Wer nach den Sternen greift
freue mich darauf, hier ein Weingut zu führen.«
»Ich kenne überhaupt keine unverheirateten Frauen.«
Lächelnd tätschelte Michelle Alex die Hand. »Ich auch nicht.«
»Sie können sehr gut mit Kindern umgehen.«
»Unsere ganze Familie ist kinderlieb, aber ich habe nicht das brennende Verlangen nach eigenen Kindern. Ich hätte ja gar keine Zeit für sie. Ich bin sehr glücklich. Und« – sie schaute Alex eindringlich an – »ich möchte, dass mein Bruder glücklich ist.«
Alex blickte zu Philippe, der mit Lina an der Hand vor dem Löwenkäfig stand. »Und Sie sind der Meinung, das liegt an mir.« Es war eine Feststellung, keine Frage.
»Er glaubt, Sie zu lieben.«
»Wollen Sie, dass ich mich von ihm fernhalte, weil ich verheiratet bin?«
»Nein, keineswegs. In Frankreich hat die Ehe mit Liebe meistens nichts zu tun, und Affären gehören zum Alltag. Ich kenne einige Leute, die zwanzig, dreißig Jahre lang Affären hatten. Amerikaner hingegen sind so romantisch, zu glauben, dass Liebe und Ehe zusammengehören.«
»Glauben Sie nicht an die Liebe?«
»Au contraire. Ich liebe selbst einen verheirateten Mann, was für mich die beste aller Möglichkeiten ist. Es bedeutet, dass ich mich frei bewegen, aber auch ab und zu romantische Wochenenden mit ihm verbringen kann.«
»Und das ist Ihnen genug?«
»Was haben Sie, was ich nicht habe? Kinder, oui. Reizende Kinder. Mein Bruder hat sich übrigens auch in Ihre Kinder verliebt, und er ist ein wundervoller Vater. Aber ich beneide Sie nicht. Sie haben Verpflichtungen, die ich nicht habe. Ich liebe die Freiheit. Für Sie wird es viel schwieriger sein, eine Affäre zu haben, als für mich oder Philippe, weil wir niemanden anlügen müssen.«
»Ich kenne keine Frau, die so ist wie Sie.«
»Was hoffentlich nicht bedeutet, dass Sie mich nicht mögen. Ich möchte von der Frau, die Philippe liebt, gemocht werden.«
»Nein, es bedeutet eher, dass ich mein eigenes Leben in Frage stelle, wenn ich Ihre Art zu leben betrachte.«
»Das sollten Sie auch tun, und vor allem sollten Sie sich fragen, ob Sie aus der Zeit, die Ihnen auf Erden gegeben ist, das Beste machen.«
»Tut das überhaupt jemand?«
Michelle zuckte mit den Schultern. Sie gingen gerade am Tigerkäfig vorbei. »Eines Tages möchte ich auf Safari gehen. Wenn ich die Kunst der Fotografie beherrsche und wenn ich mir einen Urlaub leisten kann.« Sie lächelte. »Vielleicht möchten Sie ja mit mir nach Afrika kommen.«
»Nach Afrika? Nun, das bezweifle ich.«
»Würden Sie sich dort nicht wohl fühlen?«
»Nein, ganz bestimmt nicht. Ich glaube, ich bleibe eher auf Schloss Carlisle. Dort habe ich mich anfangs auch nicht wohl gefühlt, aber mittlerweile kommt es mir immer mehr vor wie mein Zuhause.«
Alex verbrachte zehn der vierzehn Nächte, die Philippe in New York war, mit ihm. Sie sah mehr von seinem Bett im Plaza als von ihrem Zimmer zu Hause. Im Morgengrauen lag sie jedoch immer in ihrem eigenen Bett, und ihre Mutter wunderte sich, warum sie morgens so lange schlief. Sophie hatte keine Ahnung, was sie mit ihren Enkeln anfangen sollte, aber zum Glück war das Spielzimmer, in dem Alex und ihre Brüder so viele verregnete Nachmittage verbracht hatten, noch vorhanden, und dort hielten Lina und Hugh sich auf, bis Alex aufstand oder Frank vorbeikam, um mit ihnen in den Park zu gehen, wo sie Drachen steigen und auf dem kleinen See Boote fahren ließen.
Alex merkte kaum, was um sie herum vorging. Sie aß mechanisch und unterhielt sich mit ihren Tischherren bei den Gesellschaften, zu denen sie mit ihrer Mutter eingeladen war. An dem Tag jedoch, an dem sie und Frank mit Colin zu Mittag aßen, hörte sie genau zu.
Ihr Vater wirkte verlegen, als er sie umarmte. Er hatte bereits am Tisch gesessen, als Alex und Frank das Restaurant betraten, und in seiner Eile, auf seine Tochter zuzugehen, warf er sein Wasserglas um. Er versicherte ihr, dass er selbstverständlich auf der Dinnerparty, die ihre Mutter am Samstag gab, anwesend sein würde, und man merkte bei jedem Wort, dass er hoffte, seine Tochter würde ihn nicht allzu sehr verdammen, weil er Sophie verlassen hatte.
Gegen Ende des Essens legte Alex ihm die Hand auf den Arm und sagte: »Papa, ich weiß, wie es ist, unglücklich verheiratet zu sein. Ich mache dir keinen Vorwurf.« Sie wünschte, sie könnte es ihm nachmachen, aber sie hatte in den britischen Hochadel geheiratet, und es war undenkbar für sie, einfach auszuziehen. Und das wollte sie auch
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