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Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater

Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater

Titel: Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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von ihren Händen.
    »Entschuldigen Sie –«, sagte Bäcker. »Ich mußte Sie liegen lassen. Sie waren zu schwer, um Sie wegzutragen.«
    »Schon gut.« Shirley nickte. »Ich bin froh, daß ich nicht mehr mit dieser Frau allein bin.« Er deutete mit dem Kopf zu Anne. »Sie haben mit ihr gesprochen?«
    Er sprach leise, sein Atem roch nach Salz.
    »Ja.«
    »Eine faszinierende Frau, nicht wahr?«
    »Ich weiß es nicht.« Bäcker ärgerte sich, daß sein Herz rascher schlug. Ich habe es geahnt, dachte er. Er ist ein unangenehmer Mensch. »Vielleicht …«
    »Bestimmt sogar!« Shirley lächelte grimmig und drückte den Hemdfetzen wieder gegen seine Augen. »Sehr faszinierend … und sie ist eine Mörderin.«
    »Danach sieht sie nicht aus«, sagte Bäcker. Er wunderte sich, daß ihn die Mitteilung weder erschreckte noch tiefer ergriff. Sie ist eine schöne Frau, dachte er bloß. Weiter soll sie auch nichts sein. Was interessiert mich, was gewesen ist! Hier ist ihr altes Leben zu Ende, und das neue fängt gerade an. Auch dieser Paul Shirley wird umdenken müssen.
    Sie wurden unterbrochen. Der Albatros kam um die Hütte herum, wo er bisher vorsichtig gewartet hatte. Er schlug mit den Flügeln und klapperte aufgeregt mit dem Schnabel. Shirley riß seinen Lappen von den Augen.
    »Das ist mein Freund«, sagte Bäcker und wies auf den Vogel. »Einen Namen hat er nicht. Er heißt einfach Vogel.«
    Shirley schüttelte den Kopf. »Verrückt, einen Vogel zum Freund zu haben.«
    »Manchmal ist ein Vogel wertvoller als ein Mensch. Wollen Sie auch einen gebratenen Fisch haben?«
    »Nein … wenn Sie einen Schluck Wasser hätten … Ich kann jetzt nichts essen. Übrigens – die wenigsten Mörder sehen wie Mörder aus. Das wäre eine schöne Sache, wenn man es ihnen von der Nase ablesen könnte.«
    Bäcker gab Shirley die Schale mit Regenwasser, und Shirley trank ein paar kräftige Schlucke.
    »Eine fade Brühe –«, sagte er, als er die Schale zurückgab.
    »Regenwasser. Hier auf der Insel gibt's keine Quelle.«
    »Es hätte mich auch gewundert. Wer in die Scheiße fällt, muß stinken.« Er blickte zu Anne Perkins hinüber, die regungslos unter dem Blätterdach saß.
    »Sie hat einen Fisch gegessen«, sagte Bäcker.
    »Da sehen Sie, was für Nerven sie hat. Bringt ihren Mann um, stürzt mit dem Flugzeug ab, schwimmt zwischen den Haien herum, wird an Land geworfen; ich denke, sie ist nun endlich tot, aber kaum ist sie an Land, geht sie zum Lunch und ißt, als sei sie im Claridge. Ich sage Ihnen: Was auch geschieht, sie verzieht keine Miene. Eine Maske, eine steinerne Maske! Als das Flugzeug abstürzte, auf dem Meer aufschlug, der Rumpf auseinanderbrach und vierzehn Menschen um sie herum ertranken, hat sie das nicht berührt. Sie hockte auf dem Rumpfende, band sich die Schwimmweste um und rief: ›Los, Shirley, angeln Sie sich das Flügelstück da! Ertrinken können wir immer noch!‹ So eine Type ist sie.«
    Shirley lehnte sich gegen die Böschung. Er hatte getrunken und fühlte sich frischer. Er stand jetzt im Schatten der hohen Palmen und atmete kräftig durch. »Geben Sie mir doch einen Fisch«, sagte er. »Der Salzgeschmack ist widerlich und geht mit dem Regenwasser nicht weg.«
    Bäcker holte einen Fisch, und Shirley aß ihn, indem er ihn der Länge nach mit dem Fingernagel aufschlitzte und dann das helle, saftige Fleisch fast aufsaugte.
    »Hat sie gestanden?« fragte Bäcker.
    In seinem Nacken spürte er den Blick von Anne Perkins. Sie lag jetzt langgestreckt in der Sonne und ließ sich trocknen.
    »Nein.« Shirley warf die Gräten weg, nachdem er sie gründlich abgenagt hatte. »Die gesteht nie!«
    »Wer sind Sie überhaupt?« fragte Bäcker.
    »Paul Shirley. Inspektor der Polizei von Papeete.«
    »Sind Sie Deutscher?«
    »Amerikaner.«
    »Ein Amerikaner auf Tahiti, der so gut Deutsch spricht?«
    »Meine Mutter war Deutsche. Ich bin auf Tahiti geboren. Zum Pflanzer, wie mein Vater einer war, hatte ich keine Begabung, da wurde ich Polizist. Ein ruhiger Job auf Tahiti. In fünf Jahren vierzehn Einbrüche und drei Morde. Alle drei Ritualmorde. Wissen Sie, da opfert man Jungfrauen, um den Regengott zu versöhnen. Eine leichte Sache, das aufzuklären. Die Menschen in der Südsee sind die ehrlichsten der Welt. Nur wo die Zivilisation hinkommt, werden sie versaut. Alkohol und unsere Doppelmoral – das bringt sie um! Man lebt als Polizist in Papeete, als sei man mit dreißig Jahren schon in Pension. Bis diese Anne Perkins auf Atuana

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