Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition)
Ort und würde zu ihr herauskommen, sobald eine erste Stellungnahme möglich war. Emma schrieb aus dem wenigen, was sie wusste, und der Agenturmeldung eine Nachrichtenminute, die sie auf der Straße stehend aufnahm. Kurz vor elf öffnete sich wieder die Haustür, und Blume kam heraus. Emma schnappte sich das klobige Aufnahmegerät des Ü-Wagens. Es war schwerer als ihr mobiles Gerät, hatte aber den Vorteil, dass es über Funk mit dem Computer des Ü-Wagens verbunden war. So konnte die Aufnahme direkt von dem Techniker im Schnittcomputer bearbeitet werden.
Manuel warf die Aufnahme an, und Emma stellte sich an das rot-weiße Band. Blume war am Treppenansatz der Haustür stehengeblieben und unterhielt sich leise und anscheinend erregt mit dem Beamten, der mit seiner breiten Gestalt den Eingang des Hauses versperrte. Emma strengte sich an, aber sie konnte nicht verstehen, was die beiden sagten. Blume warf einen Blick zu ihr, sie lächelte und winkte mit dem Mikro. Er drehte ihr den Rücken zu und sprach weiter auf den Mann ein, der jetzt den Kopf schüttelte. Emma fragte sich, was da los war. Jetzt drehte sich Blume wieder um und ging die Treppenstufen am Eingang hinunter. Ohne sich nach ihr umzusehen, ging er schnell in Richtung seines Wagens. Emma biss sich wütend auf die Lippen. Blume ließ den Motor an und fuhr mit quietschenden Reifen davon.
Eine Viertelstunde später trat der Pressesprecher der Polizei aus dem Haus und winkte mit ernster Miene den Journalisten, zu ihm an die Seite der Absperrung zu kommen. Der Berliner Rundfunk hatte ein Fernsehteam geschickt, zwei Vertreter der Tageszeitungen warteten in parkenden Autos, eine Frau mit einer Handkamera und ein Mann vom Konkurrenzsender waren aufgetaucht. Der Mann studierte sein Aufnahmegerät und sprach immer wieder probehalber in sein Mikrofon. Ein Praktikant, vermutete Emma. Sie selbst saß auf dem Beifahrersitz des Ü-Wagens und las Zeitung. Dabei hatte sie die Haustür hinter der abgesperrten Linie im Blick. Manuel spielte hinten im Wagen PC-Spiele am Computer. Als der Beamte auftauchte, stieg Emma aus dem Wagen, ging nach hinten und griff nach ihrem Aufnahmegerät. Manuel wechselte mit einem Blick nach draußen die Oberfläche auf dem Bildschirm und ließ die Fingerknochen knacken. Sie lächelten sich an – endlich ging es los.
Zufrieden sah der Pressesprecher auf die ihn umringenden Mikrofone und Papierblöcke. Er lächelte in die Richtung der Kamera und begann im üblichen Amtsdeutsch den Vorfall zu schildern.
»Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass der hier gemeldete Lukas Brinkmann eines gewaltsamen Todes starb.«
Gegen sechs Uhr heute morgen hätten Nachbarn Lärm vernommen, dann einen Schrei. Sie hätten die Polizei informiert, die nach kürzester Zeit vor Ort gewesen sei.
Die Kamera surrte, der Mann lächelte, und Emma registrierte einen Fleck auf seiner Krawatte. Das wird ihn heute Abend ärgern, dachte sie, wenn er sich im Fernsehen sieht. Laut fragte sie:
»Ich nehme an, dieser Lukas Brinkmann wurde hier eben im Sarg herausgetragen. Oder sind weitere Menschen verletzt worden?«
Der Pressesprecher sah auf Emma und ihr Mikrofon. Im Dezember hatte er sich bei einer Wasserleiche verplappert und ihr Details verraten, die noch intern hätten bleiben sollen. Emma fand, dass es nicht ihre Schuld war, wenn er ihr etwas erzählte, was sie noch nicht wissen sollte. Seitdem war er zurückhaltend, wenn sie ihn interviewte.
»Darüber kann ich Ihnen bei dem frühen Stand der Ermittlungen noch nichts sagen.«
»Kommen Sie, wir stehen hier seit Stunden«, sagte einer der Journalisten, der vor 10 Minuten mit dem Auto seiner Zeitung angebraust gekommen war, »können Sie uns und unseren Lesern nicht noch etwas mehr über den Fall erzählen?«
»Es tut mir leid, dass Sie so lange warten mussten«, der Pressesprecher lächelte jetzt wieder in Richtung der Fernsehkamera, »wir wollten sichergehen, dass zunächst die Angehörigen informiert sind.«
»Hatte der Mann denn Familie?« Die Stimme der Reporterin klang zaghaft. Emma kannte sie von anderen Pressekonferenzen, sie arbeitete als Freelancerin für verschiedene Webseiten.
»Darüber kann ich Ihnen natürlich auch keine Auskunft geben.«
Die Kollegin vom Fernsehen beugte sich mit dem Mikro vor und fragte: »Wie ist er umgekommen?«
Wieder lächelte der Beamte strahlend in die Kamera, bis ihm der Gedanke kam, seinen Gesichtsausdruck dem Ernst der Lage anpassen zu müssen, und er schlagartig die
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