Wer nach den Sternen greift
weiter.« Er blickte Annie an. »Entschuldigst du uns, Liebling?«
Sophie, die bis dahin kaum ein Wort gesagt hatte, warf ein: »Ich würde gerne zuhören, wenn es dir nichts ausmacht, Vater.«
Annie, die schon viele Abende mit langweiligen Gesprächen bei Frank und seinen Geschäftspartnern verbracht hatte, war der Meinung, dass ein Abend mehr oder weniger auch nichts ausmachte. Außerdem war dieser junge Mann ungewöhnlich. »Ich glaube, Sie könnten den Eskimos Eis verkaufen«, erklärte sie ihm.
Frederic grinste sie an. »Nun, die brauchen kein Öl von uns. Sie nehmen Waltran als Öl für ihre Lampen.«
»Oh«, sagte Annie, »dieses Öl. Sie meinen, dass die Entdeckung Ihres Großvaters Licht in unser Leben gebracht hat?«
Er nickte.
»Es mag vielleicht kein Silber sein«, erklärte Frank den Frauen, »aber es ist nahe dran. Man nennt es auch schwarzes Gold.«
Sie begaben sich in den Salon, und Frank trat an eine Anrichte mit verschiedenen Flaschen und Gläsern. Er schenkte sich und Hult einen Brandy ein. Fragend blickte er Annie an, und als sie nickte, schenkte er auch ihr ein Glas ein, und zum ersten Mal bekam auch Sophie einen Fingerbreit Brandy. Überrascht und erfreut nahm sie ihr Glas entgegen. Endlich behandelte man sie wie eine Erwachsene.
»Möchten Sie in Detroit eine Fabrik aufbauen?«
Hult nickte. »Das ist eigentlich der Grund, warum ich in New York bin – wegen des Geburtstags meiner Großmutter und um Geld zusammenzubekommen.«
Frank zog die Augenbrauen hoch. »Ich meine doch, Sie sollten es auch ohne Partner schaffen.«
»Mein Geld ist in so vielen Trusts gebunden, dass ich den Betrag, den ich für die Fabrik brauche, nicht verfügbar habe. Und ich muss auch meine Pläne fertigstellen. Bevor ich eine Fabrik errichte, muss ich sicher sein können, dass meine Erfindung funktioniert.«
Einen Moment lang herrschte Schweigen, und weil Annie glaubte, der geschäftliche Teil des Gesprächs sei vorüber, warf sie ein: »Mr. Hult, wir haben eine Loge in der Oper. Am Mittwochabend steht ›Aida‹ auf dem Programm. Möchten Sie uns begleiten?«
Sophie lächelte leicht. Er brauchte noch nicht einmal zu fragen, ob er mit ihr in Kontakt bleiben dürfe.
»Wenn ich Sie danach zum Essen einladen darf.«
»Eine reizende Idee.« Annie lächelte. Das war ein junger Mann für Sophie, der außergewöhnlichste junge Mann, der ihr je begegnet war. Seit Frank und sie jung gewesen waren, hatte sie kein Mann mehr so beeindruckt. Und er sah auch noch gut aus.
»Vielleicht möchte Ihre Großmutter sich uns ja anschließen?«
Hult nickte, und seine Augen strahlten. »Meine Großmutter liebt die Oper sehr«, erklärte er. »Ich kann für sie zusagen. Sie wird begeistert sein. Sie lebt allein und hat nur noch selten Gelegenheit, in die Oper zu gehen.«
Annie warf ihrer Tochter einen vielsagenden Blick zu.
Als Frederic Hult schließlich ging, war es schon fast neun Uhr.
Sophies erste Worte waren: »Mama, eine kleine alte Dame aus einer Kleinstadt in Pennsylvania in der Oper! Alle werden sie sehen!«
Frank brach in Lachen aus. »Ganz gleich, wie klein die Stadt ist, diese kleine alte Dame ist viele Millionen wert.«
»Wie viel Geld sie hat, spielt keine Rolle.«
»Das spielt keine Rolle?«, rief ihr Vater aus. »Willst du denn einen Mann ohne Geld heiraten?«
Sophie zog die Augenbrauen hoch. »Natürlich nicht, aber ich will kein …«
»Du willst nicht mit einer kleinen, alten Landpomeranze gesehen werden, nicht wahr?«
Sophie warf ihrer Mutter einen flehenden Blick zu. »Was ist daran so schlimm?«
Mit gleichmütiger Stimme, was bei ihr immer Missbilligung bedeutete, erwiderte Annie: »Dir scheint die äußere Erscheinung wichtiger zu sein als alles andere. Das ist ziemlich oberflächlich von dir, Liebling.«
»Warum gibst du denn dann so viel Geld für Kleider, Schmuck und dieses Haus aus?«
»Oh«, erwiderte Annie lächelnd, »weil es mir Freude macht.«
»Dir ist es egal, was Leute wie die Vanderbilts und Roosevelts denken.«
»Und die von Rhysdales?«, mischte Frank sich ins Gespräch. »Sophie, wie lange hast du gebraucht, bis du begriffen hast, dass sie uns noch nicht einmal anschauen? Unser Stammbaum ist nicht lang genug. Aber das ist ihr Pech.«
»Genau«, sagte Annie. »Sie wissen ja nicht einmal, wie man das Leben genießt. Ihnen ist nur wichtig, was die anderen denken. Und, Liebling, sie werden es nie zulassen, dass du eine von ihnen wirst. Mir ist es völlig gleichgültig, was
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