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Wer sich nicht fügen will

Wer sich nicht fügen will

Titel: Wer sich nicht fügen will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Letholainen
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Abloy-Schloss, mit dem ich in weniger als fünf Minuten fertig wurde. Ich war keine Einbruchspezialistin, doch die Grundkenntnisse hatte ich mir angeeignet. Um mein halb illegales Vorgehen zu rechtfertigen, sagte ich mir, dass Oksana halb verhungert sein musste und wegen der entzündeten Wunden womöglich sogar in Lebensgefahr schwebte. Als die Tür endlich aufsprang, ließ ich Ursula vorangehen. Sie leuchtete den Raum mit der Taschenlampe aus, die sie in der linken Hand hielt. Die rechte tastete nach der Waffe.
    Aus der Ecke am hinteren Fenster war ein Rascheln zu hören. Wir traten näher. In der Gestalt, die auf dem Fußboden kauerte, erkannte ich Oksana Petrenko, die noch elender aussah als in der Klinik. Ihre Haare waren strähnig und verfilzt, die Wunde im Gesicht hatte sich entzündet und eiterte. Anstelle ihres Pelzmantels trug Oksana eine grüne Steppjacke mit passender Hose, das Outfit schien aus den siebziger Jahren zu stammen. Das Licht unserer Taschenlampen blendete sie. Zitternd hob sie den Arm. Sie hielt ein Brotmesser in der Hand.
    »Don’t worry, Oksana. We are friends. Lulu’s friends. We have food for you. Stand up.« Ursula lehnte sich zurück und zeigte auf die Einkaufstüte. Oksana starrte die Tüte an, als könne sie nicht glauben, was sie sah. Ihre Augen glänzten fiebrig.
    Ursula befahl Oksana auf Englisch, das Messer wegzulegen, doch sie gehorchte nicht. Immerhin stand sie vorsichtig auf und stützte sich mit einer Hand am Tisch ab. Das Messer in der anderen Hand zitterte derart, dass es eine Leichtigkeit gewesen wäre, es ihr abzunehmen. Ursula trat näher heran und lächelte. Ich blieb absichtlich im Dunkeln.
    » Gde Lulu? «Oksana sprach mühsam, es klang, als habe sie Halsschmerzen. » Lulu unter? «
    Ich wusste, dass Ursula ihre Fragen nicht verstand: Wo ist Lulu, ist Lulu tot? Wie hatte Oksana davon erfahren?
    Ursula deutete auf die Petroleumlampe, die auf dem Tisch stand, und da Oksana keine Einwände machte, zündete sie die Lampe an. Oksana starrte auf die Tüte und war im Begriff, das Messer wegzulegen, da bemerkte sie mich. Die Erleichterung, die sich auf ihrem Gesicht abgezeichnet hatte, wich purem Entsetzen. Ursula sah es, legte die Taschenlampe auf den Tisch und packte Oksanas Handgelenk. Das Mädchen versuchte sich zu wehren, war aber zu schwach. Das Messer fiel herunter, ich machte einen Satz und nahm es an mich.
    » Schto eto? Ana milisija … «Oksana versuchte sich loszureißen und wegzulaufen, doch Ursula war stärker. Sie hielt Oksanas Handgelenk nun mit beiden Händen fest.
    »Es ist nicht nötig, sie so hart anzufassen«, sagte ich zu Ursula. Man sah Oksana an, dass sie am Ende ihrer Kräfte war.
    »Der Schlüssel steckt von innen, ich schließe die Tür ab. Lass sie los.«
    Ursula gehorchte und drückte Oksana auf einen Stuhl. Das Hinsetzen bereitete ihr offensichtlich Schmerzen, ihr traten Tränen in die Augen. Ich kümmerte mich um die Tür. Dann machte ich ein paar Schritte zu Oksana hin.
    » Dobryi vetscher « , sagte ich freundlich. »Keine Angst. Wir kommen als Freunde«, fügte ich in holprigem Russisch hinzu.
    Die Temperatur in der Hütte betrug sicher nicht viel mehr als zehn Grad. Es roch nach Öl, doch der Ölofen brannte nicht. Offenbar war der Brennstoff ausgegangen. Auch der Kamin war kalt. Ein rauchender Schornstein hätte natürlich verraten, dass sich jemand in der Hütte aufhielt. Auf dem Tisch standen ein Radio und ein kleines tragbares Fernsehgerät aus einer Zeit, als sich noch niemand vorstellen konnte, dass es eines Tages Digitalempfänger geben würde. Dahinter befand sich eine kleine Kochnische mit einem zweiflammigen Gaskocher, einem Wasserhahn, aus dem nur kaltes Wasser lief, und einem Spülbecken. Im Alkoven stand ein dreistöckiges Bett, doch sämtliche Bettdecken lagen auf der Schlafcouch. Es gab weder Bilder noch Bücher, dafür hingen Webteppiche und Kreuzsticharbeiten an den Wänden. Ein heller Fleck verriet, dass der Teppich, der jetzt das Fenster zum Weg verdunkelte, dort gehangen hatte. Vor dem rückwärtigen Fenster hingen Vorhänge, die ebenfalls kaum Licht durchließen.
    »Ja, wir sind von der Polizei«, sagte ich zu Oksana, während Ursula die Lebensmittel auspackte. Baguette, Käse, Äpfel, Orangensaft, Fleischklößchen und Teebeutel. Ich entdeckte neben dem Kocher einen Topf, füllte ihn mit Wasser und suchte Streichhölzer, um das Gas anzuzünden, fand aber nur zwei leere Schachteln. Ursula sah, was ich vorhatte, und warf

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