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Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition)

Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mechthild Lanfermann
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kommen jetzt klar.«
    Lina Hansen nickte langsam und sah von einem zum anderen. Sie lächelte mit ihren stumpf gewordenen gelben Zähnen, und tatsächlich zwinkerte sie dem Mann zu.
    »War mir ein Vergnügen. Manchmal braucht man eben eine Frau, um die Tür einer Frau zu öffnen. Nicht wahr, Herzchen?«
    Sie antwortete nicht, und das Lächeln der alten Dame verrutschte. Sie versuchte noch einen Blick in das Innere der Wohnung zu werfen, dann gab sie auf, nickte beiden noch einmal zu und stieg weiter die Treppe hinunter. Die beiden sahen ihr nach. Als sie um die Ecke verschwand, drehte der Mann sich zu der Frau um und betrachtete sie. Sie begegnete ruhig seinem Blick und dachte, wie befreiend es doch war, wenn einem das eigene Aussehen gleichgültig geworden war. Sie fragte:
    »Sind Sie wirklich Polizist?« Der Mann nickte.
    »Mein Name ist Edgar Blume. Darf ich kurz zu Ihnen reinkommen?«
    Sie nickte und öffnete die Tür gerade so weit, dass der Mann hindurchschlüpfen konnte. Dann verschloss sie die Tür wieder sorgfältig und hängte die Kette davor. Der Mann war ein paar Schritte in die Wohnung hineingegangen und dann stehen geblieben. Ruhig betrachtete er die Verwüs tung. Nur seine schwarzen Augenbrauen hoben sich wie sich windende Schlangen.

Berlin, Zehlendorf
    E mma hörte die Truppe, bevor sie sie sah. Sie sangen zu einer Musik, die leicht blechern bis in die Clayallee tönte. Als sie von der Sundgauer Straße in den Marschweg einbog, konnte sie einzelne Liedzeilen verstehen.
    »Wir werden uns wehren,
    stolz für unsere Zukunft streiten
    und auf Brechen und Biegen
    soll immer unser Motto sein
    Sterben oder Siegen.«
    Die Begleitung kam aus der Anlage eines VW -Transporters, der mit offenen Türen die Straße blockierte. Das sonst so stille Wohnviertel war geschmückt wie zu einem Straßenfest. Überall standen und saßen Jugendliche, die meisten ordentlich gekämmt und mit Jackett. Viele hatten eine weiße Blume im Knopfloch oder sich ein schwarzes Tuch um den Arm gebunden. Zu beiden Seiten des kleinen Gartentores vor dem Haus hingen schwarz-rot-weiße Fahnen, in der Mitte war ein Blumenkranz mit weißen Narzissen aufgehängt. Wer das Haus betreten oder aus dem Gebäude kommen wollte, musste durch das provisorische Tor gehen. Emma sah am Gebäude hoch. Fast alle Fenster waren geschlossen, Gardinen bewegten sich von verstohlenen Beobachtern. In den Hauseingängen links und rechts standen Nachbarn zu zweit oder zu dritt zusammen und beobachteten das Treiben. Emma sah in neugierige, wütende und auch in zustimmende Gesichter.
    Weiter hinten fast am Ende der Straße entdeckte Emma eine Gruppe von 15, vielleicht 20 Leuten. Ein paar hatten sich auf den Rand des Bürgersteiges gesetzt, die meisten standen zusammen und sahen schweigend zu den Rechten herüber. Sie waren in Schwarz gekleidet, sie hatten die Kapuzen ihrer Jacken über den Kopf gezogen und die Hände in die Hosentaschen gesteckt.
    Der Ü-Wagen stand wie am Samstag unter der kahlen Eiche auf der anderen Straßenseite. Emma kettete ihr Fahrrad an den Laternenmast und klopfte gegen die Scheibe. Bente öffnete ihr.
    »Komm rein. Hast du schon was gegessen? Ich hab noch Kuchen übrig.«
    Emma lächelte und kletterte in den Wagen. Sie war froh, dass Bente so entspannt wirkte. Falls sie den Einsatz hier nicht begrüßte, so schien sie das zumindest nicht an ihr auslassen zu wollen. Sie fragte:
    »Hast du schon mit Schneider telefoniert?«
    Die Kollegin nickte.
    »ARD-Angebot, kurz lang. Zuerst die Nachrichten, einen Aufsager hab ich schon gemacht, den nächsten machst du, dann können sie wechseln.«
    »Hast du die Truppe da hinten gesehen?«
    »Klar. Autonome. Wollen wir hoffen, dass es nicht eskaliert.«
    Emma warf noch einen Blick aus den abgedunkelten Scheiben des Transporters.
    »Ich sehe keine Polizei. Wieso sind sie nicht da? Sollten wir sie nicht informieren, bevor das hier richtig losgeht?«
    Bente wischte sich den Puderzucker aus dem Mundwinkel, dann winkte sie ab.
    »Keine Sorge, die beobachten das Ganze. Lass uns mal lieber unseren Job machen. Kannst du die Nachbarn interviewen?«
    Emma sagte erstaunt:
    »Die Nachbarn? Wollen wir nicht die Rechten …«
    »Das übernehme ich.«
    Emma wollte schon zum Aufnahmegerät greifen, aber Bente war schneller. Sie legte die Hand auf den Rekorder.
    »Kannst du deinen Zoom nehmen? Der hier ist eh viel schwerer.«
    Emma zögerte einen Moment. Mit dem großen Aufnahmegerät des Ü-Wagens landete die Aufnahme

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