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Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater

Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater

Titel: Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ein Kind lächelte sie, als sie hinterher sagte:
    »Fertig?«
    »Ja. Lassen Sie das Tuch über Ihren Augen. Gewöhnen Sie sich an die Helligkeit. Diese Sonne ist schrecklich und macht blind. Ich habe zehn Wochen gegen sie gekämpft, bis wir uns aneinander gewöhnten. Jetzt geht es.«
    Sie nickte, preßte mit beiden Händen den Lappen auf die Augen und saß da mit zurückgelegtem Kopf. Das Kleid spannte über ihren Brüsten … es waren schöne, jugendliche Brüste, rund und fest.
    »Ich heiße Perkins«, sagte sie, »aber geboren bin ich in Düsseldorf. Damals hieß ich Hartmann. Annamaria Hartmann.«
    »Annamaria –«, sagte er und legte die Hände aneinander. Er wußte plötzlich nicht, was er mit ihnen beginnen sollte. »Wie schön –«
    »Wie kommen Sie hierher?« fragte sie.
    »Wie Sie, Annamaria. Dieses verfluchte Meer! – Ich hatte mal ein Schiff, eine Frau und drei Kinder. Dann kam der Sturm. Er zerschlug alles, nur mich nicht. Als ich am Strand dieser Insel aufwachte, mit einem zerbrochenen Knochen, der mich wochenlang töten wollte, war ich allein.«
    »Eine schreckliche Geschichte.« Sie schwieg, nahm das Tuch von den Augen und sah ihn an. Ihr Blick war von einer Sanftheit, die ihn zerstörte. Er wich den Augen aus und goß Regenwasser aus dem gekühlten Plastikbeutel in eine kleine Schüssel aus Palmholz. »Wir saßen in einem Flugzeug, als der Blitz einschlug. Das Flugzeug stürzte ins Meer und zerplatzte. Shirley und ich schwammen in einem Teil des Rumpfes herum. Wir hatten gerade noch Zeit, die Schwimmwesten umzulegen. Damit erreichten wir einen Teil des Flügels, er trug uns wie ein Floß … und kurz darauf versank auch der Rumpf.«
    »Das blinkende Ding da draußen auf der See war also ein Stück vom Flugzeugflügel? An alles hätte ich gedacht – aber ein Flugzeug hier im vergessensten Winkel der Erde?« Bäcker reichte ihr die Schüssel mit Wasser. Sie trank, und er sah, wie es ihr guttat. »Und die Haie?« fragte er.
    »Wir haben nie daran gedacht.« Sie stellte die Schüssel ab und sah ihn wieder mit den sanften Augen an. Es ist schrecklich, dachte er. Ich lege ihr das Tuch wieder über das Gesicht. Man muß diese Augen zudecken, sie machen einen verrückt. Diese großen, runden, braunen, sanften Rehaugen.
    »Wir hatten gar keine Zeit, daran zu denken«, sagte sie weiter. »Erst als Shirley das Ufer sah und mir zuschrie: ›Jetzt kann uns kein Hai mehr fressen!‹ fing ich vor Angst an zu schreien.«
    »Er heißt also Shirley?« fragte Bäcker und blickte hinüber zu der Buschgruppe. Dort rührte sich noch nichts. Er ist umgefallen wie ein gefällter Baum, dachte Bäcker. So ein Kerl mit Muskeln wie ein Stier. Es werden noch viele Probleme auf uns zukommen. »Ihr Mann?«
    »Ich heiße Perkins.«
    »Shirley kann ein Vorname sein.«
    »Er heißt Paul Shirley. Mein Mann hieß Yul. Er ist tot.«
    »Dieses verdammte, dreimal verdammte Meer!«
    »Nein, er ist nicht ertrunken. Yul starb schon früher.« Sie nahm die Haare mit den Händen und warf sie nach hinten über den Rücken. »Vor einem halben Jahr …«
    »Ist Paul Ihr Freund?«
    Die Frage tat ihm weh, schmerzte im Herzen, und er nannte sich einen Idioten.
    »So kann man das nicht nennen«, sagte sie. »Aber er paßt auf mich auf. Er wird es Ihnen schon erklären, wenn er kommt.« Sie schielte zu dem Holzteller. Der Duft des gebratenen Fisches war köstlich. »Kann ich einen Fisch essen?« fragte sie.
    »Natürlich! Ich habe sie für Sie und Shirley gebraten.«
    Er gab ihr einen Fisch, heiß von der glühenden Holzasche. Sie wußte nichts damit anzufangen, sah ihn bittend an, und er zeigte ihr, wie man einen Bratfisch in beide Hände nimmt und von ihm abbeißt, das saftige Fleisch von den Gräten zieht, ganz so, wie man an einem Maiskolben oder an einem Hühnerbein nagt.
    Sie lachte dunkel, biß in das duftende Fleisch und aß. Dabei war es, als blühten ihre Lippen auf.
    Bäcker schien es, als höre er draußen Schritte. Er stand auf und ging aus der Hütte. Paul Shirley kam vom Strand herauf. Er schien die Gefahren der Sonne zu kennen, hatte sich ein Stück vom Hemd abgerissen und hielt es vor seine Augen. Anne kam aus der Hütte, setzte sich in den Schatten des Blätterdaches und nagte weiter an ihrem Fisch.
    Shirley blieb stehen, lüftete das Tuch etwas von seinen Augen und blickte auf den vor ihm stehenden Bäcker und dann hinüber zu Anne Perkins.
    Sie hatte jetzt den Fisch gegessen, warf die Gräten weg und schabte im Sand das Fett

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