Wer nicht küsst, der nicht gewinnt: Roman (German Edition)
er haftet mir tagelang an.«
»Vielleicht könnten Sie ihn ja als Aftershave vermarkten«, schlug ich vor und bremste mich dann. Musste ich ausgerechnet jetzt meine Flirt-Ader aktivieren?
»Eine berufliche Veränderung wäre gar nicht schlecht«, stieg er darauf ein. Plötzlich ging das Licht wieder an.
Er ließ die Arme sinken, und ich trat schnell ein paar Schritte zurück, um ihn genauer zu betrachten. Er trug einen dunkelgrünen Pullover über seiner schwarzen Jeans, die er in Motorradstiefel gesteckt hatte, und in seiner Halskuhle glitzerte die Kette. Auf seinem Gesicht glänzte Schweiß, als hätte er einen Marathon hinter sich, und unter seiner Nase war ein komischer dunkler Fleck.
»Sie hatten Nasenbluten.«
»Nur ganz leicht.« Er nahm ein Papierhandtuch und wischte sich sauber. »Das kann schon mal passieren, wenn man durch die Zeit rast. Da geraten die Moleküle durcheinander.«
»Dann hätten Sie vielleicht nicht herkommen sollen«, sagte ich. Mein Gehirn arbeitete wie wild, nachdem der erste Schock verdaut war. Der Kontrast zu dem Elliot, mit dem ich zuvor geredet hatte, war enorm. Dies hier war die ausgereifte Variante, die der jüngeren Ausgabe durchaus vorzuziehen war. »Ich habe mir das Foto angeschaut, das Sie mir dagelassen hatten«, erzählte ich ihm. »Bin das wirklich ich?«
»Natürlich sind Sie das.« Er schaute mich ernst an. »Ich dachte, das könnte Ihnen bei der Entscheidung helfen. Haben Sie Ihre Hochzeit schon abgesagt?«
»Nein, natürlich nicht.« Ich zuckte zusammen, als mir einfiel, dass ich den Verlobungsring noch in der Tasche hatte.
»Hätte mich auch gewundert.« Er strich sich das Haar zurück. »Ich dachte mir schon, dass ich noch etwas mehr Überzeugungsarbeit leisten muss.«
»Das ist alles so … unwirklich«, stammelte ich.
»Ich weiß«, sagte er traurig. »Aber Sie müssen es tun.«
»Schauen Sie, das ist nicht so einfach …«
Mit einer Handbewegung schnitt er mir das Wort ab. »Glauben Sie mir, Sash … Miss Clayton. Ich weiß, dass ich viel von Ihnen verlange, aber auf lange Sicht werden alle davon profitieren, wenn diese Hochzeit nicht stattfindet.« Ich fragte mich, wie er sich da so sicher sein konnte.
Es gab eine Menge Dinge, die ich ihn gerne fragen würde, aber ich wusste nicht, wo ich beginnen sollte.
»Was, wenn ich nicht mehr ändern kann, was bereits passiert ist?«, erkundigte ich mich schließlich, und er zuckte mit den Achseln.
»Es ist doch noch gar nicht passiert. Nicht hier und in dieser Zeit«, sagte er. Meine Schläfen pochten.
»Ich habe noch etwas mitgebracht, das ich Ihnen zeigen wollte.« Er griff in die Tasche und zog eine Handvoll Staubflusen hervor. »Mist.« Der Staub rieselte durch seine Finger und verteilte sich auf den Fliesen.
»Was ist das?«
» War . Was war das?« Er presste seine Hände an die Schläfen und ließ seine Schultern hängen. »Verdammte Kopfschmerzen habe ich mit einem Mal«, sagte er, ganz grau im Gesicht. »Das war ein Zeitungsausschnitt. Einige Dinge überstehen eine solche Reise nicht besonders gut, und Zeitungspapier gehört offenbar auch dazu.« Es kostete ihn sichtlich Mühe, die Worte verständlich zu artikulieren.
»Ein Zeitungsausschnitt?« Ich hatte das dumpfe Gefühl, dass mir nicht gefallen würde, was ich jetzt zu hören bekam.
»Ihr Vater, tut mir leid …«, sagte er.
»Hören Sie auf«, fuhr ich ihn an, in erster Linie, um auf Zeit zu spielen. »Leid tut Ihnen überhaupt nichts. Soweit ich weiß, haben Sie doch alle Karten in der Hand. Ich bin diejenige, die Angst haben muss. Angst, dass es kein Zurück mehr gibt.« Mir ging die Puste aus, und ich starrte ihn an.
»Es gibt ein Zurück«, sagte er und stützte sich an der Wand ab. »Ignorieren Sie mich einfach. Sagen Sie mir, dass ich Sie nicht mehr belästigen soll, und Sie werden nie wieder etwas von mir hören oder sehen.« Er steckte seine Hände unter die Achseln und schaute mich mit hängenden Augenlidern durch seine Wimpern hindurch an. »Aber versuchen Sie wenigstens, mich davon abzuhalten, Belle zu heiraten. Bitte! Ich habe niemanden, den ich sonst darum bitten könnte.«
Missmutig schaute ich aus dem rechteckigen Fenster unterhalb der Decke. Der Himmel war mit Sternen übersät. »Was wollten Sie mir denn über meinen Vater mitteilen?«
»Er war im Gefängnis«, sagte er geradeheraus. Die Worte trafen mich wie ein Faustschlag.
»Dad? Unmöglich.« Heftig schüttelte ich den Kopf. Allein der Gedanke war absurd. »Dad hat
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