Wer sich nicht fügen will
für sie riskiert hatte.
Nachdem Saarnio gegangen war, kaufte ich im Erdgeschoss Salmiak. Puustjärvi lief mir nach, er hatte Neuigkeiten.
»Auf dem Parkplatz vor dem Big Apple wurde ein Wagen gesehen, bei dem es sich um Riitta Saarnios PKW handeln könnte«, sagte er. »Das Kennzeichen ist leider nicht bekannt, aber Marke, Modell und Farbe stimmen überein. Und die Uhrzeit passt auch, kurz nach fünf.«
»Wirkt der Zeuge zuverlässig?«
»Danach musst du Mira Saastamoinen fragen, sie hat ihn vernommen. Ich gehe gleich die Überwachungsvideos vom Parkplatz durch. Falls meine Augen noch mitmachen.« Puustjärvi massierte sich die Schläfen.
»Möchtest du zur Abwechslung lieber die Befragungen übernehmen?«
»Nein, was ich angefangen habe, führe ich auch zu Ende. Aber danach feiere ich sämtliche Überstunden ab, das sage ich dir. Natürlich erst, wenn der Fall geklärt ist. Sonst fragen meine Zwillinge demnächst, wer der fremde Onkel ist, wenn ich zur Tür reinkomme«, sagte er in überraschend heiterem Ton. Offenbar hing der Haussegen bei ihm wieder gerade.
Puupponen saß mit dem Polizeizeichner im Konferenzraum und rief mich herein, um mir die Skizze zu zeigen, die nach den Beschreibungen der Zeugen angefertigt worden war.
»Grüß dich, Kallio! Na, an welche bekannte Persönlichkeit erinnert dich das Bild?«, fragte der Zeichner eifrig. »Alle Zeugen haben von einem ausdruckslosen Gesicht gesprochen. Schau es dir an, ich finde, es hat große Ähnlichkeit mit dem Präsidenten unseres Nachbarlandes. Eindeutig Putin, oder?«
»Putin? Hat der einen Bruder bei der Russenmafia?«, wunderte sich Puupponen, doch dann fiel bei uns beiden gleichzeitig der Groschen.
»Verflixt und zugenäht! Der Kerl hat eine Maske getragen!«
SECHZEHN
Ich redete noch eine Weile mit Puupponen und dem Zeichner, doch es blieb dabei: Unsere Schlussfolgerung musste stimmen, so phantastisch sie auch klang. Folglich mussten die Augenzeugen erneut vorgeladen und gefragt werden, ob ihre Aussage über das Geschlecht der Gestalt im schwarzen Mantel auf den Gesichtszügen oder auf den Körperformen beruhte. Das war Puupponens Aufgabe.
Kaartamo hatte Fajitas mit Huhn in sein Büro bestellt. Die aß ich an sich gern, doch diesmal bereitete es mir schon Schwierigkeiten, auch nur die Guacamole herunterzubekommen. Als ich Kaartamo die Theorie von der Putin-Maske servierte, tropfte ihm Salsasoße auf die Krawatte. Riitta Saarnios Brief erfreute ihn dagegen sehr: Die Voruntersuchung könne also abgeschlossen und das Material dem Staatsanwalt übergeben werden, der dann über das weitere Vorgehen entscheiden solle. So schönte man die Aufklärungsquote.
»Ich halte es für verfrüht, Riitta Saarnios Geständnis publik zu machen, denn ich bin von seiner Echtheit noch nicht überzeugt. Warten wir erst das Gutachten ihrer Ärztin ab.« Ich hatte Frau Dr. Erkko-Salonen um Rückruf gebeten, bisher aber noch nichts von ihr gehört. »Ich schlage vor, dass wir die Fakten auf den Tisch legen, ohne sie aufzublähen. Wenn es neue Erkenntnisse gibt, berufen wir eben die nächste Pressekonferenz ein.«
»Das Wichtigste ist jetzt, die Öffentlichkeit zu beruhigen und zu sagen, dass es in Finnland keine schießwütigen Mafiosi gibt. Fällt es dir so schwer zu akzeptieren, dass die Täterin eine durchgeknallte Frau in den Wechseljahren ist? Warum den Teufel an die Wand malen?«
Ich verkniff mir den Hinweis, dass Kaartamo am Vortag selbst noch die Mafiatheorie verfochten hatte. Vor den Medien mussten wir, so gut es ging, einmütig auftreten. Am besten fragte ich gleich auch einige Reporter, die ich kannte, nach Hinweisen von ihren Informanten in der Unterwelt.
Kaartamo sagte, er wolle zuerst sprechen, ich könne dann auf Einzelheiten eingehen. Mir war das recht. Ich ging zur Toilette, um noch einmal Puder aufzulegen und die Lippen nachzuziehen. Kaartamo wechselte die Krawatte und meinte entschuldigend, die rot geblümte sei für offizielle Anlässe unpassend, er benutze sie sonst nur zum Ausgehen.
Als wir ins Auditorium gingen, wo uns die Vertreter der Medien erwarteten, war ich nervös. Obwohl ich mich oft klein und unbedeutend fühlte, wenn ich alleine mit der Pressereferentin vor Kameras und Mikrofone treten musste, wäre mir diese Situation immer noch lieber gewesen als der Balanceakt an Kaartamos Seite. Er konnte sich gleich zu Beginn die Andeutung nicht verkneifen, die Polizei sei dem Täter dicht auf den Fersen.
»Hat es eine Verhaftung
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