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Wer regiert die Welt? – Warum Zivilisationen herrschen oder beherrscht werden

Wer regiert die Welt? – Warum Zivilisationen herrschen oder beherrscht werden

Titel: Wer regiert die Welt? – Warum Zivilisationen herrschen oder beherrscht werden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Morris
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260   608 Dollar – eine Menge Geld für einen Kaffee.
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    Abbildung 3.4: Der Acht-Millionen-Dollar-Kaffee
    Zinseszins in konventioneller Darstellung. Die Kosten der Tasse Kaffee steigen innerhalb von 14 Wochen von einem auf 8192 Dollar. Dennoch wird der finanzielle Ruin erst ab der 15. Woche wirklich sichtbar.
    In diesem Maßstab dargestellt, ist das Wachstum meiner Schulden in den ersten Wochen (von einem zu zwei, vier, acht Dollar) in der Tat trivial. Angenommen, ich laufe den Fußsoldaten des Kredithais einen Monat nach der schicksalhaften Tasse Kaffee über den Weg, wenn meine Schulden bei 16 Dollar stehen. Nehmen wir weiter an, ich habe keine 16 Dollar, kann den Kerlen aber fünf Dollar geben. Um meine Gesundheit fürchtend, leiste ich vier weitere wöchentliche Zahlungen von jeweils fünf Dollar, dann aber vergesse ich das Ganze erneut und stelle die Zahlung ein. Die schwarze Linie in Abbildung 3.5 zeigt, was geschieht, wenn ich nichts zahle, die graue, wie meine Schulden nach fünfmaliger Fünf-Dollar-Zahlung steigen. Wieder wachsen meine Schulden auf über drei Millionen Dollar, aber das ist weniger als die Hälfte dessen, was ich ohne die Zwischenzahlungen schuldig gewesen wäre. Doch so entscheidend sie waren, in der Grafik sind sie nicht zu erkennen. Unmöglich, Abbildung 3.5 zu entnehmen, warum die graue Linie soviel tiefer endet als die schwarze.
    Abbildung 3.6 erzählt die Geschichte meines Ruins auf eine andere Weise. Statistiker nennen die Abbildungen 3.4 und 3.5 linear skaliert, weil die Skalen auf |168| beiden Achsen in linearen Schritten steigen. Das heißt: Jeder Woche, die vergeht, entspricht auf der horizontalen Achse die gleiche Strecke, und ebenso entspricht auf der vertikalen Achse jedem Dollar die gleiche Strecke. Abbildung 3.6 dagegen ist linear-logarithmisch skaliert. Die Zeit auf der horizontalen Achse wird weiterhin in gleichen Streckenabschnitten dargestellt, die Vertikale allerdings zeigt die Schulden logarithmisch – will sagen: Der Abstand zwischen der Grundlinie und der ersten horizontalen Linie zeigt das Wachstum meiner Schulden ums Zehnfache, nämlich von eins auf zehn Dollar. Im nächsten Schritt, zwischen der ersten und der zweiten Linie, wachsen meine Schulden erneut ums Zehnfache, das heißt aber von zehn auf 100 Dollar, dann wieder ums Zehnfache, also von 100 auf 1000, und so weiter bis zu den zehn Millionen an der Spitze dieser Achse.
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    Abbildung 3.5: Keine gute Methode, schlechte Planung darzustellen
    Die schwarze Linie zeigt den gleichen Anstieg der Schulden wie in Abbildung 3.4 – die graue dagegen, was nach einigen kleinen Zahlungen in den Wochen 5–9 geschieht. Doch die entscheidenden Zahlungen sind in konventioneller (linearer) Darstellung nicht zu erkennen.
    Politiker und Berater haben eine Kunst daraus gemacht, uns mit Statistiken in die Irre zu führen. Bereits vor anderthalb Jahrhunderten fühlte sich, einem Bonmot von Mark Twain zufolge, Premierminister Benjamin Disraeli zu der Bemerkung getrieben: »Es gibt drei Arten von Lügen: Lügen, verdammte Lügen und Statistiken.« Abbildung 3.6 könnte man als Beweis dafür begreifen. Tatsächlich aber betont diese Darstellung nur einen anderen Aspekt meiner Schulden als die Abbildungen 3.4 und 3.5. Mit linear-linearer Darstellung lässt sich gut zeigen, wie |169| schlimm meine Schulden sind; die logarithmisch-lineare Darstellung dagegen demonstriert, wie es dazu kommen konnte. In Abbildung 3.6 verläuft die schwarze Linie stetig und gerade, sie zeigt, wie sich der Zuwachs meiner Schulden ohne Zahlungen stetig beschleunigt: Sie verdoppeln sich Woche für Woche. Der grauen Linie ist abzulesen, dass meine Fünf-Dollar-Zahlungen nach vier Wochen Verdopplung das Wachstum meiner Schulden zwar nicht beendet, aber dessen Rate verlangsamt. Sobald ich die Zahlung einstelle, steigt auch die graue Linie wieder parallel zur schwarzen, denn meine Schulden verdoppeln sich nun wieder ohne Abzug, erreichen aber (wegen des niedrigeren Ausgangspunkts) nicht die gleiche schwindelnde Höhe wie ohne Zwischenzahlung.
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    Abbildung 3.6: Geradewegs in den Ruin
    Die Schuldenspirale in logarithmisch-linearer Darstellung. Die schwarze Linie zeigt die stetige Verdopplung der Schulden ohne Zwischenzahlungen, die graue dagegen die Auswirkung der kleinen Zahlungen in den Wochen 5–9, nach deren Einstellung die Verdopplung wieder einsetzt.
    Weder Politiker noch Statistiker lügen immer, es

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