Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wer stiehlt schon Unterschenkel: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Titel: Wer stiehlt schon Unterschenkel: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
Vom Netzwerk:
wärst ein unbewußter Spion und wir könnten den hypnopädischen Auftrag löschen. Doch das ist nur selten möglich.«
    »Berichte, ich sei bereit.«
    »Wann, Tiny?«
    »Von mir aus sofort.«
    Sie lehnte sich zurück, nahm das Teeglas und sah ihn fast liebevoll an. »Ich hoffte, daß du so reagieren würdest. Ich hatte Angst, du könntest versuchen, Zeit zu gewinnen, einwenden, daß dein Kopf noch keine Belastungen verträgt... Also heute. Der Große Bruder braucht dich.«
    »Kennst du ihn persönlich?« Timothy wurde ganz aufgeregt. »Erzähl mir von ihm. Ich will nicht wissen, wer er ist, aber wie ist er? Ich kenne doch nur diese blecherne Quaserstimme. Manchmal stelle ich ihn mir jung und kraftvoll vor, dann wieder denke ich, er muß uralt sein, ein weiser Mann mit gütigem Gesicht –«
    »Und einem weißen Vollbart?« Sie prustete los.
    »Du bist albern.«
    »Entschuldige, bitte.« Sie mußte sich zwingen, wieder ernst zu werden. »Das ist nun der berühmteste Detektiv der Staaten. Der Große Bruder, lieber Tiny –«
    »Sag nicht, daß es nur ein Automat ist!«
    »Der Große Bruder bin ich.«
    »Du?« Es dauerte lange, bis Timothy die Sprache wiederfand. »Warum hast du denn –«
    »So große Augen?« ergänzte sie. »Damit ich dich besser durchschauen kann. Und warum hast du –«
    »So große Ohren?« fuhr Timothy in fast feierlichem Ton fort. »Damit ich besser lauschen kann.«
    Er wollte aufspringen und sie umarmen, aber dann beugte er sich nur zu ihr hinüber und hielt ihr die Hand hin. Sie drückte sie mit beiden Händen. Er entdeckte in dem Grau ihrer Iris goldgelbe Pünktchen.
    »Erinnerst du dich?« Er kicherte. »Einmal habe ich gesagt, ich würde dich mir als eine schöne Frau vorstellen und mich in dich verlieben.«
    »Und nun bist du enttäuscht, daß ich nicht schön bin.«
    »Ich finde dich sehr schön. Nur diese Haare! Warum färbst du sie so billig blond?«
    »Um der echten Fischlieferin ähnlich zu sehen.«
    »Hoffentlich glaubt uns die NSA ein kleines Abenteuer. Du weißt doch, daß ich überwacht werde?« fragte er erschrocken. »Keine Angst, die NSA-Leute wissen nicht, daß ich hier bin. Hier oben haben sie nur Technik installiert. Vorhin, als ich scheinbar ging, war zufällig ein elektronischer Breakdown in deiner Etage. Niemand hat gesehen, daß ich nicht einstieg. Unten ist dann wieder das echte NEPTUN-Girl aus dem Fahrstuhl gestiegen.«
    »Und wie kommst du wieder weg?«
    »Das geht dich gar nichts an.«
    »Weißt du was«, sagte Timothy vergnügt, »ich trink einen Whisky, den ersten seit über drei Wochen. Willst du auch?«
    »Wir beide nicht, Tiny. Ich werde dich jetzt testen.«
    »Jetzt gleich?«
    »Hast du Angst?«
    »Lach mich nicht aus – wie soll ich dich eigentlich nennen? Großer Bruder geht nicht mehr.«
    »Wie gefällt dir Anne?«
    »Sehr gut.« Timothy goß Tee nach, tat Zucker hinein, rührte lange, bevor er aufblickte. »Ja, Anne, ich habe Angst. Was weiß ich, was alles mit mir geschehen ist, und ich möchte so gerne noch – noch mal einen Whisky trinken.«
    »Du sollst ihn bekommen«, versprach sie.
    »Hoffentlich nicht als Henkersmahlzeit.«
    Anne brauchte lange für die Vorbereitungen. Timothy ertappte sich ein paarmal bei dem Gedanken, ob er sie nicht um Verschiebung bitten sollte, doch sie nickte ihm immer wieder ermutigend zu, während sie den Quaserschwingquarz im Waschbecken sendebereit machte, Elektroden, Kabel und einen Haufen elektronischer Paks aus ihrer Uniform hervorzauberte, zusammenbaute und schließlich Timothy die Elektroden an Stirn und Schläfen, an Hinterkopf, Nacken und Puls, über dem Herzen und der Wirbelsäule befestigte.
    »So, wir können anfangen.« Sie sah ihm in die Augen. »Willst du mir vorher noch etwas sagen? Ich könnte es verstehen, wenn du schwach geworden wärst. Ich müßte dir dann nur das Kurzzeit- und das Mittellanggedächtnis löschen, um die Erinnerung an diesen Vormittag zu tilgen. Du könntest weiterhin der berühmte Timothy Truckle sein. Nur nicht mehr unser Bruder.«
    »Auch wenn ich gesungen hätte, Anne?«
    »Was hättest du schon verraten können? Nur dich selbst. Als wir erfuhren, daß man dich verhaftet hat, haben wir sofort alle alten Verbindungen gekappt. Ein Kundschafter weiß wenig über das eigene Lager.«
    »Ich habe nichts verraten, Anne, und sie haben mich nicht umgedreht, zumindest nicht wissentlich. Fang schon an.«
    Sie injizierte ihm das Testserum. Timothy spürte ein Brennen, das sich durch die Adern

Weitere Kostenlose Bücher