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Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater

Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater

Titel: Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Meter links von ihm hockte Shirley mißmutig und faltete die Hände zwischen den gespreizten Knien, zwei Meter rechts von Bäcker saß Anne Perkins, gerade, aufrecht, in einer aufreizend stolzen Haltung. Sie hatte sich mit gespreizten Fingern gekämmt und das lange Haar mit einem Bindfaden im Nacken zusammengebunden. Das betonte ihr schmales, madonnenhaftes Gesicht. Vor Gericht muß man einen guten Eindruck machen, auch auf der einsamsten Insel der Welt.
    Bäcker räusperte sich. Shirley blickte hoch, sein Grinsen war schief, von der inneren Erregung verzerrt.
    »Ich eröffne die Verhandlung gegen Anne Perkins, geborene Hartmann aus Düsseldorf, zuletzt wohnhaft in Nuku Hiva im Marquesas-Archipel«, sagte Bäcker ernst. »Einwände?«
    »Quatsch«, knurrte Shirley.
    »Sie ist angeklagt des Mordes an ihrem Mann Yul Perkins.« Er beugte sich zu Anne vor. »Bekennen Sie sich schuldig, Anne?«
    »Nicht schuldig –«, sagte Anne mit tiefem Ernst.
    »Die Anklage hat das Wort. Paul Shirley, beginnen Sie mit der Anklage.«
    Shirley erhob sich. Er raffte seine Hose höher, schob das Tuch, das er als Sonnenschutz über seinen Kopf gelegt hatte, zurück und wischte sich mit einem Hemdzipfel den Schweiß von der Stirn. Sein Blick zeigte deutlich, was er von dieser ›Gerichtsverhandlung‹ hielt. Aber er begann doch mit seiner Anklage.
    »Am 12. Mai ließ der Diener Hawakami den deutschen Schäferhund der Familie Perkins in den Garten. Wie jeden Morgen führte er ihn in einen bestimmten Teil des großen Grundstückes, aber an diesem Morgen riß sich der Hund los und schien mit gesenkter Nase eine Spur zu verfolgen. Er rannte in einen Winkel des Parks, begann zu scharren und bellte. Der Diener Hawakami wunderte sich, half beim Buddeln und zog ein nur oberflächlich, in sichtbarer Eile vergrabenes Frauenkleid heraus. Ein Kleid voller eingetrockneter großer Blutflecke. Stimmt das, Mrs. Perkins?«
    »Ja.«
    »Es war Ihr Kleid?«
    »Ja. Aber ich habe es seit über einem Jahr nicht mehr getragen. Es hing vergessen in einem der vielen Schränke, die wir im Haus hatten. Ich konnte es auch gar nicht mehr tragen, es war zu weit geworden. Ich hatte zehn Pfund abgenommen.«
    »Wir schickten das Kleid nach Papeete«, fuhr Shirley fort. »Dort haben wir einen Gerichtschemiker. Er untersuchte die Flecken: Es war Menschenblut der Gruppe B, Rhesus negativ. Drei Monate vorher war Yul Perkins verschwunden. Angeblich war er mit seinem Boot nach Atuana gefahren. Aber dort ist er nie angekommen. Außerdem lag sein Schiff noch im Hafen. Hier nun passierte der jungen Witwe die erste Panne: Im Schreibtisch von Yul Perkins fanden wir seinen Impf- und Blutgruppenpaß. Die Analyse von Papeete und die Eintragungen stimmten überein. Es war Yul Perkins' Blut!«
    »Und der Dolch?« fragte Bäcker heiser. Er wagte nicht, Anne anzusehen.
    »Der wurde unter der Matratze von Anne Perkins' Bett gefunden. Sie hatte Monate seelenruhig auf der Mordwaffe geschlafen.«
    Bäcker wollte eine Zwischenfrage stellen, aber Shirley winkte beidhändig ab. Sein Bericht erregte ihn sichtlich.
    »Es war die Mordwaffe!« rief er. »An der Schneide klebte das gleiche Blut. Dann fanden wir auch die Leiche. Ein Malaienkellner gab uns einen Hinweis. Er hatte in einer Nacht gesehen, wie eine Frau einen Sack aus einem Pferdekarren zog. Das war in der Nähe der Riffe. Wir suchten an der angegebenen Stelle und holten den Sack aus dem Wasser. Er hatte sich in den Riffen festgeklemmt. Yul Perkins war schon sehr verwest, aber es konnte eindeutig festgestellt werden, daß man ihm den Hals durchgeschnitten hatte. Das blutige Kleid, der Dolch im Bett, die Frau an den Klippen … es genügte vollauf, um Anne Perkins zu verhaften.«
    »Ich war es nicht!« schrie Anne.
    Sie sprang auf, streckte die Arme nach Bäcker aus und wankte leicht. In ihren Mienen, in den schönen, großen braunen Augen spiegelte sich helle Verzweiflung. Wenn sie es wirklich getan hatte, war sie eine großartige Schauspielerin.
    »Glauben Sie mir doch! Ich habe das Kleid nicht getragen. Ich habe den Dolch nie gesehen. Ich war nie an den Klippen! Ich weiß gar nicht, wo sie sind –«
    »Das ist aber merkwürdig.« Shirley grinste breit. Er zog aus seiner Hose eine Brieftasche heraus. »Außer unserem nackten Leben habe ich auch das gerettet und gestern vorsichtig zum Trocknen in den Schatten gelegt. Schauen Sie sich das an, Euer Ehren Werner Bäcker.« Dicker Hohn troff aus seinen Worten. »Diese Bilder hat der Fotograf

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