt, ist er anwesend. Bei Einladungen, bei denen sie zusammen erscheinen müssen, begleitet er sie ebenfalls. Natürlich weiß jeder Bescheid, aber niemand sagt etwas. Ich muss zugeben, dass ich mich ihm näher fühle als deiner Mutter.«
»Das ist genau wie bei Oliver.«
»Ich wollte dir sagen, dass zumindest ich es gutheiße, wenn du irgendwo anders Liebe findest. Eine so junge und schöne Frau wie du sollte nicht ohne Liebe leben müssen. Und das sage ich dir jetzt, weil ich gestern gesehen habe, wie dieser Franzose dich angeschaut hat. Wenn du etwas für ihn empfindest, Alex, dann geh zu ihm.«
»O Grandpa, ich kenne ihn doch erst seit drei Tagen.« Drei Tage, einundzwanzig Stunden und siebzehn Minuten, dachte sie und blickte auf die Uhr. »So schnell kann doch die Liebe nicht kommen.«
Frank schüttelte den Kopf. »Gib dir die Chance, herauszufinden, was dahintersteckt. Ich nehme mein Eheversprechen nicht auf die leichte Schulter, Alex, und ich war nie, kein einziges Mal in meinem Leben, in Versuchung, fremdzugehen, aber Annie gibt mir auch alles, was ich in einer Beziehung brauche, und ich hoffe, es geht ihr mit mir genauso. Aber was hast du?«
»Meine Kinder.«
Frank nickte. »Ja, und eines Tages gehen sie aus dem Haus, und dann?«
»Nun, Hugh wird nicht aus dem Haus gehen. Er wird den Titel erben, und vielleicht werde ich diejenige sein, die geht.«
»Mit wem und wohin willst du gehen? Sicher, manche Menschen entscheiden sich ganz bewusst dafür, allein zu leben, aber ich möchte, dass du zumindest einmal erlebst, was deine Großmutter und ich zusammen gefunden haben.«
»Wird das nicht eher zu noch größerem Leid führen, da ich ja bereits verheiratet bin?«
»Vielleicht. Die Liebe ist nicht für jeden so einfach wie für Annie und mich. Und eines Tages werden selbst wir das Leid erfahren, den anderen zu verlieren. Das ist der Preis, den du für das Glück bezahlst.«
»Ich habe Angst, Grandpa.«
»Natürlich. Die Höhen und Tiefen von Gefühlen auszuloten macht einem immer Angst. Deine Mutter hat dies ihr ganzes Leben lang vermieden und sich von allem abgewandt, das ihr Erfüllung hätte schenken können. Es geht nicht um Sicherheit, meine Liebe. Du musst das Leben in all seinen Facetten erfahren und zugleich versuchen, niemanden zu verletzen. Wahrscheinlich bist du die Einzige, die dabei verletzt wird, aber das ist eben der Preis, den du bezahlen musst. Und er ist es wert, glaube mir. Deinen Mann wird es nicht verletzen, und ich könnte mir vorstellen, dass auch Clarissa nicht allzu entsetzt wäre, wenn sie es entdeckte.«
»Ich kann mich nicht scheiden lassen.«
»Ich rede nicht von Scheidung. Ich rede davon, dass du in der Situation, in der du steckst, das Glück findest.« Er griff nach ihrer Hand. »Jemand muss dir ja einen Ratschlag geben, und da ich dich so sehr liebe, kann ich es wahrscheinlich am besten.«
Alex wandte sich ab, damit niemand ihre Tränen sehen konnte.
»Erzähl mir von ihm …«
»Seine Familie besitzt Weinberge. Er ist geschäftlich hier und will nach Kalifornien, um dort Land zu kaufen und ein Weingut aufzubauen.«
»Will er es in Kalifornien führen?«
Alex schüttelte den Kopf. »Nein, seine Schwester.«
Frank lachte. »Die Familie gefällt mir schon jetzt. Wie war noch mal sein Name?«
»Philippe Renoir.«
»Und wann willst du ihn wiedersehen?«
Alex holte tief Luft. »Er wohnt im Plaza und will, dass ich heute Abend zu ihm komme.«
Frank drückte seiner Enkelin die Hand. »Und willst du hingehen?«
»Ich glaube schon.«
»Hier«, sagte er und griff nach ihrem Umhang. »Wenn die Lichter ausgehen, lauf zum Plaza. Ich werde es noch nicht einmal Annie erzählen.«
Alex blickte ihn an. »Oh,
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