Wer sich nicht fügen will
gegeben?«, fragte der Reporter des vierten Programms. Kaartamo lächelte selbstgefällig, gab aber keine Antwort. Als der Vertreter eines Boulevardblattes Kaartamo um einen Kommentar zu seinen Mafiaspekulationen vom Vortag bat, wurde er rot und wies die Frage zurück. Der Reporter versuchte es erneut. Kaartamo brauste auf:
»Wollen Sie um jeden Preis Panik schüren? Die Situation ist völlig unter Kontrolle.«
»Aber Riitta Saarnio hatte unseres Wissens keine Verbindung zu Prostituiertenkreisen. Aus welchem Grund wurde sie umgebracht?« Der Journalist in der ersten Reihe, der diese Frage stellte, war mir unbekannt. Vielleicht arbeitete er für eine der größeren Provinzzeitungen, die selten ihre eigenen Leute nach Espoo schickten, sondern sich mit den Bulletins des Finnischen Nachrichtenbüros begnügten. Die Frage sorgte für Unruhe im Saal. Die Reporter witterten einen Skandal: War die Frau von Sanierer-Saarnio womöglich in Sexgeschäfte verwickelt?
»Frau Saarnio hat ja die Leiche von Lulu Nightingale gefunden«, sagte ich gewissermaßen als Erklärung, konnte jedoch nicht verschweigen, dass Tero Sulonen am Vortag bei Riitta Saarnio angerufen hatte. Das Scheinwerferlicht stach mir in die Augen, ich spürte, wie ich zu schwitzen begann.
»Weiß man schon etwas über die Waffe, mit der auf Tero Sulonen geschossen wurde?« Der Kriminalreporter des dritten Programms hatte seine Frage an mich gerichtet. Kaartamo öffnete den Mund, doch ich fiel ihm ins Wort:
»Wir wissen, um welche Art von Waffe es sich handelt, halten die Information aber aus ermittlungstechnischen Gründen noch zurück. Wie Vizepolizeichef Kaartamo bereits angedeutet hat, stehen wir kurz vor dem Durchbruch. Der Täter hat zu viele Fehler gemacht. Möglicherweise bekommen Sie noch im Lauf des Abends oder spätestens morgen weitere Informationen. Wir werden Sie jedenfalls auf dem Laufenden halten. Ihre Kooperation ist wichtig für uns. Sie werden sicherlich mit Augenzeugen des gestrigen Anschlags oder Kollegen von Riitta Saarnio sprechen. Wir sind dankbar für jeden Hinweis, den die Medien uns geben können. Letzten Endes stehen wir ja auf derselben Seite.«
»Von der verschwundenen Frau, der mutmaßlichen Russin, hat man seit geraumer Zeit nichts mehr gehört. Hat die Polizei wenigstens ihre Identität festgestellt? Hat sie etwas mit den anderen Verbrechen zu tun?«, fuhr der Reporter des Dritten fort.
»Ihre Identität ist uns bekannt, aber weitere Kommentare kann ich dazu im Moment nicht abgeben«, antwortete ich. Ich hatte den Klingelton meines Handys zu Beginn der Pressekonferenz ausgeschaltet, doch es vibrierte pausenlos in meiner Tasche und störte die Mikrofone der Reporter. Ich schaltete es darum ganz aus. Dann beantwortete ich noch ein paar Fragen und übergab anschließend noch einmal Kaartamo das Wort. Nach dem Ende der Veranstaltung blieb der Kriminalreporter des dritten Programms zurück und wartete auf mich.
»Darf ich um eine Audienz bitten? Lass uns eine rauchen«, sagte er, obwohl er wusste, dass ich Nichtraucherin war. Ich nickte. Der Reporter bat seinen Kameramann, auf ihn zu warten. Normalerweise mussten Raucher vor die Tür, doch für Notfälle, wenn ein Zeuge gefügig gemacht oder Vertrauen aufgebaut werden sollte, gab es ein paar Räume, in denen geraucht werden durfte, auch wenn das ein grober Gesetzesverstoß war. Ich führte den Reporter in die Raucherzelle im Untergeschoss und bat ihn, mir auch eine Zigarette anzubieten, damit die Zellenaufsicht sich nicht wunderte. Dann schloss ich die Tür.
»Ich weiß nicht, ob an der Sache etwas dran ist«, begann er, »aber ich habe gestern mit einem Kollegen vom Politikressort gesprochen. Er war ziemlich aus dem Häuschen, weil Ilari Länsimies in diese Kriminalfälle verwickelt ist. Sein Name ist in jüngster Zeit nämlich in einem überraschenden Kontext aufgetaucht.«
Ich dachte als Erstes an die Mafia, doch der Reporter sprach bereits weiter:
»Gewisse Kreise hoffen, dass Länsimies in die Politik zurückkehrt, und zwar gleich an die Spitze: als Präsidentschaftskandidat.«
»Gewisse Kreise?«
»Es ist ja früher schon vorgekommen, dass ein Außenseiter zum Kandidat aufgebaut wird, denk nur an Ahtisaari. Ich weiß nicht, ob die Sache von Bedeutung ist und ob das Gerücht überhaupt zutrifft, aber jedenfalls ist es im Umlauf. Länsimies selbst ist angeblich Feuer und Flamme, sein politischer Ehrgeiz sei noch längst nicht ausgeschöpft, soll er gesagt haben.« Der
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