Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition)
Aktionen zu hören. War das denn nicht die Meldung des Tages? Andreas hat das ja nach vorn gesetzt, was ich auch richtig fand.«
Ingrid schoss einen giftigen Blick auf sie ab, während sie sagte:
»Wie soll ich das denn auch noch unterbringen? In erster Linie ging es doch wohl um die Trauer über den toten Lehrer! Ich hatte Kinder drauf, die waren einsame Spitze. Eine Schülerin hat sogar geweint, als ich ihr von dem Mord erzählte!«
Bente kam Emma zur Hilfe.
»Das ist auch noch so ein Thema. Vielleicht sollten wir mal grundsätzlich diskutieren, was in so einem Fall angebracht ist. Ist es vertretbar, Kinder bei einer Gewalttat vor das Mikrofon zu holen? Ich finde, das geht gar nicht.«
Ingrid schnellte nach vorn und wollte gerade antworten, da hob Schulenburg beschwichtigend den Arm.
»Tatsache ist ja wohl, dass kaum einer weghört, wenn ein Kind sich in so einer Sache äußert. Aber Sie haben Recht«, Schulenburg sah zu Bente und Emma hinüber, »das Thema gewinnt an Breite und sollte stärker aufgefächert werden. Wir haben einen rechtsradikalen Lehrer an einer Berliner Grundschule. Wie kann das sein? Das ist doch ein Skandal!«
Mit einem Seitenblick auf Schneiders Unterlagen überprüfte er die Besetzung für den Tag.
»Emma, Sie sind für den Ü-Wagen eingeteilt. Fahren Sie noch einmal zur Schule, versuchen Sie, die Direktorin zu kriegen. Fragen Sie sie zum Rechtsradikalismus aus. Wusste sie davon? Wie kann sie das zulassen? Was sagen seine Kollegen, haben sie davon gewusst? Vielleicht kriegen Sie ja sogar Eltern vors Mikro.«
Emma nickte. Sie hob die Hand und lief rot an, ärgerte sich, dass sie sich wie ein kleines Mädchen in der Schule verhielt. Schulenburg nickte ihr zu. Sie räusperte sich und sagte:
»Ich war gestern noch mal in Hofsmünde, wo Lukas Brinkmann herkommt. Da hab ich mitbekommen, dass die Rechten eine Aktion planen heute Nachmittag am Tatort. Einen Kranz niederlegen oder so. Übrigens ist Helmut Blattner vor Ort. Ich denke, wir sollten auch dabei sein.«
Schulenburg sah sie erstaunt an und wechselte einen Blick mit Schneider. Bente rutschte auf ihrem Platz herum und rief laut:
»Seht ihr, das mein ich! Jetzt geht’s doch schon los! Das war doch eine gezielte Indiskretion, damit wir darüber berichten! Die wollen Brinkmann zum Märtyrer machen!«
Schneider fuhr mit seinen Händen über die Tischplatte vor sich. Er suchte seine Zigaretten, gab es auf und sagte seufzend:
»Wir sind uns aller Gefahren bewusst, liebe Bente. Aber natürlich muss der Ü-Wagen dahin. Was denkst du denn? Wir sind beim Luftballonsteigenlassen sonst wo, und da brennt die Luft, oder was?«
Eine Technikerin kicherte. Bente verschränkte die Arme und wollte gerade etwas sagen, da fuhr Schneider fort.
»Am besten unterstützt du Emma bei der Sache. Kann sein, dass das ein ARD -Angebot wird. Das Interesse steigt gerade rapide an dem Mordfall.«
Bente meinte knurrig:
»Geht nicht, ich bin im Senat.«
Schneider sah erstaunt auf. Dann zog er die Brauen zusammen. Oh je, dachte Emma. Schneider schlug übertrieben geziert die Hände zusammen.
»Im Senat! Na, was haben wir denn da Wichtiges auf der Tagesordnung?«
Er sah Bente an. Sie machte keine Anstalten, in ihren Papieren nachzuschauen, also blätterte er selbst in dem Stapel, der vor ihm lag.
»Eine kleine Anfrage von der CDU nach den Autobränden in der Stadt. Kommt sicher viel Konkretes dabei raus.«
Im Raum war es still. Emma warf einen Seitenblick auf Bente. Ohne eine Miene zu verziehen, sah sie ihren Chef an. Emma hätte Schneider am liebsten vor das Schienbein getreten. Der beugte sich jetzt wieder über seinen Zettel.
»Oh, und dann kommt noch der Bürgermeister von Ulan Bator ins Rote Rathaus. Händeschütteln mit Wowereit. Na, da ist es doch schade, dass wir keine Bilder zeigen können, so im Radio.«
Er warf das Blatt vor sich auf den Tisch, als wolle er es in den Müll fegen. Ohne Bente anzusehen, sagte er:
»Du kannst gerne vorher zum Senat fahren. Emma wird dich dann informieren, wenn es losgeht.«
Bente presste die Lippen zusammen und schrieb etwas auf das Blatt vor ihr. Emma sah, dass ihre Hand dabei zitterte. Harms nutzte die Stille und trug das weitere Tagesprogramm vor. Die Ehefrau eines Fernsehschauspielers hatte einen Ehe-Guide geschrieben, der in dem Rat gipfelte, Duftspray für die Haare zu benutzen. Die beiden kamen gegen Mittag in die Sendung. In der Ratgeberschiene ging es heute um energiesparende Trockner, und gegen Abend
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