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Wer sich nicht fügen will

Wer sich nicht fügen will

Titel: Wer sich nicht fügen will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Letholainen
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großes Publikum zu erreichen. Das arme Mädchen. Ist sie sehr qualvoll gestorben?« Nun bröckelte die Fassade, und Riitta Saarnio begann zu zittern. »Eine schreckliche Vorstellung – wir machen eine Fernsehshow, während unmittelbar daneben ein Mensch stirbt, ganz allein …« Sie atmete schwer und immer hastiger, und ich befürchtete schon, dass sie hyperventilierte, doch dann schien sie die Beherrschung wiederzugewinnen. Eine Weile saß sie mit geschlossenen Augen da, ganz auf die Atmung konzentriert.
    »Erzählen Sie mir noch, wie Sie die Leiche gefunden haben, dann ist es überstanden«, sagte ich freundlich. Koivu nahm eine Pflaume aus der Obstschüssel. Hinter mir tapste es leise, dann kam eine große dunkelgraue Katze hinter dem Stuhl hervor. Ihr Fell war lang und buschig, über eine Seite der Schnauze lief ein weißer Streifen. Sie sprang ihrer Besitzerin auf den Schoß und begann zu schnurren. Frau Saarnio entspannte sich sichtlich.
    »Da gibt es nicht viel zu erzählen. Ich habe an die Garderobentür geklopft, als es Zeit wurde. Da Lulu nicht antwortete, habe ich noch einmal geklopft. Dann habe ich in der Damentoilette nachgeschaut, denn bei manchen Gästen spielt der Magen kurz vor dem Auftritt verrückt. Aber auf der Toilette war niemand. Als sich beim dritten Klopfen immer noch nichts rührte, habe ich die Tür aufgeschlossen. Da lag sie, in einer ganz merkwürdigen Haltung, mit verzerrtem Gesicht. Ich wusste sofort, dass nur Tote so aussehen, und … An den Rest erinnere ich mich nicht genau, ich hatte einfach das Gefühl, sofort unter Lebenden sein zu müssen, und bin ins Studio gerannt und …« Frau Saarnio zitterte wieder. Die Katze richtete sich beleidigt auf, stupste an ihre Wange und legte sich dann wieder hin.
    »Sie hatten also einen Schlüssel zu Lulus Garderobe?«
    »Ich habe eine Schlüsselkarte, mit der man in alle sechs Garderoben kommt.«
    »Gibt es davon nur ein Exemplar?«
    »Nein. Ilari und Nuppu haben die gleiche. Die Gäste bekommen eine Karte für ihre eigene Garderobe, die sie beim Weggehen wieder abgeben. Manche vergessen das natürlich, was sehr ärgerlich ist, denn es kostet Zeit und Geld, das Schloss neu zu programmieren.« Riitta Saarnio wurde sofort ruhiger, wenn sie über etwas anderes sprach als über Lulus Tod. Doch plötzlich änderte sich ihr Gesichtsausdruck erneut, sie sah zuerst nachdenklich aus, dann entsetzt.
    »Nuppus Schlüsselkarte … Sie hatte es furchtbar eilig, deshalb hat sie ihre Handtasche auf dem Tisch vergessen. Später rief sie an und bat mich, die Tasche in den Schrank zu schließen. Das habe ich auch getan, aber bis dahin hatte die Tasche mit der Schlüsselkarte mindestens eine halbe Stunde auf dem Tisch in der Maske gelegen, wo sie praktisch jeder an sich nehmen konnte. Hat Nuppu ihre Tasche mittlerweile abgeholt? Wir müssen sie fragen, ob die Karte da ist! Soll ich sie gleich anrufen?«
    »Nicht nötig, vorläufig hat niemand Zutritt zum Studio. Der Polizist, der dort Wache hält, kann einen Blick in die Tasche werfen, wenn Nuppu Koskela ihre Einwilligung gibt.«
    Ich holte tief Luft. Das war ein wichtiges, vielleicht sogar entscheidendes Detail. Falls die Schlüsselkarte wirklich verschwunden war, hatte ein Außenstehender durchaus die Möglichkeit gehabt, in Lulus Garderobe zu gelangen. Aber wie war das Gift in die Flasche gekommen? Lulu hatte die Garderobe nicht verlassen. Und wann hätte der Unbekannte überhaupt das Gebäude betreten können? Hatte er bereits seit dem Morgen dort gewartet?
    »Waren vor der Aufzeichnung irgendwelche Fremden im Gebäude? Lieferanten oder Handwerker zum Beispiel?«
    »Am Donnerstag? Nein … Allerdings war ich nicht die ganze Zeit dort. Ilari und ich sind erst um zehn Uhr hingefahren, denn an Sendetagen wird es abends spät, da ist es ratsam, morgens länger zu schlafen. Wir haben zwei Stunden lang den Ablauf der Show festgelegt, dann ist Ilari nach Hause gefahren, um sich auszuruhen. Ich habe mit dem Tonmeister, dem Beleuchter und den Kameraleuten die technischen Dinge besprochen und war zwischendurch in Tapiola zur Massage. Schon möglich, dass in der Zwischenzeit jemand gekommen ist …«
    Man hörte Schritte im Flur, dann ein Hüsteln, als wollte Arto Saarnio seine Ankunft ankündigen.
    »Die Zeit, die der Arzt Ihnen zugestanden hat, ist um. Meine Frau darf sich nicht überanstrengen.«
    Er hatte unser Gespräch offenbar mit angehört, wie hätte er sonst genau im richtigen Moment hereinkommen können. Er

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