Wer sagt, dass Kinder gluecklich machen
man Lust hat. Sich aufzuopfern – das ist das Wort, das ich am schlimmsten finde. Und das Allerschlimmste ist, nichts zu sagen, sondern es
die Kinder spüren zu lassen. (…) Die Mütter vergessen, dass sie nicht nur Mütter sind. Dass die Kinder älter werden, auf eigenen Beinen stehen sollten. Aber oft wollen sich diese Frauen ewig gebraucht fühlen. Das ist eine Form des Egoismus, die mit dem Alter zunehmen kann.« Also, Schluss mit der Aufopferung. Im Grunde genommen ist die Sache ganz einfach: Den größten Gefallen, den wir unseren Kindern tun können, ist, ihnen das Gefühl zu geben, dass es uns auch ohne sie gut geht.
Nadja, 46, drei Söhne, 12, 14 und 18
»Für mich war immer wichtig, dass ich finanziell unabhängig bin. Das liegt sicher daran, wie ich aufgewachsen bin, es gab immer wieder finanzielle Engpässe und vieles war einfach gar nicht möglich. Meine Mutter hat gearbeitet, war teilweise sogar Hauptverdienerin, und das prägt schon. Es gibt Frauen, die können damit wunderbar leben, dass sie sich von ihren Männern finanzieren und aushalten lassen, für mich ein völlig überholtes Lebenskonzept, absolut nicht mehr zeitgemäß. Ich habe mich als Mutter nach der Geburt meines ersten Sohnes völlig inkompetent und überfordert gefühlt, dachte, ich krieg das nicht hin, das Kind weint immer und ich kann es nicht beruhigen. Da war plötzlich so ein Gefühl von Sorge, das kannte ich gar nicht. Ich sprach mit meiner Schwiegermutter darüber, die sagte: ›… und das hört auch nie wieder auf!‹
Es war wie eine Befreiung, nach vier Wochen wieder zu arbeiten, etwas tun zu können, das ich konnte. Muttersein konnte ich nicht, obwohl ich immer Kinder wollte. Anfangs haben mein Mann und ich unsere Schichten im Krankenhaus so gelegt, dass wir uns abwechseln konnten. Danach ging unser Sohn zur Tagesmutter. Das Gefühl, inkompetent zu sein, verschwand erst mit der Geburt unseres zweiten Sohnes. Mit dem dritten Kind wurde es dann wieder schwierig. Als es fünf Monate alt war, musste ich meine Facharztausbildung beenden. Durch Zufall bekam ich eine Stelle bei einem Allgemeinmediziner, also habe ich ganz schnell abgestillt. Ich hatte eben nicht so ein Zutrauen ins Leben, habe mir immer Druck gemacht: Wenn ich das jetzt nicht mache, kann ich meine Facharztausbildung nicht abschließen. Vormittags hatten wir einen Babysitter und an den drei Nachmittagen, an denen die Praxis geöffnet hatte, kam abwechselnd eine der Großmütter. Morgens brachte ich unseren ältesten Sohn in die Schule, den mittleren in den Kindergarten, raste in die Praxis. In der Mittagspause holte ich die Kinder wieder ab, brachte sie nach Hause. Der Albtraum war, wenn irgendjemand krank wurde.
Einmal hatte ich ein Art Nervenzusammenbruch. Ich saß den ganzen Tag im Garten und habe nur geweint, konnte auch gar nicht mehr sprechen. Ich habe fast ein Dreivierteljahr gebraucht, um mich davon zu erholen. Heute würde ich sagen, das war der reinste Wahnsinn. Vielleicht hätte ich nicht so viel Gas geben müssen damals, aber ich hatte das Gefühl, ich schaffe es sonst nicht.
Aber Muttersein ist nur ein Teil meines Lebens. Es war mir immer klar, dass ich ein Modell lebe, für das ich mich rechtfertigen musste vor Frauen meiner Generation. Aber ehrlich gesagt brauche ich den Vollzeitmüttern nur ins Gesicht zu sehen, um mich bestätigt zu fühlen. Eigentlich müssten sie zufrieden sein, aber sie strahlen etwas ganz anderes aus: Sie wirken immer gestresst und betreuen ihre Kinder so konzentriert, als operierten sie am offenen Herzen.
Ich bin auch von anderen Müttern als Rabenmutter bezeichnet worden, in Deutschland existiert so eine alberne Betreuungsphobie für Kleinkinder. Niemand hat sich dafür interessiert, warum ich arbeiten will. Ich war einfach nicht gut darin, zu Hause zu sein, ich war eine ungeduldige Mutter. Ich konnte nicht mit Kleinkindern stundenlang auf dem Boden sitzen und spielen. Interessant ist, dass viele von denen, die mich damals kritisiert haben, heute sagen: ›Vielleicht hast du es doch richtig gemacht.‹ Das höre ich vor allem von Frauen, die den beruflichen Einstieg nicht wieder geschafft haben.«
»Warum wir niemals aus dem Gröbsten raus sind« – Generation Praktikum oder Generation Watte
Es könnte natürlich sein, dass Sie eins dieser Kinder haben, das mit einem sonnigen Lächeln auf den Lippen durchs Leben gleitet wie heiße Milch mit Honig. Nach einer problemfreien Kindheit kommt eine Pubertät, die Sie kaum
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