Wer stiehlt schon Unterschenkel: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)
Zwang, daß ich die Arbeit, die Timothy Truckle in meinem Auftrag in bezug auf Arribert Blacksmith erledigte, nur benutzen werde, um das Auftreten von Arribert Blacksmith zu verhindern. Andernfalls entbinde ich Timothy Truckle von seiner Schweigepflicht.«
Den Zettel mit dem Text steckte er ein. »Bitte, Mister Truckle.«
»Die Antwort«, sagte Timothy, »ist so einfach und genial wie die Idee mit dem famosen Doppelgänger: Was jeder weiß, doch niemand wissen darf.«
Dulles sah ihn mißtrauisch an. »Soll das die Lösung sein?«
»In gewissem Sinne, ja. Ich habe als erstes ausgeschlossen, daß an Arribert Blacksmith’ körperlicher Verfassung etwas auszusetzen sein könnte.«
»Worauf Sie Gift nehmen können! Die haben ihm sogar den Blinddarm mit einer altertümlichen Operationsnarbe herausholen lassen, darauf halte ich jede Wette.«
»Bleiben die psychische und die geistige Verfassung. Über die psychische können wir ebensowenig wissen wie die SOLIDAD. Was also, lautete die Frage, könnte ich herausbekommen, was Arribert Blacksmith trotz all seiner Berater und trotz jahrelangem Training nicht weiß, was er aber wissen müßte? Die Antwort: Was jeder weiß, doch niemand wissen darf. Sehen Sie, Mister Dulles, jede Zeit hat ihre Skandale, große und kleine, öffentliche und heimliche. Und hin und wieder gibt es einen Fall, der sowohl heimlich als auch öffentlich ist, ein Skandal von solchen Ausmaßen, daß jedermann ihn kennt, andererseits so brisant, daß bei seiner öffentlichen Erörterung die ganze Gesellschaft explodieren könnte. Haben Sie einmal vom Emerson-Skandal gehört?«
Dulles schüttelte den Kopf. Timothy goß Tee und Whisky nach. »Kurz bevor der richtige Arribert Blacksmith sich einfrosten ließ, kannte jedes Kind den Emerson-Skandal. Trotzdem werden Sie in keiner Zeitung und keinem Filmbericht ein Wort davon finden.« Timothy kicherte. »Nicht mal in denen, die die SOLIDAD nicht hat stehlen lassen. Präsident Emerson hatte eine grandiose Idee: Er gründete ein Präsidium der Nationalen Sicherheit, das alle Geheimdienste kontrollieren sollte. In dieses Präsidium durfte jeder der MULTIs, wie man damals die großen Konzerne nannte, einen Vertreter im Rang eines Vizepräsidenten senden, der dann kostenlos und prompt von sämtlichen Geheimdienstberichten aus dem In- und Ausland eine Kopie erhielt. Der Eintrittspreis für diesen exklusiven Club war, gemessen an dem Wert der Informationen und den Summen, die die Konzerne bislang ausgeben mußten, um nur einen Teil davon zu erhalten, sensationell niedrig: zehn Millionen Dollar. Auf das Privatkonto des Präsidenten. Darüber ist nie etwas gesagt oder geschrieben worden, nicht einmal im Kongreß oder in einem kleinen Blatt. Hier waren sich alle einig, Regierung, Parteien, Geheimdienste, Konzerne, und sie spielten ihre Macht unbarmherzig aus.«
»Und wie«, sagte Dulles, »wie beweisen Sie, daß Blacksmith es gewußt haben muß?«
»Es gibt in der Zentraldatei einen Polizeibericht über die Unruhen an den Schulen und Universitäten im Zusammenhang mit dem Emerson-Skandal. Es ist zu Straßenschlachten, Verhaftungen und Schießereien gekommen. Es hat Tote gegeben. Auch an der Schule, in der Blacksmith unterrichtete. Dieser Polizeibericht ist natürlich nicht öffentlich zugängig.« Timothy lachte verschmitzt. »Er ist auch in den letzten fünfzig Jahren nicht eingesehen worden. Deshalb bin ich sicher, daß die SOLIDAD nichts davon weiß. Hier ist die Registriernummer.« Er gab Dulles eine Folie. »Sie würden jederzeit die Freigabe des Dokumentes für ein Gerichtsverfahren bekommen. Sie können es der SOLIDAD androhen. Außerdem können Sie bluffen, können andeuten, daß wir noch mehr Trümpfe in der Hinterhand haben. Wenn wir noch mehr Zeit hätten, könnten wir vielleicht den Namen von Blacksmith in die Akte schmuggeln, zum Beispiel auf einer Liste mit Lehrern, die der Beteiligung an den Unruhen verdächtigt wurden.«
»Eine blendende Idee.« Dulles erhob sich. »Sie sind wirklich der Größte.«
7.
Die folgenden Stunden wollten und wollten nicht vergehen. Timothy stellte sogar den Videomat an und versuchte, einem der Programme Geschmack abzugewinnen. Er bereitete Kartoffelklöße, vergaß sie aber, so daß sie zu einem unansehnlichen Brei verkochten. Timothy kamen die Tränen, als er es entdeckte. Wer weiß, wann es ihm wieder gelingen würde, Kartoffeln aufzutreiben. Nicht einmal der Whisky wollte ihm schmecken. Zweimal rief er bei Dulles an,
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