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Wer stiehlt schon Unterschenkel: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Titel: Wer stiehlt schon Unterschenkel: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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gespürt und eine halbe Stunde lang mit Napoleon Trickmühle gespielt.
    Der Gong des Communicators meldete, daß ein Besucher angekommen war, das NEPTUN-Girl, wie Timothy sich mit einem flüchtigen Blick auf den Bildschirm vergewisserte. Sie trug die enganliegende, silberglänzende Schuppenuniform mit dem Dreizack und balancierte auf beiden Händen einen Karton aus grüner Folie, in dem der bestellte Zander sein mußte. Als Timothy die Tür öffnete, stutzte er. Statt des erwarteten blutjungen, auf Sex dressierten Girls sah er eine Frau von etwa vierzig Jahren mit goldblond getöntem, vielzöpfig geflochtenem Haar.
    Ihr Lächeln gefiel ihm. Timothy führte sie in die Küche, bat sie, die Packung zu öffnen, begutachtete den auf Eisstückchen gebetteten Fisch und fragte sie dann, ob er ihr einen Tee anbieten dürfe.
    »Danke, Mister Truckle, sehr freundlich, aber ich muß noch andere Kunden beliefern.« Sie schaute auf die Uhr, stand einen Augenblick unentschlossen da, Timothy hoffte schon, daß sie doch Zeit für eine Teepause finden würde, da wandte sie sich zum Gehen.
    Timothy sah ihr nach, als sie zum Fahrstuhl ging. Sie schien es zu ahnen; sie drehte sich um, erwiderte sein Lächeln, blickte noch einmal zur Uhr, stürzte dann zurück, drängte Timothy in den Flur, schloß die Tür hinter sich und legte den Zeigefinger an die Lippen. Bevor Timothy sich von seiner Überraschung erholt hatte, hielt sie ihm die linke Hand hin. Ein Puzzlestein lag darin, und die beiden angeknickten Zungen besagten, daß der Große Bruder sie geschickt hatte.
    Sie schien sich gut in der Wohnung auszukennen. Sie ging geradenwegs zum Mausoleum, öffnete die Tür ohne Schwierigkeiten, trat ein und schlug Timothy die Tür vor der Nase zu. Kurz darauf kam sie wieder heraus, löste einen Teil der Scheuerleiste, zog eine schmale Folie heraus und betrachtete sie aufmerksam. Dann winkte sie Timothy in das Mausoleum. Als er die Tür verriegelt hatte, lachte sie erleichtert.
    »Guten Tag, Bruder. Es scheint dir wieder besser zu gehen. Wir waren alle sehr besorgt um dich.«
    »Keine Angst, Zwerge vergehen nicht so leicht. Kannst du mir mal erklären, was du da eben –«
    »Du hattest mir einen Tee versprochen«, erinnerte sie ihn. Als Timothy mit dem Servicewagen kam, untersuchte sie gerade das Handwaschbecken.
    »Alles okay«, erklärte sie. »Und die Folie – Beim Einbau hat einer der Techniker den ganzen Block des Mausoleums mit einer vom Hersteller nicht vorgesehenen Plastschicht überzogen; die Folie würde anzeigen, wenn dein Mausoleum undicht geworden wäre.«
    »Es ist immer wieder beruhigend, zu erfahren, wie gründlich ihr seid«, sagte Timothy spöttisch. »Aber das hätte ich dir auch so sagen können. Niemand war in meiner Abwesenheit hier außer Puissant, und der ist bestimmt kein Mitarbeiter der NSA.«
    »Sei nicht so sicher, Napoleon könnte so manipuliert worden sein, daß er es dir nicht meldet.«
    »Aber dann hätte ich zumindest erfahren, daß er manipuliert worden ist.«
    »Und Josuah Trevers?«
    »Der gute Joe ist ein Informant der NSA, ich weiß, und ich habe mir immer viel Mühe gegeben, daß er das Richtige zu melden wußte, aber ich habe auch aufgepaßt, daß er keine Dummheiten machen kann.«
    »Berichte«, forderte sie. »Wie ist es dir ergangen, wie fühlst du dich jetzt, was brauchst du?«
    »Hast du Zeit?« Da sie nickte, gab Timothy ihr einen ausführlichen Bericht über seine Verhaftung, die Erlebnisse im Hauptquartier der NSA, die überraschende Freilassung und die Fortschritte seiner Wiederherstellung. »Ich denke«, schloß er, »in ein paar Tagen bin ich wieder ganz der alte – nein«, korrigierte er sich, »das wohl nie mehr. So etwas prägt einen zeit seines Lebens. Aber ich werde wieder voll einsatzfähig sein. Und bereit.«
    Sie sah ihn prüfend an.
    »Ihr denkt doch nicht etwa, daß man mich umgedreht haben könnte?«
    »Du wärest nicht der erste. Bitte verstehe uns recht, Tiny. Es bedrückt uns nicht wenig, daß wir einen Bruder, der den Fängen der NSA entkommen ist, nicht einfach in die Arme schließen können, sondern ihm mißtrauen müssen, aber –«
    »Wollt ihr mich testen?«
    »Wenn du weiter mitmachen willst, müssen wir es.«
    »Okay. Wann?«
    »Du weißt, was das bedeutet?«
    »Ich weiß es.« Timothy sah ihr in die Augen. »Wenn ich nicht mehr sauber bin, werde ich es nicht überleben, weil ich sonst das Geheimnis des Tests verraten könnte – das meinst du doch?«
    »Es sei denn, du

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