Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition)
Abdruck des Koffers zu sehen. Blume starrte in den Verschlag und sagte tonlos:
»Sie haben uns wichtige Informationen vorenthalten, Frau Lorenz. Dafür werden Sie sich verantworten müssen. Vielleicht hätten zwei Menschenleben gerettet werden können.«
Es war still in der Kirche. Emma hielt den Atem an und sah zur Lehrerin. Gesine Lorenz murmelte:
»Lukas hat den Verschlag vor Jahren mal erwähnt. Ich hab nicht daran gedacht. Eichwald hat mich erst wieder darauf gebracht.«
Emma starrte die Frau an. Sie wurde nicht schlau aus ihr. Lange hatte es so ausgesehen, als deckte sie die Drogengeschäfte der Rechten Liga und trauerte um ihren Freund Lukas Brinkmann. Jetzt schien es so, als habe sie kaltblütig abgewartet, bis es weitere Tote gab. In ihren Worten über Lukas Brinkmann lag so viel Verachtung. Gleichzeitig nahm Emma eine Verzweiflung an ihr wahr, die ihr Angst machte. Irgendetwas verbarg sie noch.
Die Lehrerin verschränkte die Arme, als friere sie, und fragte, an Blume gewandt:
»Was passiert jetzt mit Achim?«
Blume hob den Kopf, und Emma erschrak bei seinem Anblick. Sein Gesicht war eingefallen, tiefe Kerben gruben sich in seine Mundwinkel. Offenbar war auch er von den Worten Achims getroffen. Sein Kontaktmann hatte sich mitschuldig gemacht an Marlons Tod. Hatte Blume nichts davon gewusst?
»Wir werden das prüfen. Ich sage jetzt erstmal einem Beamten Bescheid, dass er Sie zurückfahren soll. Halten Sie sich zur Verfügung.«
Sie gingen an Emma vorbei zur Treppe. Emma drückte sich an die Bretterwand und sah stirnrunzelnd auf die Lehrerin. Sie traute ihr nicht über den Weg. Oder hatte sie bei all der Aufregung, Kälte und Angst etwas falsch verstanden?
Als Blume an ihr vorbeiging, sah er ihr fragend ins Gesicht. Aber sie schüttelte nur den Kopf und versuchte, den Gedanken daran zu verdrängen. Schweigend ging sie hinter den beiden die Treppe hinunter.
Draußen verzog sich ganz langsam die Schwärze der Nacht und wich einem diffusen Grau. Emma sah auf die Uhr. Halb vier. Jetzt kam die Frühschicht der Nachrichten, in einer halben Stunde der Frühredakteur. Sie musste anrufen, aber noch waren nicht alle Fragen geklärt. Sie sah sich um. Gesine Lorenz saß bereits in einem Wagen der Polizei, Blume stand davor und sprach mit dem Beamten. Emma ging darauf zu und klopfte mit den Fingerknöcheln an die Scheibe. Die Lehrerin sah zu ihr und lächelte. Dann ließ sie die Scheibe wenige Zentimeter hinunter.
Emma sagte: »Frau Lorenz, eins beschäftigt mich die ganze Zeit: Woher wussten Sie von Brinkmanns Verrat damals, als er seinen Freund Christian an die Stasi auslieferte? Das hat er Ihnen doch nicht einfach so erzählt, oder? Das ist doch nichts, mit dem man angibt!«
Die Lehrerin lächelte immer noch kalt. Sie streckte den Arm aus, um das Fenster wieder zu schließen, aber Emma fasste mit der Hand nach der Scheibe.
»Wieso hat Lukas Brinkmann es Ihnen erzählt?
Die Frau sah starr vor sich hin. Dann sagte sie: »Sie kannten Lukas nicht. Für ihn war seinen Freund zu verraten eine tolle Tat! Ich kann jeden aus dem Weg räumen, hat er gesagt.« Sie sah hoch, Emma in die Augen. »Es war eine Warnung, Frau Vonderwehr. Du kannst mich nicht verlassen, hat er gesagt. Keiner nimmt mir die Frau weg.«
Emma beugte ihr Gesicht tiefer zum Fenster hinunter.
»Wollte Sie ihm denn einer wegnehmen, Frau Lorenz? Wollten Sie ihn verlassen?«
Die Frau im Wagen sah sie an. Einen Moment schien es, als wollte sie noch etwas sagen, aber dann presste sie die Lippen aufeinander und sah starr geradeaus. Emma spürte eine Hand auf ihrer Schulter.
»Ich glaube, wir müssen uns jetzt alle erstmal erholen.«
Sie richtete sich auf und sah Blume neben sich. Er schien sich jetzt wieder in der Gewalt zu haben. Die Lehrerin beugte sich nach vorn und fixierte Blume. »Was passiert mit Achim Schrandt?« Blume antwortete nicht. Er gab dem Beamten ein Zeichen loszufahren. Gesine Lorenz sah ihm forschend ins Gesicht. Dann ließ sie sich in den Sitz zurückfallen und starrte wieder nach vorn. Der Beamte star tete den Wagen, und sie wandte nicht noch einmal den Blick zurück.
Emma sah ihr hinterher, in ihrem Kopf drehte sich alles. Blume versuchte sie in den Arm zu nehmen, aber sie wand sich heraus und zog ihr Smartphone aus der Tasche. Blume sah ihr dabei zu, wie sie die Nummer der Redaktion antippte.
»Du willst doch jetzt nicht wirklich arbeiten gehen! Emma, du …«
»Ja, Harms, ich bin’s, Emma.« Sie sah zu Blume hoch, der
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