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Wer nach den Sternen greift

Wer nach den Sternen greift

Titel: Wer nach den Sternen greift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Bickmore
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nicht kaufen, nicht wahr?«, sagte sie wie zu sich selbst, »aber vielleicht Glück für andere.«
    Clarissa erhob sich, trat zu ihr und nahm sie in die Arme. Tränen standen ihr in den Augen. Alex ergriff ihre Hand.
    Schließlich orderte Clarissa noch eine Kanne Tee, und sie begannen, die Einzelheiten zu besprechen. Es wurde ein langer Nachmittag, der erste von zahlreichen Donnerstagnachmittagen, an denen sie über ihr Projekt diskutierten. Da James Cummins das Gefühl hatte, die Arbeit im Krankenhaus allein nicht bewältigen zu können, schrieb er seinem zwei Jahre jüngeren Bruder, der ebenfalls Arzt war. Er hatte als Stabsarzt in Ägypten und Indien gedient und vertrug das heiße Klima nicht mehr.
     
    Zwölftausend Kilometer entfernt, in einem kleinen, staubigen Ort in Nordindien, packte ein Mann, dessen Haare trotz seiner zweiundfünfzig Jahre noch keine Spur von Grau aufwiesen, seine Habseligkeiten nach fünfundzwanzig Jahren Militärdienst in eine Reisetasche, zog den Reißverschluss zu und dachte: Das ist alles, was ich vorweisen kann.
    Er hatte keine Ahnung, dass sein wahres Leben jetzt erst beginnen würde, dass er sein Schicksal erfüllen und ein anderes Leben führen würde.
    Er glaubte, den aktiven Dienst zu verlassen, um in England als Landarzt zu arbeiten, seinen Garten zu pflegen und am Feierabend im Schaukelstuhl auf der Veranda zu sitzen und den Vögeln zu lauschen. Sein Gefühlsleben war vorbei gewesen, als seine Frau ihn nach über fünfzehn Jahren Ehe verlassen hatte und mit den beiden Kindern nach England zurückgekehrt war, wo sie die Scheidung eingereicht und einen Anwalt geheiratet hatte. Natürlich würde er seine Kinder besuchen und versuchen, erneut eine Beziehung zu ihnen aufzubauen. Er hatte all die Jahre sehr darunter gelitten, dass er sie verloren hatte.
    Manchmal fragte er sich, ob er seine Frau vielleicht nicht genug geliebt hatte, um den Militärdienst für sie aufzugeben und mit ihr nach England zurückzukehren. Sie konnte das Leben als Frau eines Militärarztes in Indien nicht ertragen, aber vielleicht hatte sie ihn auch einfach nicht genug geliebt, um bei ihm zu bleiben.
    Nun, das lag jetzt lange hinter ihm. Das Leben lag hinter ihm, und er richtete sich auf eine Art Ruhestand ein, wenn er mit seinem Bruder zusammen auf dem Land als Arzt praktizierte. Es gab so viele Bücher, die er lesen konnte, er konnte sich Hunde anschaffen, spazieren gehen, angeln. Und die Tatsache, dass er an einem Krankenhaus angestellt wurde, verbesserte seine finanzielle Lage, da seine Regierungspension nur klein war. Als Militärarzt war er mit Durchfall und Cholera, Typhus und Tropenfieber konfrontiert gewesen. Er hatte Hunderte von Blinddarmoperationen durchgeführt, Dutzende von Amputationen (was er mehr als alles andere hasste), hatte unzählige Schusswunden versorgt und viele, viele Babys von Soldatenfrauen entbunden, die bei ihren Männern in Indien geblieben waren.
    Das Leben zu Hause war sicher weniger fordernd und anspruchsloser. Ihm war nie bewusst gewesen, dass die Leute ihn liebten. Der indische Assistent, der in den letzten fünfzehn Jahren bei ihm gewesen war, hatte geweint, als er erfuhr, dass Ben nach England zurückging, doch Ben hatte nichts davon gemerkt, und er wusste auch nicht, dass der Kommandant ratlos gesagt hatte: »Was sollen wir bloß ohne Cummins machen?« Und damit hatte er nicht nur die ärztliche Versorgung gemeint, sondern auch die Abende, an denen ihm der Gesprächspartner fehlen würde, mit dem er so oft über Gott und die Welt diskutiert hatte.
    Ben Cummins wusste nicht, dass er so vielen Menschen so viel bedeutete. Und er hatte keine Ahnung, dass im fernen England zwei Frauen sein Leben auf den Kopf stellen würden. Die eine brachte der anderen gerade bei, einen knallroten Hult zu steuern, und sie kicherten dabei wie Schulmädchen.

25
    A lex starrte aus dem Fenster. Eigentlich hätte sie glücklicher sein müssen. Es war Frühling, die Luft war warm und mild, und sie hatte einen drei Wochen alten Sohn. Einen Sohn, der allergisch auf Muttermilch reagierte, so dass sie ihn noch nicht einmal stillen konnte. Ihre Brüste waren abgebunden worden, bis die Milch versiegt war. Sie hielt ihn im Arm und fütterte ihn mit der Fertigmilch, die er gierig trank. Hugh war kein einfaches Baby, er hatte Koliken und schrie Tag und Nacht.
    Clarissa bestand darauf, eine Nanny einzustellen, damit Alex nachts ein wenig schlafen konnte, aber tagsüber wollte Alex selbst für ihr Kind

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