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Wer schlafende Hunde weckt

Wer schlafende Hunde weckt

Titel: Wer schlafende Hunde weckt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Brookmyre
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wissen nicht, wie weit und wie hoch die Sache geht.«
    »Bitte sagen Sie mir, dass da jetzt ein ›Aber‹ kommt.«
    »Natürlich. Es wird Ihnen aber nicht gefallen.«
    »Lassen wir’s drauf ankommen. Was ist Ihre andere Möglichkeit?«
    »Ich glaube, wir müssen uns noch mal auf ein freundliches Gespräch mit Mr   Fallan einlassen.«
    »Der weiß nichts von der Sache«, versicherte Catherine. »Das können Sie mir glauben. Nichts wäre mir lieber, als wenn er was damit zu tun hätte.«
    »Dazu wollen wir ihn auch gar nicht befragen. Ich hab mich noch ein bisschen genauer über seinen Vater informiert. IainFallan war beim CID drüben in Gallowhaugh. Andere Zeiten – der hat sein Gesetz selbst geschrieben, kann man sagen. Hat sich so ein bisschen als Wildwestsheriff verstanden.«
    »Und jetzt wollen Sie mir sagen, dass Bob Cairns sein Hilfssheriff war?«
    »Einer davon. Neben Bill Raeside zum Beispiel.«
    Catherine wurde rot vor Empörung, als sie zum zweiten Mal verstand, dass sie ausgespielt worden war.
    »Raeside hat einen Schäferhund. Er hat mir auch ausgerichtet, dass Cairns Informationen für mich hatte und sich mit mir treffen wollte. Sein Foto war dabei, aber Whitaker hat gleich weitergeblättert. Noch wer?«
    »Ja«, sagte Abercorn, der sichtlich unter einer schweren Last litt, die gleich weniger geteilt als vielmehr verdoppelt werden würde. »Ein junger Detective Constable namens Graeme Sunderland.«

Namen auf einem Blatt
    Das Standesamt war auf der Martha Street, gleich um die Ecke vom Veranstaltungszentrum der Strathclyde University. Jasmine war bestimmt schon zwanzigmal daran vorbeigelaufen, ohne darauf zu achten, was sich in dem Gebäude befand; sie hatte sogar mal spätabends   /   frühmorgens an der verschlossenen Tür mit einem Typen rumgemacht, bevor sie am George Square mit dem Nachtbus nach Hause gefahren war. Vorher war sie mit Freunden bei einem Twin-Atlantic-Konzert gewesen. Sie hatte mit ihm geredet und getanzt, bevor sie toll mit ihm herumgeknutscht hatte. Er hatte sich als richtiger Gentleman erwiesen und die Hände nicht tiefer als bis zu ihren Schultern gleiten lassen.
    Scott hatte er geheißen, meinte sie, oder vielleicht Sam. Später hatte sie erfahren, dass er erst sechzehn war und noch zur Schule ging – in die zwölfte Klasse an der Glasgow Academy. Natürlich hatte er wie ein Student ausgesehen, eigentlich sogar älter als sie. Die von der Privatschule sahen irgendwie immer älter aus. Bessere Klamotten oder vielleicht bessere Gene – bei denen hatte bestimmt seit Generationen keiner hungern müssen. Das war jetzt anderthalb Jahre her, und Jasmine musste sich immer noch ausweisen, wenn sie Alkohol kaufte. Er hatte ihr seine Nummer gegeben, und sie hatte ihn wirklich anrufen wollen, aber dann wurde Mum krank; genauer gesagt, sie bekam die Diagnose.

    Als sie die Stelle sah, an der sie sich geküsst hatten, und das große Veranstaltungszentrum an der John Street, merkte sie, dass sie sich so viele Sorgen über die Zukunft gemacht hatte, dass sie nur selten an die Welt dachte, die sie verloren hatte. Nicht nur Mum war ihr genommen worden. Samstagabende, Jungs, Freunde, Konzerte, die Studentenjahre, die Zeit zum Träumen, all das war auch fort. Aber ein bisschen davon konnte sie doch wiederhaben, oder? Wenn sie das Ganze hier überstanden hatte. Wenn irgendwann niemand mehr auf sie schießen würde.
    Fallan erklärte, wonach sie suchten, und der Mann am Schalter war so freundlich und hilfsbereit, dass Jasmine schon ein bisschen misstrauisch wurde. Ihre Erwartungen hatten sich wohl verschoben, weil sie mehrere Tage fast nur mit schwierigen, verschlossenen, aggressiven und teilweise sogar mordbereiten Menschen zu tun gehabt hatte.
    Er sah aus, als arbeitete er möglicherweise schon in dem Gebäude, seit es gebaut worden war. Er passte so gut zu seinem Job und seiner Umgebung, dass sich sicher kaum jemand hier eins ohne das andere vorstellen konnte. Er war einer dieser vornehmen älteren Herren, die man sich unmöglich als junge Männer vorstellen kann, und die damals wahrscheinlich auch nicht anders gewesen waren. Er bewegte sich sicher schon seit Jahrzehnten so erhaben und leichtfüßig.
    Er verschwand im Archiv und kam gut zehn Minuten später mit ein paar leicht vergilbten Blättern zurück. Er wollte sie gerade auf den Tisch legen, als er plötzlich unsicher und nachdenklich wirkte.
    »Sie sind schon die Zweiten, die in der letzten Zeit danach fragen«, sagte er. »Ich

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