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Wer regiert die Welt? – Warum Zivilisationen herrschen oder beherrscht werden

Wer regiert die Welt? – Warum Zivilisationen herrschen oder beherrscht werden

Titel: Wer regiert die Welt? – Warum Zivilisationen herrschen oder beherrscht werden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Morris
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und letztlich sogar mehr. 4
     
    Zum Glück für uns alle kamen die Männer, die in den USA und in der Sowjetunion die Entscheidungen zu treffen hatten, zu der Erkenntnis, dass die Gefahr eines Atomkrieges nur durch gegenseitige nuklearer Abschreckung (MAD – Mutually Assured Destruction, »gegenseitig zugesicherte Zerstörung«) abzuwenden sei, ein Gleichgewicht des Schreckens, in dem ein einziger falscher Schritt allenthalben Zerstörung nach sich ziehen musste. Die Regeln dieses Spiels blieben beängstigend undurchsichtig, und die Welt erlebte ein paar brenzlige Momente, vor allem im Herbst 1962, als John F. Kennedy und Nikita Chruschtschow kurz davor waren, diese ungeschriebenen Regeln zu verletzen. Chruschtschow hatte, vom Säbelrasseln der Amerikaner aufgeschreckt, Raketen auf Kuba stationiert, woraufhin Kennedy, nicht minder besorgt, mit einer Blockade des Inselstaates reagierte. Sowjetische Kriegsschiffe näherten sich bis auf wenige Meilen der amerikanischen Blockadelinie, die aus Zerstörern, Kreuzern und einem Flugzeugträger bestand. Zu diesem Zeitpunkt lag die Wahrscheinlichkeit einer Katastrophe Kennedys Schätzung zufolge bei 1:3, wenn nicht gar bei 1:2. Und dann, am Mittwoch, dem 24. Oktober, gegen zehn Uhr morgens, spitzte sich die Lage plötzlich zu. Während |556| Kennedy in angespanntem Schweigen in der Runde seines Beraterstabes saß, erreichte ihn die Nachricht, ein sowjetisches U-Boot kreuze den Kurs des Flugzeugträgers. Welche Absicht konnte dahinter stecken, wenn nicht ein Angriff? Der Präsident »hob die Hand und legte sie über seinen Mund. Er ballte sie zur Faust und öffnete sie wieder. Sein Gesicht wirkte durchfurcht, seine Augen fast grau, mit gequältem Ausdruck« 5 , erinnerte sich sein Bruder Robert später. Als nächster Schritt würde der Abschuss von 4000 Gefechtsköpfen erfolgen. Doch das sowjetische U-Boot griff nicht an. Die Uhr tickte, und um 10:25 Uhr verlangsamten die sowjetischen Schiffe ihre Fahrt und drehten dann ab. Der Ernstfall trat nicht ein.
    Dreißig Jahre lang brachten Spiele mit vollem Risiko und grobe Schnitzer die Welt beängstigend oft an den Rand des Abgrunds, aber es kam nie zum Schlimmsten. Seit 1986 wurden die weltweiten Bestände an Atomsprengköpfen um zwei Drittel verringert, und ein weiterer Abbau scheint derzeit – wir schreiben Anfang 2010 – im Bereich des Möglichen zu liegen. Die Atomwaffen in den Arsenalen der US-Amerikaner und der Russen reichen immer noch aus, um die Menschheit auszurotten. Aber die Wahrscheinlichkeit eines Atomkrieges ist wesentlich geringer als in den 40 Jahren, in denen das Gleichgewicht des Schreckens die Weltpolitik beherrschte. Die Bedingungen der Biologie, Soziologie und Geographie setzen ihr Webmuster fort; die Geschichte geht weiter.
    »Foundation«
    Asimovs Geschichte
Und Finsternis wird kommen …
taugt bei näherem Hinsehen zumindest bis jetzt nicht wirklich als Modell, um den Lauf der Geschichte zu erklären, aber vielleicht ist sein
Foundation -Zyklus
besser dafür geeignet. Irgendwann in ferner Zukunft, erzählt Asimov, reist ein junger Mathematiker namens Hari Seldon zum Planeten Trantor, dem mächtigen Zentrum eines galaktischen Imperiums, das seit 12   000 Jahren besteht. Hier stellt er auf dem Zehnjahreskongress der Mathematiker die Idee einer von ihm entwickelten neuen Wissenschaft namens Psychohistorik vor. Im Prinzip, so erklärt er, könne man, wenn man herkömmliche Geschichtswissenschaft, Psychologie und Statistik miteinander verbinde, herausfinden, welche Kräfte die Menschen antreiben, und auf der Grundlage dieses Wissens die Zukunft vorhersagen.
    Seldon wird nun aus der Provinz seines Heimatplaneten auf einen Lehrstuhl an der größten Universität auf Trantor berufen und entwickelt dort die Methoden der Psychohistorik weiter. So gelangt er zu der Schlussfolgerung, dass der Niedergang des Imperiums und ein 30   000 Jahre währendes dunkles Zeitalter bevorstehen, bevor ein zweites Imperium zur Blüte kommen wird. Der Kaiser macht Seldon zu seinem Ersten Minister, und in dieser hohen Position gründet dieser eine Denkfabrik, der er den Namen Foundation, was sowohl »Grundlage« als auch »Stiftung« bedeutet, gibt. Die Wissenschaftler, die darin arbeiten, tragen |557| alles Wissen der Welt in einer
Encyclopedia Galactica
zusammen und entwerfen auf der Grundlage dieses Wissens einen Masterplan, der es ermöglichen soll, das neue Imperium schon nach 1000 Jahren auferstehen zu

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