Wer sagt, dass Kinder gluecklich machen
Kinder hat. »Alle
drei sind Single und im Beruf erfolglos. Ständig rufen sie an, wollen Geld, wollen Liebe, wollen Papis Aufmerksamkeit. Es nervt!«
Umgekehrt gilt das natürlich genauso für Männer. Die Wünsche der Kinder gehen vor und von den Liebenden wird erwartet, dass sie sich wie Erwachsene benehmen und nicht wie Frischverliebte.
Kinderglück auf Wiedervorlage gelegt
Wer sich verliebt und eine neue Beziehung eingeht, möchte einen Neuanfang. Das ist jedoch illusorisch, wenn Kinder da sind, die mit Verlust und Trennung leben müssen. Die sich nicht neu verliebt haben, sondern sich oft nichts sehnlicher wünschen als den alten Zustand. Manche Väter haben ihr Kind deswegen besonders lieb, weil sie es relativ selten sehen: »Mein Sohn macht mich glücklich«, sagt ein Scheidungsvater, der seinen Sohn maximal zweimal im Monat sieht. »Bis zu seinem vierten Geburtstag hat er mit der Mutter zusammengelebt. Das war die Hölle! Trotzdem habe ich meinen Optimismus nicht verloren und möchte mit meiner neuen Frau wieder ein Kind haben, aber diesmal werde ich alles richtig machen.« Was heißt das? Wie geht das?
Oskar Holzberg, Psychologe
Es ist durchaus möglich, dass ein Vater es in der zweiten Runde mit seinen Kindern besser macht als in der ersten. Er ist älter, reifer, gelassener geworden, er hat dazugelernt. Männer, die ihre Kinder aus erster Ehe vernachlässigen, tun dies oft aus Feigheit, weil die zweite Frau sie unter Druck setzt und sie die neue Beziehung nicht aufs Spiel setzen wollen, was wiederum starke Verlustängste bei ihren älteren Kindern auslösen kann. Auf jeden Fall ist es eine große Enttäuschung, die das ganze spätere Beziehungsmuster prägen kann. Solche Kinder werden oft zu beziehungsschwierigen, weil leicht zu verunsichern, und eifersüchtigen Erwachsenen.
Aus der Sicht des fünfzehnjährigen Sammy sieht das so aus: »Plötzlich hatte ich zwei Elternhäuser, aber jedes Mal, wenn ich eins besuche, muss ich ja das andere verlassen. Ich
fühle mich deshalb, als wäre ich permanent auf der Flucht. Da ich nicht alles doppelt habe, fehlt mir oft etwas, mein MP3-Player oder mein Lieblings-T-Shirt. Ich weiß, dass mich beide Eltern lieben, also ist Mami traurig, wenn ich zu Papi gehe, der eine neue Familie hat, und umgekehrt. Richtig anstrengend ist das.«
Es sind also Jonglierkünste ohne Ende gefragt, wenn plötzlich so viele unterschiedliche Befindlichkeiten berücksichtigt werden müssen. Viele Patchworkvarianten sind denkbar und jede hat ihren eigenen Stressquotienten. Die Kinder mögen sich nicht. Papi mag seinen Stiefsohn lieber als seinen eigenen, was natürlich sein Geheimnis bleibt. Stiefmami oder Stiefpapi sind viel reicher, können den Stiefkindern mehr bieten als ihre eigenen Eltern.
Aber den allergrößten Schaden richten oft Väter an, die sich nach der Trennung mehr um ihre neue Familie kümmern als um ihre alte. Klar ist es leichter, die süße, anschmiegsame Dreijährige aus dem B-Wurf zu lieben als den stacheligen, schlecht gelaunten Fünfzehnjährigen aus dem A-Wurf, aber es ist sehr ungerecht. Es ist schlicht unverzeihlich.
Maria, 45, weiß aus eigener Erfahrung, was in so
einer Situation passieren kann. »Als mein Mann sich von mir getrennt hat, war meine Tochter sechs Jahre alt. Zwei Jahre später wurde seine Freundin schwanger. Bis dahin hatte sich mein Mann regelmäßig um unsere Tochter gekümmert, vor allem am Wochenende. Als das Baby da war, hatte er immer neue Ausreden, die Abstände wurden immer länger und er schämte sich auch nicht, seiner Tochter zu sagen: ›Ich muss ja Zeit haben für deine kleine Schwester, die ist ja noch so klein, die braucht mich.‹ Irgendwie schlief der Kontakt ganz ein. Für ihr Studium hat er dann auch nicht gezahlt. Abgelehnt, ungeliebt von ihrem Papi, ich fürchte, diese Narbe wird ihr Leben lang bleiben.«
Liebe kann man nicht erzwingen
Verständlich, dieser Wunsch nach Perfektion und totaler Harmonie, besonders, wenn der erste Versuch kläglich gescheitert ist. Alles wird gut! Jeder liebt jeden! Nur leider sieht die Wirklichkeit ein bisschen anders aus. »Ich lebe seit bald neun Jahren ein Patchworkleben«, schreibt Elmar Krekeler in der WELT . »Das klingt tatsächlich niedlicher, als es ist. Es ist ein Leben auf einem ständig schwankenden Kontinent, zusammengesetzt aus tektonischen Platten, die sich dauernd verschieben, die sich reiben, auseinandertreiben, sich verändern. Weil sich die Menschen, die diese
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