Wer regiert die Welt? – Warum Zivilisationen herrschen oder beherrscht werden
ihn lehrt, Steine zu werfen, fühlt Mond-Schauer, Alphamännchen in einer Gruppe von Affenmenschen, »die ersten Regungen einer neuen, starken Empfindung. … Sein primitives Hirn musste gründlich und bis in die kleinsten Teile umgeformt werden.« Ihren Abschluss findet die Mission des Monolithen damit, dass sich Mond-Schauer einen ausgeblichenen Knochen schnappt und damit einem Ferkel den Schädel einschlägt. Clarkes Vision vom Big Bang des menschlichen Bewusstseins hat, deprimierend genug, von Anfang an mit Zerstören und Töten zu tun und kulminiert im Mord, den Mond-Schauer an Einohr verübt, dem Alphamann einer rivalisierenden Gruppe. Als Nächstes findet sich der Leser ins Zeitalter der Weltraumfahrt versetzt. 8
|71| Clarke verlegt die große Stunde von
2001
in die Zeit vor drei Millionen Jahren, denkt dabei vermutlich an die Erfindung des Werkzeugs durch
Homo habilis
. Mir schien jedoch immer schon, dass der Punkt, an dem ein guter Monolith wirklich etwas hätte vollbringen können, das Erscheinen des modernen Menschen gewesen wäre. Als ich mit meinem Archäologiestudium begonnen habe, wurde mir beigebracht, Dinge wie die zuletzt geäußerten nicht zu sagen. Doch ich wurde das Gefühl nicht los, dass professionelle Erklärungen weit weniger zwingend sind als die von Clarke.
Das große Problem, mit dem sich Archäologen in jenen fernen Tagen meines Studienbeginns herumschlagen mussten, lässt sich eigentlich ganz einfach formulieren: Man hatte damals noch nicht sehr viele Stätten ausgegraben, die Relikte aus der Zeit zwischen 200 000 und 50 000 Jahren v. u. Z. enthielten. Das geschah erst während der 1990er Jahre, und mit den neuen Funden wurde klar, dass wir überhaupt keine Monolithen brauchen. Der Große Sprung nach vorn löste sich damals auf in eine Folge von Trippelschritten, die sich auf Zehntausende von Jahren verteilen.
Wir kennen eine Reihe von Fundstätten, die älter sind als 50 000 Jahre, in denen aber dennoch Hinweise auf erstaunlich modern wirkende Handlungsweisen entdeckt wurden. So zum Beispiel die Pinnacle-Point-Höhlen an der südafrikanischen Küste, deren (2007 genauer untersuchten) Funde unter anderem belegen, dass die frühen Menschen bereits vor gut 70 000 Jahren das Feuer benutzten, um Steinwerkzeuge zu bearbeiten. Schon vor rund 160 000 Jahren war
Homo sapiens
in diese Küstenregion gezogen – allein das ist eine interessante Tatsache, denn frühere Affenmenschen haben die Meeresufernähe gemieden, wahrscheinlich weil sie sich nicht vorstellen konnten, dort viel Nahrung zu finden.
Homo sapiens
jedoch zog nicht nur gezielt in Küstengebiete – eine eindeutig moderne Präferenz –, sondern verstand es auch, sobald er dort siedelte, Schalentiere zu sammeln, zu öffnen und zuzubereiten. Die Gruppen beherrschten die Abschlagtechnik so gut, dass sie kleine leichte Spitzen herstellen konnten, die sich perfekt für Wurfspeere und Pfeile eigneten – etwas, was weder Peking-Menschen noch Neandertaler jemals taten.
Andere Beispiele aus afrikanischen Fundstätten: Vor rund 100 000 Jahren umlegten die Bewohner der Mumbwa-Höhlen in Sambia ihre Feuerstelle mit Steinplatten und schufen sich so eine gemütliche Nische. Leicht lässt sich vorstellen, wie sie dort im Kreis saßen und Geschichten erzählten. An afrikanischen Küsten, von der Südspitze bis Marokko und Algerien im Norden (und selbst über Afrika hinaus, in Israel), an Dutzenden von Siedlungsstätten hockten sich die Gruppen geduldig hin, schnitten und schliffen aus den Schalen von Straußeneiern Perlen, einige mit einem Durchmesser von etwa sechs Millimetern. Vor 90 000 Jahren waren die Leute von Katanda (in der heutigen Demokratischen Republik Kongo) zu Fischern geworden, die ihre Harpunen aus Knochen schnitzten. Die interessanteste Fundstätte ist die Blombos-Höhle an der Küste der südafrikanischen Kap-Provinz, wo die Ausgräber |72| nicht nur Muschelperlen fanden, sondern auch mehrere fingerlange und auf den ersten Blick unscheinbare Ockersteine. Dieses Eisenerz kann zu vielen Zwecken verwendet werden, man kann Dinge damit verkleben, Segel wasserabweisend machen und anderes mehr; in neuerer Zeit allerdings war dieser Stoff vor allem bekannt, weil sich mit ihm gut zeichnen lässt. Auf Baumrinde, an Höhlenwänden und auf menschlicher Haut hinterlässt Ocker kräftige rote Linien. In Pinnacle Point etwa fanden sich 75 Ockerstücke, und ab 100 000 v. u. Z. taucht er an den meisten Fundstellen in
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