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Wer nie die Wahrheit sagt

Wer nie die Wahrheit sagt

Titel: Wer nie die Wahrheit sagt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Take-off. Ich hätte nicht gedacht, dass ich noch lachen kann, aber offenbar klappt’s doch.«
    »Du solltest deswegen keine Schuldgefühle haben. Du hättest Gabriella sehen sollen. Sie war so aufgeregt, als ich heimkam, so stolz auf sich und auf Sean, dass sie es kaum abwarten konnte, mir zu zeigen, was er schon kann. Dieses Beinheben, das wird in keinem Ratgeber erwähnt. Gabriella hat ihn auf Video aufgenommen, als er’s bei mir machte. Ich schwör dir, sie wollte heute Abend überhaupt nicht mehr weg. Ich erwarte fast, dass ihr Mann mich demnächst anruft und sich beschwert, weil wir sie angeblich ausnutzen.«
    Savich legte die Hand auf ihre Hüfte, knetete sie ein wenig und dachte, dass sie wohl etwas dünner geworden war. Dann küsste er sie auf die Stirn, legte den Kopf zurück und starrte hinauf zur schwarzen Decke.
    »Dillon?«
    »Hm?«
    »Ich wollte warten, bis Sean im Bett ist und wir schön entspannt hier liegen.«
    »Worauf wolltest du warten, Schatz?«
    Sie holte tief Luft. »Mir ist einiges eingefallen, was an dem Tag in der Schalterhalle passiert ist.«
HEMLOCK BAY
    Hoyt sagte: »Das glauben Sie mir nie, Simon.«
    »Ja, ja, also was, Clark?«
    »Lieutenant Dobbs, er hat …«
    Simon hörte etwas, eine Art Bewegung auf dem Rücksitz, aber gerade, als ihm klar wurde, dass etwas anders war, als es sein sollte, traf ihn etwas Hartes an der rechten Schläfe. Er sank nach vorne aufs Lenkrad, und seine Stirn knallte auf die Hupe.
    Sie dröhnte.
    »Simon? Simon, wo sind Sie? Was zum Teufel ist da los bei euch?«
    Auch Lily hörte die Hupe. Ihr Mietwagen? Aber Simon war doch da, ganz sicher. Dann merkte sie, dass etwas nicht stimmte. Blitzschnell kam sie auf die Füße und begann auch schon die makellos gepflegten Wege entlang zum Besucherparkplatz zu laufen. Sie hörte einen Mann hinter sich herrennen, bloß einer; sie hörte das dumpfe Knirschen von Kies unter seinen Füßen. Sie rannte schneller, weg vom Parkplatz, rannte in den dichten Ring aus Tannen. Sie war schnell, war es immer schon gewesen.
    Sie hörte den Mann rufen, aber es galt nicht ihr. Er rief seinem Komplizen etwas zu. Was war mit Simon geschehen? Die Hupe dröhnte noch immer, jetzt aber weiter entfernt. Und da wurde ihr klar, dass er auf die Hupe gefallen sein musste. War er tot? Nein, nein, das konnte nicht sein.
    Sie rannte zwischen den Bäumen hindurch, hinten raus, und da waren nur noch Klippen, verdammte Klippen, meilenweit, nach Norden und nach Süden. Sie war schon hier gewesen, aber in diese Richtung gab es kein Entkommen. Was tun?
    Sie rannte am Rand der Klippen entlang, suchte nach einem Weg nach unten und fand auch prompt einen, ein paar Meter weiter, kurz vor einer Biegung der Klippen – wahrscheinlich durch Erosion entstanden. Es war ein furchtbar schmaler, windungsreicher Weg, und sie nahm ihn, ohne zu zögern. Es gab nichts da unten, außer leeres Land mit ein paar Bäumen und Wasserrinnen. Die würden sie bestimmt erwischen, entweder das oder sie einfach niederschießen. Vielleicht war ja was unten am Strand. Alles war besser, als hier zu bleiben und eine perfekte Zielscheibe abzugeben.
    Der Pfad war steil, und sie musste langsam gehen. Dennoch stolperte sie ein paarmal, und das letzte Mal musste sie sich an einem Busch festkrallen, der am Weg wuchs, um nicht abzustürzen. Der Busch besaß Dornen, und sie spürte, wie sie ihr die Hände und Finger aufrissen. ’
    Wie aus der Ferne hörte sie über sich das Gekreisch von Vögeln.
    Die Männer mussten die Klippen nun fast erreicht haben. Sie würden ihr folgen. Was gab’s bloß da unten außer noch mehr Strand? Es musste irgendwo ein Versteck geben, irgendwas, eine Höhle vielleicht.
    Sie keuchte angestrengt, bekam kaum noch Luft. In der Seite fühlte sie ein schmerzhaftes Stechen. Sie ignorierte es. Sie musste ruhig bleiben, durfte die Beherrschung nicht verlieren.
    Stur hielt sie den Blick fest auf den gewundenen Pfad gerichtet. Hörte der denn nie auf? Jetzt hörte sie die Männer, sie brüllten ihr von oben zu, zurückzukommen, sie würden ihr nichts tun.
    Noch drei Schritte, und dann ertönte ein Schuss. Die Kugel prallte an einem Stein, kaum dreißig Zentimeter von ihrem rechten Fuß entfernt, ab, und Steinsplitter spritzten in alle Richtungen. Einer traf sie am Bein, ging jedoch nicht durch ihre Jeans hindurch.
    Lily machte sich so klein wie möglich, bog nach links ab, dann nach rechts, immer weiter runter, bis ihre Füße schließlich auf dem harten Sand aufkamen.

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