Wer sagt, dass Kinder gluecklich machen
viel zu frühe Geschlechtsreife beschlossen hat, seine Eltern in den Wahnsinn zu treiben. Sein Lieblingsort ist sein vermülltes Bett, auf dem es tage- und nächtelang in der liegenden Position krümelt, Cola trinkt, gelegentlich kifft und vor allem im Computer gleichzeitig surft, chattet, Musik hört und sich illegal heruntergeladene Horrorfilme ansieht. Die Frage »Machst du Schularbeiten?« wird mit »Ja« beantwortet und bezieht sich auf die etwa briefmarkengroße Stelle auf dem Bildschirm, auf der sich angeblich der Lehrstoff befindet, ohne Lupe für Erwachsene allerdings nicht sichtbar. In dieser Phase dürfen sich Eltern regelmäßig betrinken.
Der sexuelle Frühstarter (Tini sexualis)
Dieser Typ ist ein Stressfaktor in Teenagerform, der seinen eigentlich aufgeklärten Eltern ständig Dinge erotischer Natur abverlangt, die sie eigentlich noch nicht erlauben wollten. Und so horchen sie mit klopfendem Herzen an seiner Kinderzimmertür und überlegen, warum es da drinnen so still ist: Guckt ihr Kind einen Stummfilm, liest es ausnahmsweise doch ein gutes Buch oder zeugt es gerade ein kleines Enkelkind? Wand an Wand mit den Eltern Sex mit der Frühbeziehung zu haben, stresst
nur die alte Generation, die junge steht postkoital entspannt halb nackt in der Küche, brät Spiegeleier und sagt: »Guten Morgen, Frau Müller, meinen Orangensaft trinke ich übrigens am liebsten frisch gepresst.«
Das Senioren-Kind (Infantus fruehpensiones)
Im Gegensatz zum sexuellen Frühstarter ist das sogenannte Senioren-Kind eines, dessen Reifeprozess schneller verläuft als der seiner Eltern. Es ist deshalb mit maximal zehn Jahren bereits erwachsener und vernünftiger als seine Erzeuger und versucht, diese vom Rauchen, Trinken, von zu fettigem Essen und von zu wenig Sport abzubringen. Ein Senioren-Kind hat genetisch besonders geschärfte Argusaugen, mit denen es das frivole Treiben seiner Eltern überwacht, sie auch am Wochenende frühmorgens aus dem Bett scheucht und generell versucht, sie zu spaßfreien, verantwortungsvollen Erwachsenen zu erziehen. Da dieses Kind früher vergreisen wird als seine Eltern, ist es mit Vorsicht zu genießen.
Das Peter-Pan-Kind (Infantus infantilis)
Dieser Kindertyp ist ein sonniges Wesen, der jede Verantwortung für sich ablehnt beziehungsweise bis ins hohe Alter seinen Eltern überlässt. Nach dem abgebrochenen Drittstudium zieht er wieder ins Hotel Mama. Dort trifft man ihn am späten Nachmittag am Küchentisch, wo er gemütlich frühstückt und seiner Mutter bei der Zubereitung des Abendessens zusieht. Vielleicht tritt das Peter-Pan-Kind noch vor seinem vierzigsten Geburtstag einen 400-Euro-Job in der örtlichen Bäckerei an, wahrscheinlicher ist aber, dass es einen Surfshop auf Teneriffa eröffnet, den seine Eltern finanzieren und der nach einem Monat pleitegeht. Positiv ist festzustellen, dass ein Peter-Pan-Kind meistens sehr gute Laune hat und vermutlich viele uneheliche Kinder in die Welt setzen wird.
Das Erbschleicher-Kind (Infantus pecuniaris)
Es ist noch niedlich, wenn es seine Eltern mit fünf Jahren fragt: »Sagt mal, krieg ich alles, wenn ihr mal tot seid?« Doch wer denkt, das sei ein unschuldiger Ausrutscher, der irrt. Das Erbschleicher-Kind betrachtet seine Eltern ihr Leben lang als seinen ganz persönlichen Geldautomaten und wartet nur darauf, seine Finger auf ihr Bankkonto zu legen. Es wird ihnen, wenn sie alt sind, seine fensterlose Wäschekammer als Altersruhesitz zur Verfügung stellen, damit es die Unterbringung im Altersheim nicht bezuschussen muss. Eltern eines Erbschleicher-Kindes sollten ihren Nachlass deshalb rechtzeitig Brot für die Welt vermachen.
Und dann gibt es noch das Kind, das wir zu Hause haben. Das uns oft kleine und manchmal große Sorgen bereitet, das uns anstrengt, nervt, wütend macht, das wir manchmal aus dem Fenster schmeißen könnten – und für das wir trotzdem zu Fuß bis ans Ende der Welt laufen würden, wenn es uns um drei Uhr morgens anruft und fragt: »Mama? Kommst du bitte mal?« Wer sagt, dass Kinder glücklich machen? Niemand, der sie selbst erlebt. Sie tun es manchmal, aber wir lieben sie trotzdem immer.
»Das hast du nicht verdient« – Eltern in der Pubertätshölle
Es gibt sie natürlich auch, die Kinder, die durch ihre Pubertät gleiten wie ein heißes Messer durch die Butter – locker, anstrengungslos, quasi ohne dass man es merkt. Sie werden dreizehn, vierzehn, fünfzehn, werden größer und ein bisschen breiter, die hohe
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