Wer schön sein will, muss sterben
anderen und eine Stimme in meinem Unterbewussten schrie:
Schlampen!
Neuntes Kapitel
D as Wort war mir so plötzlich in den Sinn gekommen wie eine außerirdische Invasion, und ich war davon so schockiert und verwirrt, als wäre ich auf einem Raumschiff aufgewacht. Da war etwas am Rande meines Bewusstseins, wie ein Bild, das man nur aus dem Augenwinkel sieht. Aber ich hatte keine Ahnung, was es war, keine Ahnung, woher das Wort und die Wut, die damit verbunden war, kamen. Ich liebte Kate und Langley. Sie waren alles für mich.
Im nächsten Moment war die Wut verflogen. Aber ein Rest von Unwohlsein blieb, so wie der schale Nachgeschmack des chinesischen Essens vom Imbiss im Shopping-Center. Auch wenn mir bewusst war, wie verrückt das war. Wenn ich so etwas von meinen beiden besten Freundinnen denken konnte, was war dann die Halluzination von Worten auf dem Spiegel dagegen? Kate und Langley sahen
immer
perfekt aus. Das machte sie aus. Und mich auch. Das gefiel mir an ihnen und mir.
Langley trug ein mit Kirschen besticktes T-Shirt mit Puffärmeln, einen ausgestellten Jeansminirock, weiße Spitzenkniestrümpfe und die Marc-Jacobs-Ballerinas, für die wir eine Münze geworfen hatten, als wir sie vor zwei Wochen im Sonderangebot entdeckt hatten. Ihr Lipgloss war frisch, ihre platinblonden Haare in perfektem Durcheinander. Sie sah aus wie Goldlöckchen auf einem Punk-Trip.
Kate schaffte es sogar, in einem lässigen grüngrauen langärmeligen T-Shirt-Kleid, das zu ihren Augen passte, und braunen Bikerstiefeln Anmut auszustrahlen. Ihre welligen Haare wurden von einer Sonnenbrille zurückgehalten und jedes Mal, wenn sie sich bewegte, klimperte die Reihe goldener Reifen an ihrem Arm angenehm.
Wie immer machte Langley den ersten Schritt – sie stürzte auf mich zu und rief: »O mein Gott, Jelly Bean, ich bin so froh, dass du wach bist!« Sie schlang, so gut es eben ging, die Arme um mich und drückte mich.
Kate war langsamer, kam auf die andere Seite und legte ihre Hand auf meine. »Du musst aufhören, uns solche Sorgen zu machen«, sagte sie leise und beugte sich herunter, um mich auf die Wange zu küssen. Ihr Tonfall und Benehmen hatten etwas Aufgesetztes, als würde sie nur so sorglos tun. Von nahem sah ich, dass sie eine Schnittwunde an der Lippe hatte. Sie lächelte und sagte: »Ehrlich, ich merke, wie ich deswegen vorzeitig altere. Meine Mutter wird es dir niemals verzeihen, wenn ich schon mit achtzehn mit Botox anfangen muss.«
»Das können wir nicht zulassen«, stimmte ich ihr zu. »Was ist mit deiner …«
»Alle reden über dich!«, unterbrach Langley. An ihr war nichts angestrengt oder seltsam. Sie setzte sich auf die Fensterbank und nahm jetzt den Teddy mit dem Muskelshirt, der eben erst vorbeigebracht worden war. Sie verzog das Gesicht. »Von wem hast du den denn?«
»Von einem ›heimlichen Verehrer‹. Er war bei den Rosen.«
»Ist das nicht ein bisschen geschmacklos?«, fragte Kate.
»Der Bär?«, fragte ich. »Oder die Rosen? Ich würde bei beidem zustimmen.«
»Ich finde, er ist süß«, sagte Langley. Sie schob die Vase mit den Blumen von Ollie beiseite und platzierte den Bären in der Mitte der Fensterbank. »Jetzt kann man ihn von überall im Zimmer sehen.«
»Zufrieden?«, fragte Kate.
»Na klar, ich fühle mich gerade ganz besonders vom Schicksal begünstigt.«
Kate lachte, ihr natürliches schallendes Lachen, und für einen Moment war die Spannung weg. »Zumindest siehst du nett aus mit deinen platten Haaren? Sehr französisch und brav.«
»Willst du Pommes zum Whopper?«, fragte ich.
Langley lächelte. »Hey, das ist mein Spruch. Aber solange du krank bist, kannst du ihn haben.« Sie hüpfte von der Fensterbank und zog eine DVD aus ihrer Tasche. »Genug geredet, wir müssen dir etwas zeigen.«
Sie stellte den Laptop meiner Mutter auf den Tisch neben meinem Bett, legte die DVD ein und drückte auf Play. Die Anfangsakkorde meines Lieblingslieds von Davids Band ›Highway Man‹ erklangen. Es war die Hintergrundmusik eines Videos von allen meinen Freunden, die mir gute Besserung wünschten und mich baten, schnell zurückzukommen. Die Bryson Zwillinge streckten den nackten Hintern in die Kamera, T. C., Marla und Poppy, unsere kleinen Schwestern aus der neunten Klasse, trugen ein Gedicht vor, und Vivian und Boz beatboxten, während Winston den Roboter gab. So ziemlich jeder aus unserer Klasse und der Klasse unter mir kam vor und machte irgendwas. Sie hatten sogar Ollie dazu gebracht, sich
Weitere Kostenlose Bücher