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Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition)

Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mechthild Lanfermann
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der Leitung. Blume hörte ein rhythmisches Klacken. Der Staatssekretär spielte mit seinem Benzinfeuerzeug, wie immer, wenn er nachdachte. Dann sagte er:
    »Zu riskant.«
    Blume biss sich auf die Lippen. Er hatte es erwartet. Trotzdem wiederholte er mit Nachdruck:
    »Er war bei Brinkmann. Vielleicht hat er ihn getötet.«
    »Die Ermittlungen zum Mord sind eine andere Geschichte. Blume, Sie sind Teil meiner Sonderkommission, alles andere ist nachrangig.«
    Staatssekretär Hirsch ließ wieder sein Feuerzeug auf- und zuschnappen. Das klingende Geräusch zerrte an Blumes Nerven. Hirsch sagte:
    »Wenn wir jetzt gegen diesen Rocco Schmitz vorgehen, dann müssen wir unseren Mann als Zeugen nennen. Das könnte unsere monatelangen Bemühungen zunichtemachen.«
    Eine Weile schwiegen beide. Dann sagte Hirsch leise: »Ich werde nichts veranlassen, das unser Vorhaben gefährdet. Haben wir uns verstanden, Blume?«
    Blume sagte ja und beendete das Gespräch.
    Dann wartete er mit abwesendem Gesicht auf den Anpfiff zur zweiten Halbzeit.

Brandenburg, Hofsmünde
    N ach einer halben Stunde bog Emma in die Dorfstraße von Hofsmünde ein. Der Wagen war noch immer kalt, und Emma fror. Der Straßenbelag wechselte von Teer in eine grobe Steinpflasterung, die den Stoßdämpfer des alten Peugeots überforderte. Emma wurde durchgerüttelt und stieg auf die Bremse. Hinter ihr hupte ein Golf GTI und überholte sie mit Tempo. Emma sah ein aggressives junges Gesicht an sich vorbeirasen.
    Auf einem freien Feld am Dorfeingang parkten Autos. Männer schleppten eine chromblitzende Zapfanlage auf den Platz, andere montierten Zeltstangen auf einer Holzplattform. Das Klong Klong der Metallstangen übertönend, riefen sie sich gegenseitig Anweisungen zu. Emma parkte am Rand und kurbelte die Scheiben herunter. Dann zog sie mit klammen Fingern ihr Aufnahmegerät aus der Tasche und hielt das Mikrofon bei laufender Aufnahme eine Minute aus dem Fenster. Ein paar der Männer drehten den Kopf in ihre Richtung, sahen auf ihr Autokennzeichen und machten sich gegenseitig auf sie aufmerksam. Sie nickte grüßend, beendete die Aufnahme und fuhr weiter.
    Ein Großteil des Dorfangers war zu einem Parkplatz umfunktioniert worden, der verlassen dalag. Emma fuhr bis fast vor die Kirche und hielt an. Sie stieg aus und warf einen Blick in die Runde. Wie viele brandenburgische Gemeinden bestand das Zentrum von Hofsmünde aus einer breiten Dorfstraße und den Häusern am Rand. In der Mitte teilte sich die Straße, dort standen die Kirche, ein Haus und ein paar mächtige alte Linden, deren Pracht man jetzt im Frühjahr nur ahnen konnte. Der Platz war gepflastert mit Plakaten der rechten Partei. Weiter unten an der Straße sah Emma einen Netto-Supermarkt und eine Opel-Werkstatt. Kein Mensch war zu sehen.
    Emma nahm ihre Tasche aus dem Wagen, schloss ab und ging auf das dunkelrote Backsteingebäude zu. Es war bestimmt über hundert Jahre alt. Ursprünglich eingeschossig, waren die Dachgauben ausgebaut und mit vier kleinen Fenstern versehen worden. Kahle Weinranken, dick wie Unterarme, liefen an den Außenwänden entlang. Im Herbst, wenn gelbe und rote Blätter das Haus einhüllten, musste das hier der reinste Postkartenanblick sein. Ein Emailleschild neben der Haustür wies auf die Sprechzeiten im Pfarrhaus hin. Emma stutzte überrascht. Der Vater – ein Pastor? Sie zögerte und warf einen Blick auf die Kirche nebenan. Eine Seitentür stand einen Spalt weit offen. Sie dachte an Jenni und ging quer über den Rasen zur Kirche. Letztes Jahr war es um diese Zeit ungewöhnlich warm gewesen. Emma hatte bei der Beerdigung den Worten des Pfarrers über Jennis kurzes Leben gelauscht, und sie hätte am liebsten gelacht. Nichts von dem, was er sagte, hatte mit Jenni zu tun gehabt. Aber sie hatte nur stumm dagesessen und den Blick gesenkt gehalten. Am Grab war Jennis Mutter zu ihr gekommen und hatte ihr ins Gesicht gespuckt. Helene war ihr mit ihrem weichen Wollhandschuh über die Wange gefahren, hatte den Arm um sie gelegt und war mit ihr und ihrer kleinen Schwester Ida im Schlepptau durch das schweigende Spalier der Trauergäste nach Hause gegangen.
    Emma schob die schwere Kirchentür ein Stück weiter auf und schlüpfte hindurch. Überrascht blieb sie stehen.
    Die hölzernen Sitzreihen waren abmontiert. Stattdessen standen abgelegte Sitzmöbel in lockeren Kreisen herum. Auf einem Couchtisch lagen Zeitschriften, es roch nach kaltem Rauch. Die Apsis war bis auf den mächtigen Granitblock

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