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Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater

Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater

Titel: Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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rührte sich nicht, nur ihre schlanken Finger gruben sich in den Sand. Das bewies ihre angestaute Nervosität.
    »Er hat Ihnen von mir erzählt?« fragte sie.
    »Ja.«
    »Er ist ein sturer, gefühlloser Mensch.«
    »Als Polizist kann er sich keine Gefühle leisten.« Bäcker zog die Decke wieder weg. »Kommen Sie in den Schatten, Annamaria. Die Sonne ist für Sie tödlich.«
    »Als ob das noch wichtig wäre …« Sie richtete sich auf, dehnte sich und hielt mit beiden Händen ihr Haar fest, in das der Wind fuhr und wie eine Piratenfahne, in hundert Stürmen zerfetzt, schwarz und glänzend um ihren Kopf wehen ließ. Ihr Körper beugte sich nach hinten, das Kleid spannte sich über den Brüsten, wie eine Bogensehne war der Leib, dem Wind entgegengereckt. »O dieses Leben«, sagte sie langsam. Es war ein herrlicher Satz.
    Er ging voraus zu seiner Hütte und hörte, daß sie aufstand und ihm folgte. Unter dem Blätterdach, in der gedämpften Helligkeit, baute er aus einer zweiten Decke, seiner Schwimmweste und einem Handtuch ein zweites Lager auf dem mit Palmwedeln bedeckten Boden. Im Vergleich zu draußen war es hier drinnen kühl. Es atmete sich angenehm.
    »Sie nehmen das Bett –«, sagte Bäcker. »Ich schlafe auf der Erde.«
    Er ging hinaus, sah nach Shirley, aber der lag noch immer im Schatten unter den Palmen an der Böschung und schien fest zu schlafen. Als Bäcker zurückkam, lag sie auf seinem Bett, und er fand das ganz natürlich, es beglückte ihn sogar in seinem unruhig gewordenen Inneren.
    »Sie hinken?« fragte sie.
    »Ich hatte mir das Bein gebrochen, als ich hier an Land geworfen wurde. Oder vielmehr: Es wurde mir gebrochen. Der Knochen war gesplittert. Er wollte mich umbringen, dieser Knochen! Spitz wie eine Lanze war er und zielte auf die Oberschenkelarterie. Aber ich habe ihn besiegt. Es war ein verfluchter Kampf zwischen uns, doch schließlich gab der Knochen auf und heilte zusammen. Aber eines ist ihm doch gelungen: Er machte mein Bein um zwei Zentimeter kürzer. Einen Kampf ohne Spuren – das gibt es eben nicht.«
    »Sie haben einen starken Willen, nicht wahr?«
    »Es scheint so. Es gehört was dazu, mich umzuwerfen. Bisher habe ich es nicht gewußt, aber hier lernt man es.«
    Sie richtete sich auf. Die großen braunen Augen, die ihr schmales Gesicht beherrschten, sahen ihn forschend an. Wenn man in diese Augen blickte, fragte man sich, warum man die Sterne bewundert mit ihrem kalten Gefunkel. Es gibt Schöneres.
    »Glauben Sie, was Shirley sagt?« fragte sie.
    »Was soll ich glauben?« fragte er zurück. Eigentlich gab es gar nichts zu fragen. Er hatte diesen Augenblick gefürchtet von dem Moment an, als ihm Shirley von Anne erzählte. Nun war es soweit, die Frage war da … es war sinnlos, auszuweichen. Sie würde immer wieder nachsetzen, es kam ihr auf seine Meinung an.
    »Glauben Sie, daß ich meinen Mann umgebracht habe?« fragte sie prompt.
    Er zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht.«
    »Glauben Sie das?«
    »So dürfen Sie mich nicht fragen, Anne. Das ist nicht fair. Shirley hat mir nichts Genaues gesagt. Nur so allgemein. Es reicht nicht, um sich ein Bild zu machen.«
    »Aber es könnte möglich sein, nicht wahr?«
    Er war verärgert. Sie sollte so nicht fragen, dachte er. Sie provoziert. Wenn er ja sagte, war es ein Urteil, eine Verdammung. Wenn er es verneinte, nahm er offen für sie Partei, aber auch das wollte er nicht. Er begriff ihre Gedanken. Sie suchte Schutz bei ihm, sie wollte ihn als einen Schild vor sich herschieben gegen Shirley. Was soll man tun, dachte er, Schönheit allein ist kein Beweis, keine Mörderin zu sein.
    Es waren mistige Gedanken.
    Er machte eine vage Handbewegung und setzte sich an seinen mächtigen Tisch. »Wir haben uns daran gewöhnt«, sagte er, »mit Unmöglichkeiten zu leben, die dann doch möglich werden. Der heutige Mensch ist kaum noch zu überraschen. Nehmen wir Sie, Anne. Wer Sie ansieht, würde schwören, daß Sie unmöglich eine Mörderin sind. Und dann kommt jemand und blättert Beweise auf den Tisch. Wie soll man da sich vorher festlegen? Das geht nicht gegen Sie, Anne, ich glaube Ihnen alles … aber auch Ihnen wird es kaum gelingen, mich zu überraschen, wenn es anders wäre.«
    Eine Weile war Schweigen. Sie schien nachzudenken. Dann legte sie die Hände auf die kleine Brust, wie eine Buddhistin, die ihre Räucherstäbchen entzündet hat und nun mit den Ahnen und den Göttern allein ist. Ihr Blick sah durch Bäcker hindurch.
    »Ich war

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