Wer nach den Sternen greift
verlassen hat, steht er uns noch näher. Ich glaube, er würde sich scheiden lassen, wenn er nicht dächte, dass du dich dann von ihm zurückziehst. Deine Brüder weigern sich, seine Frau kennenzulernen.«
»Kennt ihr sie?«
»Wir haben uns über die Jahre oft mit den beiden in abgelegenen Restaurants getroffen. Sie sind schon lange zusammen, das ist keine flüchtige Liebesaffäre. Sie hat einen wundervollen Sohn. Genau wie Michael geht er seinen eigenen Weg. Er ist Musiker. Kurz vor Kriegsausbruch hat er sein Examen auf der Juillard School of Music gemacht. Er wird dir gefallen. Dein Vater ist ganz vernarrt in ihn.«
»Warum wolltet ihr denn damals nicht, dass Mutter Daddy heiratete?«
»Sie war in jemand anderen verliebt, in jemanden, den wir für den eindrucksvollsten jungen Mann hielten, dem wir je begegnet waren. Aber Sophie fand, er sei ein Niemand, und außerdem lebte er in Detroit. Der Name deines Vaters war gleichbedeutend mit Reichtum und alteingesessener Familie, und nur darauf kam es deiner Mutter an. Außerdem glaubte sie, der junge Hult würde es ja sowieso nie zu etwas bringen, und Detroit war eben nicht mit New York zu vergleichen.«
»Hult? Die Automarke? Mama war in Mr. Hult verliebt? Ach, du liebe Güte.« Alex brach in Lachen aus. »Und sie glaubte, es würde nichts aus ihm?«
»Ich war sein erster Investor«, sagte Frank, »und bin verdammt stolz darauf. Ich fahre immer noch zu den Aufsichtsratssitzungen, und dann wohne ich in seinem Haus. Es kann wohl niemand behaupten, er habe es zu nichts gebracht. Er will sich jetzt zur Ruhe setzen und das Unternehmen seinem ältesten Sohn übergeben. Außerdem hat er noch zwei Töchter, und ich habe die kennengelernt, die für ihn arbeitet. Im Automobilgeschäft gibt es nicht viele Frauen. Sie hat einen messerscharfen Verstand. Interessante Frau. Unverheiratet. Sie sagte, sie könne nicht verheiratet sein und sich zugleich so intensiv der Firma widmen. Und dann gibt es noch einen Enkel, der wie Lina Medizin studiert.«
»Seltsam, dass sowohl Mutter als auch er Enkelkinder haben, die Ärzte werden wollen.«
»Die Enkelkinder habe ich nicht kennengelernt, aber wenn man den Großeltern Glauben schenken darf, sind sie bemerkenswert.«
»So wie bei euch?« Alex lächelte.
»Genau.« Grinsend zupfte Frank an seinem Schnurrbart.
»Dann liebte Mutter also jemand anderen, als sie Daddy heiratete.« Wie Oliver.
»Ich weiß nicht, ob Liebe in diesem Zusammenhang das richtige Wort ist«, sagte Annie. »Ich bin mir nicht sicher, ob sie überhaupt jemals jemanden geliebt hat. Heute liebt sie Projekte. Wenigstens hast du sie in dieser Hinsicht zum Guten beeinflusst.«
»Ich frage mich, wie es dazu gekommen ist«, meinte Alex nachdenklich. »Sie ist doch mit viel Liebe aufgewachsen.«
»Ich glaube, es hat etwas mit ihrer Schulzeit zu tun«, sagte Frank.
»Aber das kann sich doch nicht auf ihr gesamtes Leben auswirken«, widersprach Annie.
»Wer weiß. Nun« – er wandte sich an Alex –, »du bleibst jetzt also ein paar Monate lang hier?«
»Ja, das habe ich mir selber versprochen. Ich wollte eigentlich mit Mutter ins Kino gehen, aber ihr scheint nicht viel daran zu liegen.«
»Ich gehe mit dir«, erwiderte Annie. »Und du warst auch noch nie in der Radio City Music Hall, oder?«
»Nein, sie wurde gerade gebaut, als ich das letzte Mal hier war.« Das war so lange her. »Lina hat diese Woche Abschlussprüfungen, und den Sommer über will sie sich freinehmen. Ich habe sie gefragt, ob sie mit mir nach Westbury fahren möchte, und sie ist begeistert darauf eingegangen. Wir können einfach nur faulenzen und uns unterhalten und so.«
»Ihr zwei habt viel nachzuholen.«
»Glaubt ihr, sie verzeiht es mir, dass ich sie quasi gezwungen habe, während des Kriegs hierzubleiben?«
»Sie hat natürlich verstanden, um was es dir wirklich ging, als du sie gebeten hast, sich um die Kinder zu kümmern. Aber sie hat die Verantwortung auch geliebt, und sie hat sich nach ihrer Ankunft hier weiterhin engagiert. Und hinzu kam, dass sie so gut mit Sophie zusammengearbeitet hat.«
»Wir müssen miteinander reden. Ich bin ihr zwar durch die Briefe immer nahegeblieben, aber ihr müsst euch vorstellen, ich hatte jetzt meinen Liebling fünf Jahre lang nicht bei mir. Vielleicht steckt sie ja mitten in einer Liebesgeschichte.«
»Sie sagt, sie hat Wichtigeres zu tun, aber Annie und ich finden natürlich, es gibt nichts Wichtigeres.«
»Eure Kinder und Enkel treten nicht
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