Wer schlafende Hunde weckt
unbedingt Rockstars, aber auch keine Schulbibliothekare. Sozial wie ökonomisch verkehrten sie in hippen Kreisen. Während Catherine sich in ihrem eigenen Berufsdiagramm in einer Schnittmenge mit Kriminellen, Ärzten und Anwälten befand, teilte Drew eine mit glamouröseren Sphären. Zwei Schauspieler von The Wire hatten ihre Stimmen Figuren in Hostile III geliehen. Rockbands standen Schlange, um ihre Songs in Spielen unterzubringen, was Ruhm und Werbung versprach. Und natürlich gab es noch all die Nachwuchsmodels, mit denen die Launch-Events geschmückt wurden.
Drew war neun Jahre jünger als sie, und sie konnte nicht die Einzige sein, die ihn auf seine Süßer-Computerfreak-Art unwiderstehlich fand. Darin lag der Kern ihrer Angst: Manchmal fürchtete sie, er sei zu gut, um wahr zu sein. Zu gut für sie auf jeden Fall. Attraktiv, intelligent, erfolgreich, rücksichtsvoll, zärtlich und ein liebevoller, verantwortungsbewusster Vater. Was wollte so einer mit einer griesgrämigen, älteren Frau, die alles schrecklich kompliziert machte und ihn manchmal wochenlang nicht vögelte.
Und was hatte es damit eigentlich auf sich? Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg, heißt es doch immer. Fehlte ihr also der Wille? Oder verlor sie ihn auf dem Weg zu oder von ihrem dunklen Ort einfach aus den Augen? Oder wollte sie Drew vertreiben? Wollte der Teil von ihr, der glaubte, er sei zu gut für sie, die unausweichliche Trennung beschleunigen und sich schon darauf vorbereiten, damit es sie nicht so schockierte und nicht so wehtat, wenn es so weit war?
Sie bremste an einer gelben Ampel. Sie hätte es noch hinübergeschafft, aber dahinter ging es auch nicht vorwärts. Das war eine rationale, besonnene Entscheidung, und genauso musste sie jetzt denken. Das waren doch alles dumme Gedanken. Sie hatte Angst, weil ihre Beziehung gerade etwas angespannt war, und es war sicher auch nicht weit hergeholt,dass es in ihrem Kopf nach einer anständigen Nummer ganz anders aussehen würde. Drew hatte nie irgendwelche Anzeichen gezeigt, dass er etwas Unüberlegtes tun würde und schon gar nicht, dass er mit seinem Leben unzufrieden war. Er war lieb, fürsorglich, selbstlos und hingebungsvoll. Aber sie war trotzdem froh, dass er heute Abend nicht in einem Hotel übernachten würde.
Sicht aus einer Sackgasse
Jasmine saß vorne in einem Landrover, der so robust und vom Wetter gezeichnet war wie sein Fahrer, und ihre Angst war teilweise einer schrecklichen Verlegenheit gewichen. Sie wusste nicht, ob die von ihrem Gefühl der Verletzlichkeit ausgelöst worden war oder andersherum, aber auf jeden Fall fühlte sie sich völlig ausgeliefert, als Ingrams mit ihr über die verschlungenen Landstraßen fuhr.
Sie war mit anderem beschäftigt gewesen, als sie am Morgen aus der Dusche kam, und erst jetzt fiel ihr auf, dass sie einen BH angezogen hatte, den sie normalerweise nur unter Blusen und anderen eher lockeren Oberteilen trug und nicht unter dem Elastan-Mix-Top, in das sie sich in unterkoffeinierter Trance gezwängt hatte. Ihre Nippel zeichneten sich unter dem Stoff ab; der war zwar nicht durchsichtig, aber die Konturen waren klar zu erkennen. Bei Jasmine wurde ein wohlbekannter Teufelskreis ausgelöst: Sobald es ihr auffiel, bekam sie eine Gänsehaut, die sich natürlich entsprechend auf ihre Brust auswirkte. Während ihres Gesprächs mit Rita hatte sie nichts gemerkt, aber in der Enge des Landrovers nahm sie unausweichlich die männliche Präsenz neben sich wahr. Hauptsächlich durch die Nase: ein Geruch von Natur, von frischem Schweiß und einer schwindenden Note Duschgel und Deo.
Sie verschränkte die Arme vor der Brust, hatte sich aberschon so in die Sache hineingesteigert, dass ihr selbst das zu auffällig vorkam. Sie öffnete die Arme wieder und versuchte, entspannt, gelassen und professionell zu wirken.
Ingrams hatte anscheinend überhaupt nichts mitbekommen: Er konzentrierte sich auf die Straße, und wenn er sich doch kurz zu ihr umdrehte (nur an Kreuzungen), sah er ihr immer direkt in die Augen, was ihr auch nicht viel besser gefiel. Sonst gab er sich aber keine Mühe, sie zu beruhigen.
»Hoffentlich gefällt Ihnen die Aussicht, mehr werden Sie von dieser Fahrt nicht haben. Ich weiß nichts über den Typen, den Sie suchen. Ich habe Ihnen nichts zu sagen.«
»Ich hab Ihnen noch gar nicht gesagt, wen ich suche. Und ob Sie mir etwas zu sagen haben, wissen Sie erst, wenn ich Ihnen eine Frage gestellt habe.«
Ingrams seufzte nur, was bei
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