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Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition)

Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mechthild Lanfermann
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mir.«
    Eichwald musterte ihn.
    »Soll ich dich nicht doch besser zum Krankenhaus fahren?«
    »Unsinn. Lass mich nur einen Moment hier sitzen, dann geht’s schon wieder. Gibst du mir bitte meinen Stock aus dem Scheißhaus?«
    Eichwald ging zurück in die Kabine, in der es nun schon viel weniger schlimm roch, und holte den schwarzen Stock mit dem goldenen Knauf, der in der Ecke lehnte. Blattner schien sich langsam zu erholen, er lachte leise.
    »Mann, so gestunken hat es nicht mehr, seit ich als Soldat die Latrinen putzen musste.«
    Eichwald reichte ihm den Stock und fragte:
    »Was machst du überhaupt hier, um diese Zeit?«
    Ächzend erhob sich Blattner und stellte sich schwer auf den Stock. Dann winkte er Eichwald näher.
    »Wollte dich sprechen. Hab mir gedacht, dass du noch hier bist. Komm, hilf mir mal. Lass uns in dein Büro gehen.«
    Eichwald zögerte einen Moment, dann hakte er sich bei ihm unter. Jetzt hoffte er auch, dass niemand mehr im Gemeindehaus war.
    »Macht nicht gerade einen guten Eindruck – wir beide zu so später Stunde noch hier, ganz allein.«
    »Wieso, meinst du, sie halten uns für ein Liebespaar?« Der alte Mann lachte heiser über seinen Witz. Eichwald schwieg. Quälend langsam ging das Treppensteigen vorwärts. Einen Aufzug hatte das Gebäude nicht. Im Büro des Bürgermeisters angekommen ließ sich Blattner schwer atmend in den Besucherstuhl fallen. Eichwald ging nach nebenan und holte Gläser und eine Flasche Wasser. Sein kalt gewordener Tee war dunkel, schwarze Flecken schwammen an der Oberfläche. Er goss ihn weg.
    Blattner griff nach dem Glas und trank gierig. Eichwald lehnte sich gegen seinen Schreibtisch und verschränkte die Arme. Er wartete ab. Blattner stellte das leere Glas ab. Langsam kehrte etwas Farbe zurück in seine Wangen.
    »Ich wollte dich sprechen, Christian. Weil – nun, ich bin etwas beunruhigt.«
    Eichwald ließ die Arme hängen. Er versuchte, entspannt auszusehen. »Wenn es um das Pfarrhaus geht, dann musst du dir keine Sorgen machen. Der Antrag läuft. Wenn der Pastor draußen ist, gehört es so gut wie uns.«
    Der Alte winkte ab. »Darum geht es nicht.«
    Er nahm noch einen Schluck Wasser, dann sprach er weiter.
    »Sie wollen uns verbieten. Sie kriegen Angst.«
    Schneller als gedacht kam der alte Mann auf die Beine. Er trat dicht an Eichwald heran und legte ihm die Hand auf den Unterarm. »Wir müssen jetzt Korpsgeist zeigen.«
    Eichwald strich mit der Rechten über die alte Hand auf seinem Arm. Es sah aus, als wische er sie weg wie ein Insekt.
    »Du kannst auf mich zählen.«
    Blattner sah ihn lange an. Dann lächelte er und drückte seinen Arm.
    »Wir müssen unsere Pflicht tun. Deutschland braucht uns.«
    Eichwald nickte flüchtig. Er ging um seinen Schreibtisch herum und setzte sich in seinen lederbezogenen Chefsessel.
    Blattner blieb stehen. Schwer auf seinen Stock gestützt ging er zum Fenster und sah hinaus.
    »Manchmal wünschte ich, ich könnte alles hinwerfen.« Er drehte sich zu Eichwald um. »Ich bin krank, Christian. Sehr krank.«
    Langsam ging er wieder auf den Schreibtisch zu und nahm den Brieföffner in die Hand, einen schmalen Dolch aus Messing. Er strich ihn ein paar Mal an den Fingern entlang. »Die Welt ist schlecht, Christian. Kameradschaft zählt nicht mehr viel.«
    Dann begann er, kleine Kerben in das Holz des Schreibtisches zu ritzen. Eichwald erstarrte, gab aber keinen Ton von sich. Blattner warf den Brieföffner wieder auf den Tisch und sagte:
    »Jemand war an den Unterlagen. Es fehlen Belege.«
    Er trat noch einen Schritt näher und legte seine Hand auf die Lehne des Schreibtischstuhls. Der modrige Atem des Alten schlug Eichwald ins Gesicht.
    »Hast du da was mitbekommen?«
    Der Bürgermeister schluckte. »Du weißt, dass ich so etwas nie tun würde.«
    Blattner lächelte. Er hob seine Hand und tätschelte dem jüngeren Mann die Wange. Langsam wurden aus den Berührungen kleine Schläge, immer heftiger klatschte die Hand auf das Gesicht. Eichwald zuckte, aber hielt stand. Plötzlich ließ der alte Mann von ihm ab, als hätte er die Lust an der Züchtigung verloren.
    »Du und ich, wir haben Lukas zu sehr freie Hand gelassen.«
    Blattner nahm wieder seinen Stock. Er ging um den Schreibtisch herum und ließ sich in den Besucherstuhl fallen.
    »Schäbig ist dein Büro, Christian. Und wie das hier riecht! Nach Essig! Hier stinkt’s, Eichwald.«
    Er beugte sich nach vorn und legte die Hände auf den Schreibtisch.
    »Aber so einen Posten

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