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Wer stiehlt schon Unterschenkel: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Titel: Wer stiehlt schon Unterschenkel: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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üblichen Bons für Sauerstoffduschen oder Wasserkonserven, Drogen oder Naturallebensmittel boten. Um den Zentralsaloon mußten sie einen weiten Bogen schlagen, solch ein Gedränge herrschte dort; Bud Spencer erklärte, um diese Zeit würden immer Arbeitslizenzen als Extraprämie ausgelost. Fast ebenso stark war der Andrang zu einem Saloon, in dem es Pseudoerlebnisse zu gewinnen gab; die Plakate versprachen »alle Herrlichkeit auf Erden«, von einem Tag im Schlaraffenland bis zum Besuch im Harem des Sultans von Konstantinopel.
    »Vielleicht dort?« Smiley zeigte auf einen »Tattoo-Duell-Saloon«, wo der Gewinner des Duells den Unterlegenen nach seinem Geschmack und auf dessen Kosten verzieren oder wahrscheinlicher verunzieren lassen konnte. »Interessiert er sich nicht für Tätowierungen?«
    »Ich glaube nicht. Seinen Drachen hat er aus Asien mitgebracht, es ist das Zeichen der Goldenen Dün, des höchsten Meistergrades indonesischer Kochkunst.«
    Dann entdeckten sie ihn. Beim Detroit-Hazard. Er stand innerhalb der Absperrung und strich um die alten Wagen herum, die von hier aus mit Vollgas starten und die etwa dreihundert Meter lange, von Menschen umsäumte Rennstrecke herunterrasen und so dicht wie nur möglich vor einem Abgrund stoppen sollten. Sieger war, wer zuerst ankam und am dichtesten vor der zwanzig Meter tiefen Schlucht stehenblieb. Wenn er den Wagen zum Halten bekam. Einmal täglich, niemand wußte, in welchem Rennen, wurden bei einem der Autos die Bremsen blockiert.
    »Hoffentlich hat er sich nicht schon einschreiben lassen!« Timothy boxte sich zur Absperrung vor, bis er in Reichweite Puissants kam. Wenn der es war. Der Mann trug einen weiten Umhang, der seine Figur verhüllte, und ein Kopftuch; aber als er sich umdrehte, sah Timothy, weil das Tuch zu fest gebunden war, daß dem Mann das rechte Ohr fehlte.
    »He, Mister!« rief Timothy. »Haben Sie Lust auf eine Wette? Tausend Dollar für den, der die originellere Tätowierung hat.« Der Mann drehte sich um, musterte Timothy, zog den linken Ärmel zurück und enthüllte das kunstvoll ausgeführte Bild eines grünblauen Drachens mit roten Augen. Es war tatsächlich der Drachen des Goldenen Dün. Puissant hielt die offene Hand hin. »Tausend Dollar, Mister Winzig. Oder haben Sie etwas Besseres vorzuweisen?«
    »Gewonnen.« Timothy zückte eine Tausenddollarnote. »Und was halten Sie von einem lukullischen Duell? Jeder kann drei Gerichte bestimmen. Ich setze als Preis die Beschreibung des berühmten, verschollen geglaubten Festmahls, das Alexander Newski Anno zwölfhundertvierzig gab, nachdem er die Schweden besiegt hatte. Vor ein paar Jahren wurde ein Pergament mit allen Details gefunden.«
    »Ich hörte davon.« Puissant sah Timothy prüfend an. »Und das Original wollen Sie haben?«
    »Nicht das Original. Aber eine beglaubigte Kopie. Die einzige in den Staaten. Sind Sie interessiert?«
    »Dafür laß ich das hier allemal sausen.« Puissant wandte sich an die Zuschauer. »Will jemand für mich fahren?« Als die erste Hand sich hob, war Puissant schon mit erstaunlicher Behendigkeit über die Absperrung geklettert.
    »Los, kommen Sie, Mister Winzig. Verschwinden wir, bevor die Rennleitung Wind kriegt.«
    Er nahm Timothy an die Hand und zog ihn davon. Die Umstehenden begannen zu lachen und ihnen unflätige Witze nachzurufen. Sie mußten in der Tat ein komisches Bild abgeben. Timothy stellte im Laufen den »Ohrwurm« an.
    »Hallo, Smiley! Schaff uns die Spencers vom Hals und komm nach. Wenn wir uns verfehlen, Treffpunkt Südausgang der Funny Hills. Von dort nehmen wir uns ein Taxi. Oder wir sehen uns bei mir im ’Nebraska‹. Ende.«
    Bald war es Timothy, der Puissant hinter sich herzog. Puissant keuchte, Schweiß rann ihm über die Stirn, schließlich blieb er stehen, und Timothy versuchte vergeblich, ihn weiterzuziehen.
    »Ich muß erst mal unter eine Sauerstoffdusche, Mister Winzig. Wenn ich ersticke, können wir unser Duell nicht austragen.«
    Timothy blickte sich um. »Dort!« An einer kleinen Abzweigung stand ein Hinweisschild auf einen Stützpunkt der PUBLIC HEALTHFARE. Aber sie erreichten das Haus nicht mehr. Plötzlich drangen zwischen den Büschen und halbverfallenen Baracken Leute mit verbitterten, entschlossenen Gesichtern hervor, Throwaways und Outdrops 9 aller Altersstufen. Sie formierten sich zu einem Zug, der immer dichter wurde, Timothy und Puissant einkeilte und vorwärts schob. Einer fing an zu schreien: »Wir fordern Drops!«, und

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