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Wer sich in Gefahr begibt - Granger, A: Wer sich in Gefahr begibt - A Rare Interest in Corpses

Wer sich in Gefahr begibt - Granger, A: Wer sich in Gefahr begibt - A Rare Interest in Corpses

Titel: Wer sich in Gefahr begibt - Granger, A: Wer sich in Gefahr begibt - A Rare Interest in Corpses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Granger
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wich er aus. Er wusste, dass er mich nicht beeindrucken konnte. Ich sah meinen Begleiter an. Carterton war so weiß wie eine Porzellanschüssel und betupfte seine Stirn und seine Oberlippe mit einem Taschentuch.
    Ich erbarmte mich seiner. »Nun, Sir, geben Sie uns Bescheid, wenn Sie so weit sind. Sehen Sie genau hin, und wenn Sie nicht ganz sicher sind, sagen Sie das bitte. Es ist uns lieber, Sie melden Zweifel an, als wenn Sie eine Meinung äußern, hinter der Sie nicht voll und ganz stehen.«
    Er nickte und bedeutete Carmichaels Assistenten mit einem Wink, das Laken zurückzuschlagen. Als der Mann mit einer geschickten Bewegung seiner langen Finger tat wie ihm geheißen, entwich der Geruch des Todes, jene einzigartige süßliche Fäulnis, welche nicht einmal das Gas aus den Brennern zu übertünchen vermochte. Nur das Gesicht der Toten wurde enthüllt, genau wie ich es Carterton versprochen hatte. Das Laken bedeckte ihren Leib bis zum Hals, und ihr Schädel war in ein weißes Tuch gehüllt, das die schlimmsten Verletzungen bedeckte. Ein paar flachsblonde Haarsträhnen lugten darunter hervor. In der weißen Umrahmung wirkten die von Blutergüssen übersäten, fleckigen, eingesunkenen Gesichtszüge mit den halb geschlossenen Augen und Lippen mitsamt dem purpurgrauen Ton des einsetzenden Verfalls irgendwie irreal. Es war eine groteske Maske ohne jede Spur von Leben darin – der Geist war längst aus dieser Hülle geflohen. Sie war nur noch eine rasch verwitternde Hülle, doch nichtsdestotrotz zum Weinen. Ich fragte mich, ob es realistisch von mir gewesen war, Carterton hierherzubringen und eine positive Identifikation zu erwarten. Ich warf einen nervösen Blick zu ihm.
    Er schwankte, und ich wollte ihn bereits auffangen, doch dann riss er sich zusammen, und so viel musste ich dem Mann lassen, er überstand seine grausige Pflicht tapfer. Sein Blick streifte über die verwüsteten Gesichtszüge, wanderte kurz zur Seite und kehrte dann wieder zu ihr zurück. Er betrachtete sie lange und sorgfältig.
    »Das ist Madeleine Hexham«, sagte er zu guter Letzt. »Zuerst war ich nicht sicher. Sie ist nicht … Sie sieht nicht so aus wie früher. Aber jetzt bin ich sicher, dass sie es ist. Absolut sicher.« Er kramte in seiner Rocktasche nach dem Taschentuch.
    Ich nickte dem Assistenten zu, das Laken wieder über das Gesicht der Toten zu decken. Carterton wandte sich zur Seite, wischte sich über den Mund und würgte plötzlich. Der Assistent hatte wohl bereits mit einer ähnlichen Reaktion gerechnet, denn er hielt ihm eine Metallschale unters Kinn, die genau zu diesem Zweck bereitgestanden hatte. Carterton leerte den gesamten Inhalt seines Magens hinein.
    Der Assistent meldete sich zu Wort, und ich zuckte unwillkürlich zusammen, weil er üblicherweise schwieg. Möglicherweise fühlte er sich zu einem Kommentar verpflichtet; schließlich vertrat er Dr. Carmichael.
    »Sehr traurig, das, Gentlemen«, sagte er. Seine Stimme war so weich wie seine Hände und so ölig wie sein glattes Haar. »Jugend und Schönheit zur Strecke gebracht. Wirklich sehr, sehr traurig, Sirs.«
    Er genoss die Szene. Er genoss Cartertons Unwohlsein, meine ohnmächtige Ablehnung und die Autorität, die diese makabre Umgebung und Carmichaels Abwesenheit ihm vorübergehend verschafft hatten.
    »Werden Sie weitere Personen herbringen, um die Verstorbene anzusehen?«, erkundigte er sich und deutete auf eine Art und Weise auf die Tote, die ich fast als besitzergreifend empfand. Als wäre er ein Schausteller und Madeleine Hexham sein kostbarstes Ausstellungsstück.
    »Nein!«, antwortete ich gepresst. »Ich bezweifle nicht, dass das Gericht seine Genehmigung geben wird, sie zu entfernen und zu begraben.«
    »Wie Sie meinen, Sir«, sagte er leise.
    Wir ließen ihn bei der Toten stehen, und er sah uns hinterher, als wir gingen.
    Carterton war still, bis wir zurück im Yard waren, wo er ein Protokoll mit dem Inhalt unterzeichnete, dass er den Leichnam als Madeleine Hexham identifiziert hatte. Das Ansetzen der Feder schien ihn wieder zur Besinnung zu bringen. Vielleicht, weil es ein vertrauter Vorgang war.
    Carterton legte den Stift nieder und schnüffelte an seinem Jackenärmel. »Der Geruch dieser Räume klebt an mir.« Sein Ton war verdrießlich.
    »Ja, Sir. Wir stellen das auch häufig fest. Doch bis Sie zu Hause sind, ist er wieder verflogen. Wenn nicht, lassen Sie den Diener die Überkleider gründlich lüften.«
    Er erhob sich. »Es tut mir leid, dass ich

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